## Title: Rudolf Zumsteeg an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin. Stuttgart, Donnerstag, 15. September 1870 ## Author: Zumsteeg, Rudolf ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A043590 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Stuttgart 15. September 1870 Hochgeehrter Herr! Das Bildchen von Weber, welches ich Ihnen kürzlich durch einen Schüler Joachims, Hrn Eduard Herrmann, jetzt Hofmusiker in Schwerin, zugeschickt habe, fand sich unter den nachgelassenen Papieren meiner Tante Emilie Zumsteeg (+ 1857) welche solche Antiquitäten sorgfältig aufbewahrte. Ich kann kaum glauben, daß es eine neuere Copie ist, doch weiß ich Ihren Zweifel wegen des Papieres nicht zu heben. Wie ich von Vater und Tante erzählen hörte, war Webers Körperhaltung eine sehr nachläßige. Sie waren damals 14–17 Jahre alt, hatten daher sehr lebhaft den Eindruck in Erinnerung behalten, welchen der interessante Weber (der, wie Beide oft erwähnten, täglich in den kleinen Musikladen der Witwe Zumsteeg kam) auf sie machte. Er bewegte sich da sehr ungenirt, und war bald wie zu Hause. Oft hat mein Vater erzählt, wie manchmal Weber eine Guitarre ergriff, auf und abgehend präludirte und dann gerne mit weinerlicher Stimme sang: „Schon seit acht Tagen her schmeckt mir kein Kalbfleisch mehr“ und ähnliche improvisirte Schnaderhüpfeln. Es ist mir sehr leid, daß ich Ihnen über das Entstehen des Bildchens nichts angeben kann. Was ich vermuthete, kann ich nicht beweisen. Auf Ihr Buch freue ich mich sehr, und bin Ihnen sehr verbunden, daß Sie mir die wirklich interessante Einleitung mittheilten, welche hier mit großem Dank zurückfolgt. (Ist der Bogen noch nicht gedruckt, so verbessern Sie wohl auf Seite 15, Abkürzungen, unter Ziffer 7, die Firma Arnoldi in Arnold (Arnold'sche Buchhandlung) eine freilich höchst unwesentliche Emendation die ich aber Ihrer großen Gewissenhaftigkeit nicht unterschlagen darf.) Von den auf Beilage blau bezeichneten Stücken habe ich Ihnen die Variat. a Samori Wien, chemische Drückerei, schon am 6 Novb 1865 auf Ihr Verlangen geliefert, wie ich aus meinem Buche ersehe. Die beiden anderen Stücke folgen hierbei gratis für Ihre Sammlung. Gerne will ich die Redaktion von „Ueber Land & Meer“ zu einer Besprechung Ihres Werkes veranlassen, doch wohl besser erst wenn das Erscheinen eben bevorsteht? Fast beschämend ist es für mich, daß Sie meinen Namen nennen unter denen, welche Ihnen besondere Unterstützung bei Abfassung Ihrer Arbeit angedeihen ließen? Ich konnte ja leider fast nichts dazu beitragen! Ja wenn mein Vater und meine Tante es noch erlebt hätten. — Mit vollkommener Hochachtung Ihr ergebenster R. Zumsteeg