Aktuelle Nachrichten der Carl-Maria von Weber-GesamtausgabeRückblick aus Anlass der Auflösung des Trägervereins der
Weber-Gesamtausgabe (1992–2021)Joachim Veit
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Am 20. Januar 2021 wurde der Trägerverein der
Weber-Gesamtausgabe (dessen offizieller Titel Gesellschaft zur
Förderung der Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe e.V. lautete) mit Sitz in
Detmold nach fast 30 Jahren Tätigkeit zum
Wohle der Ausgabe aus dem Vereinsregister ausgetragen, da er seine Aufgaben schon
seit mehr als einem Jahr erfüllt hatte. Dies ist ein Grund, dankbar zurückzublicken
auf die ehrenamtliche Tätigkeit seiner Mitglieder, die seit dem Beginn der Arbeiten
an der Weber-Gesamtausgabe die hierfür durch die Akademie der Wissenschaften und der
Literatur in Mainz zur Verfügung gestellten
Bund-Länder-Mittel verwalteten. Zugleich ist der Universität Paderborn herzlich dafür
zu danken, dass sie in den letzten Jahren sukzessive die Verwaltung dieser Mittel und
die vertraglichen Vereinbarungen mit dem Personal der WeGA übernommen hat. Doch der
Reihe nach:
Nachdem als erfreulicher Nachklang des Weber-Jubiläumsjahrs 1986 die Pläne zu einer
Weber-Gesamtausgabe konkretisiert werden konnten und 1988 zur Gründung eines Internationalen Carl-Maria-von-Weber-Kuratoriums in der
Staatsbibliothek zu Berlin Unter den Linden geführt hatten, war zunächst geplant, die
Edition in einer Zusammenarbeit der beiden deutschen Staaten, der damaligen
Tschechoslowakei und Großbritanniens zu realisieren. Im Herbst 1989 reichte Prof. Dr. Gerhard Allroggen (damals am
Musikwissenschaftlichen Seminar Detmold/Paderborn tätig) nach langen und mühsamen
Verhandlungen einen entsprechenden Antrag bei der Mainzer Akademie der Wissenschaften
und der Literatur ein, um die westdeutsche Beteiligung abzusichern. Wenige Wochen
später fiel die Berliner Mauer und man stand vor einer völlig neuen Situation.
Dennoch konnte mit viel Einsatz der Plan für eine Weber-Gesamtausgabe gerettet
werden, nun aber in der veränderten Form eines gemeinsamen Berlin/Detmolder
Unternehmens. Im April 1991 wurde dann zunächst die Internationale
Carl-Maria-von-Weber-Gesellschaft e.V. gegründet, die das Unternehmen
propagieren und nach zusätzlichen Fördermöglichkeiten suchen sollte. Im Sommer 1992
bewilligte die Mainzer Akademie der Wissenschaften die Übernahme der
Weber-Gesamtausgabe, zunächst mit der Berliner Arbeitsstelle (die Detmolder folgte
1996). Es hatte sich bei der Akademie eingebürgert, für Gesamtausgaben Trägervereine
zu gründen, um die Finanzmittel zu verwalten – auch vor dem Hintergrund, dass in
solchen Vorhaben kein Dauerpersonal beschäftigt wurde, sondern nach der Laufzeit der
Projekte die Vereine wieder aufgelöst und das Personal dadurch leichter wieder
freizustellen war. So sollte auch für die Weber-Gesamtausgabe rasch ein
entsprechender Verein gegründet werden.
Nach kurzem Vorlauf fand dann am 1. Dezember 1992 im Gebäude der Dresdner Bank in
Detmold die Gründungsversammlung der Gesellschaft zur Förderung der Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe
e.V. statt (sie wurde, wie erwähnt, forthin abgekürzt Trägerverein genannt, damit sie leichter von der großen
Publikumsgesellschaft, der Internationalen
Carl-Maria-von-Weber-Gesellschaft e.V., zu unterscheiden war). Anwesend waren
bei der Gründung: Prof. Dr. Gerhard Allroggen, der
gemeinsam mit den leider verhinderten Herren Prof. Dr. Ludwig
Finscher (Heidelberg) und Dr. Hanspeter
Bennwitz von der Mainzer Akademie der Wissenschaften die Rettung
der Ausgabenidee nach dem Mauerfall in die Wege geleitet hatte (Allroggen, der
zugleich Herausgeber der Ausgabe war, wurde zum 1. Vorsitzenden gewählt), der
Klarinettist Prof. Jost Michaels (der sich in
seinem Wirken stets energisch für eine Anerkennung der künstlerischen Leistungen
Webers eingesetzt hatte und nun 2. Vorsitzender wurde), der Direktor der Detmolder
Filiale der Dresdner Bank, Herbert Engelhardt (der sich für das
Amt des Schatzmeisters zur Verfügung stellte), die Vorsitzender der Internationalen
Carl-Maria-von-Weber-Gesellschaft, Dr. Ute Schwab
(Kiel), sowie als Vertreter der beiden
Institutionen, an denen die Arbeitsstellen der Weber-Gesamtausgabe untergebracht
werden sollten, Prof. Dr. Silke Leopold,
Geschäftsführende Leiterin des Musikwissenschaftlichen Seminars Detmold/Paderborn,
und Dr. Hellmut Hell, Leiter der Musikabteilung
der Staatsbibliothek zu Berlin. Auch der Schreiber dieser Zeilen hatte das Vergnügen,
bei der Gründungsversammlung mit anwesend sein zu dürfen (er war für das
Gründungsprotokoll verantwortlich), ebenso wie als Gäste die später zeitweise für die
Ausgabe tätigen Mitarbeiter*innen Martina Bergler und Oliver Huck.
Der kleine Kreis der Gründungsmitglieder wurde danach erweitert: Neben Prof. Dr. Finscher war zu den jeweiligen Sitzungen qua
Amt als Hausherr in Detmold der Rektor der
Hochschule für Musik Detmold geladen (zunächst Prof. Martin Christoph
Redel, seit 2001 Prof. Christian Martin Vogel, ab
2014 Prof. Dr. Thomas Grosse), ferner die bzw. der Vorsitzende
der Weber-Gesellschaft (nach Frau Dr. Schwab ab
1999 Dr. Irmlind Capelle, seit 2017 dann Prof. Dr. Manuel Gervink) und der Leiter bzw. die
Leiterin der Musikabteilung zu Berlin (nach Herrn Dr.
Hell seit 2008 Dr. Martina Rebmann).
Berufen wurden ferner der Direktor der Lippischen Landesbibliothek, Detlev
Hellfaier M.A., der nach dem Tod von Prof.
Michaels 2004 das Amt des 2. Vorsitzenden übernahm und dieses bis zur
jetzt erfolgten Auflösung des Vereins inne hatte. Prof. Dr.
Leopold blieb nach ihrem Wechsel nach Heidelberg dem Gremium treu, ihr Nachfolger in Detmold, Prof. Dr. Werner Keil,
wurde dann ebenfalls Mitglied, ebenso Reimund Grimm
(Musikproduktion Dabringhaus und Grimm), der den Verein bei der Personalverwaltung
tatkräftig unterstützte und in den letzten Jahren gemeinsam mit Prof. Dr.
Keil auch die notwendigen Kassenprüfungen vornahm. Als ständiger Gast
war die zuständige Koordinatorin für die musikwissenschaftlichen Editionen bei der
Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Dr.
Gabriele Buschmeier, als Nachfolgerin von Dr.
Bennwitz bei den Sitzungen anwesend, ferner entsandte Schott Musik International (früher: B. Schott’s Söhne) als
Hausverlag der WeGA eine Vertreterin oder einen Vertreter – bis zu seiner
Pensionierung vor zwei Jahren war dies Dr. Rainer Mohrs; seine
Nachfolgerin Dr. Astrid Opitz hat nun nur noch die Phase der
Übergabe der Aufgaben an die Universität erlebt.
Die Aufgaben des Vereins bestanden neben der Organisation des möglichst reibungslosen
Ablaufs der Arbeiten an beiden Arbeitsstellen in Berlin und Detmold, der
Entgegennahme und Diskussion des jährlichen Rechenschaftsberichts sowie der
vertraglichen Regelungen mit dem Verlag vor allem in der Verwaltung sämtlicher
Personal- und Sachkosten der Ausgabe samt aller hiermit verbundenen Probleme
(Verträge, Versicherungen, Besteuerungen, Werkverträge, Sonderzahlungen,
Stufenwechsel, Auslandsgeschäfte bei der Besorgung von Mikrofilmen und Digitalisaten
usw. usw.). Die Hauptlast dieser Tätigkeiten lag bei dem Schatzmeister des Vereins,
Herrn Herbert Engelhardt, der zwar durch seine Tätigkeit bei der
Dresdner Bank sozusagen den Umgang mit Geld gewohnt war, aber diese mühevolle
Aufgabe auch über seine Pensionierung hinaus bis zur Auflösung des Vereins mit nicht
nachlassendem Engagement ausgefüllt hat. Ihm sei an dieser Stelle im Namen aller
Mitarbeiter*innen der Ausgabe ein sehr herzliches Wort des Dankes gesagt! Ebenso gilt
der Dank Herrn Detlev Hellfaier M.A., der die in Corona-Zeiten
mühsame und langwierige Aufgabe der Organisation dieser Auflösung stellvertretend für
Prof. Dr. Allroggen hier vor Ort übernommen
hatte. Dank gilt selbstverständlich auch allen übrigen Mitgliedern, die über Jahre
die wechselvolle, manchmal – u.a. wegen finanzieller Engpässe – auch schwierige
Entwicklung der Ausgabe mit Rat und Tat begleitet haben. Schließlich ist dankend
hervorzuheben, dass Prof. Dr. Allroggen als
Herausgeber der WeGA und als Vorsitzender des Trägervereins das zwischenzeitlich
manchen Stürmen ausgesetzte Schiff der WeGA all die Jahre sicher durch ein zunehmend
rauheres Forschungsförderklima gesteuert hat. Mit großer Bestürzung und Trauer
mussten die Mitglieder leider noch im letzten Jahr der Existenz des Vereins den Tod
gleich dreier Kolleg*innen zur Kenntnis nehmen: Prof. Dr.
Ludwig Finscher, Dr. Gabriele
Buschmeier und Reimund Grimm verstarben alle mit
wenigen Wochen Abstand im Jahr 2020. Die Ausgabe wird ihnen ein ehrendes Andenken
bewahren.
Schon seit geraumer Zeit war man auch in der Mainzer Akademie bestrebt, Projekte und
universitäre Wissenschaft in einen stärkeren Austausch zu bringen – nicht zuletzt,
weil auch der Nachwuchs der Editionsprojekte in der Regel aus dem akademischen Umfeld
kommt (oder kommen sollte). In der universitären Lehre aber spielt das Gebiet der
Edition inzwischen eine eher untergeordnete Rolle (Detmold gehört hier sicher zu den wenigen Ausnahmen – und hierzu hat
die WeGA auch ihren Beitrag geleistet). Um dieser Entwicklung gegenzusteuern, sollten
Editionsunternehmen wieder stärker an Universitäten angegliedert werden. Prof. Dr. Allroggen hatte schon früh einen Versuch
unternommen, die Personalstellen an die Universität zu verlagern – dies scheiterte
(wie heutzutage leider so oft bei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses)
an gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich längerer Beschäftigungszeiten. Erst mit der
Anstellung von Peter Stadler M.A. in Detmold 2009 konnte erstmals eine Mitarbeiterstelle
vertraglich an die Universität gebunden werden, 2015 folgte dann die Anstellung von
Dr. Solveig Schreiter. Im selben Jahr wurde auf
Vorschlag des damaligen Paderborner Rektors, Prof. Dr. Nikolaus
Risch, die Stelle des Editionsleiters in eine Dauerstelle an der Universität überführt. Im Vorfeld
dieser Anstellungen hatte die Universität einen entsprechenden Zuwendungsvertrag mit
dem Trägerverein und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur abgeschlossen.
Damit hatten aber die Aufgaben für Dr. Uta Wienhaus und später
vor allem Jan Hendrik Ehrich aus dem Justitiariat der
Universität gerade erst angefangen, denn nun wurde der Plan, nicht nur die
Personalstellen, sondern auch die Finanzierung komplett über die Universität
Paderborn abzuwickeln, wieder aufgenommen. Zugleich lief 2017 die alte Vereinbarung
zwischen Trägerverein und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz als zuständige
Verwaltungseinheit der Staatsbibliothek zu Berlin aus und war zu erneuern. Mit der
Verabschiedung einer Vereinbarung bezüglich der Detmolder Arbeitsstelle konnte der
Schatzmeister des Trägervereins dann zunächst von den finanziellen Aufgaben in
Detmold entlastet werden. Für Berlin gestaltete sich die Sache schwieriger: Frank Ziegler ist als Mitarbeiter der Staatsbibliothek zu
Berlin für die Zeit seiner Aufgaben bei der WeGA freigestellt und sollte entsprechend
Mitarbeiter des Hauses bleiben, Dr. Markus Bandur
(2008 als Nachfolger der ebenfalls an der Staatsbibliothek angestellten Mitarbeiterin
Dagmar Beck eingestellt) dagegen als
Angestellter des Trägervereins in die sichereren Fittiche der Universität wechseln,
was durch die freundliche Unterstützung der Fakultät für Kulturwissenschaften der
Universität dann auch möglich wurde. Im Jahr 2019 trat dann auch die neue
Vereinbarung zwischen Staatsbibliothek zu Berlin, Universität Paderborn und
Trägerverein in Kraft (hier ist Frau Dr. Martina
Rebmann als Leiterin der Musikabteilung herzlich zu danken!), und nun
wurde auch M. Bandur Mitarbeiter der Universität,
so dass die langwierigen Verhandlungen – in die am Ende auch noch neue Vereinbarungen
mit dem Verlag einbezogen wurden – damit ein glückliches Ende fanden. Ohne die enorme
Geduld und stets große Hilfsbereitschaft von Frau Dr. Wienhaus
und Herrn Ehrich wäre dieses Ergebnis sicherlich nicht zustande
gekommen, auch ihnen und der Universitätsleitung gilt daher ein sehr herzlicher
Dank!
Vor dem Hintergrund der wechselhaften Geschichte von Langzeit-Forschungsprojekten
tragen die Protokolle und Materialien des Trägervereins der Weber-Gesamtausgabe
sicherlich zum Verständnis der Arbeit und auch der Probleme solcher Vorhaben bei. Und
sie können vielleicht auch dazu beitragen, positive und negative Aspekte unserer
Forschungsförderung deutlicher zu erkennen und den Blick auf eine
Forschungslandschaft zu lenken, die ganz wesentlich vom großen Engagement der im
Universitätsjargon relativierend als Mittelbau bezeichneten Wissenschaftlichen
Mitarbeiter*innen lebt. Der Vorstand des Vereins hat daher vor der nun erfolgten
Auflösung beschlossen, das Archiv des Vereins an der Universität bzw. im
Musikwissenschaftlichen Seminar Detmold/Paderborn zu sichern. Die Auflösung des
Vereins ist mit Arbeitserleichterung für die Mitglieder verbunden, aber doch
zugleich auch mit etwas Wehmut, denn die fast 30 Jahre waren von einem stets sehr
freundlichen und konstruktiv-hilfsbereiten Umgang miteinander geprägt, und es ist zu
hoffen, dass die Mitglieder des Trägervereins auch weiterhin Anteil am Schicksal der
WeGA nehmen werden.