Musikwissenschaftliche Vorhaben im 21. Jahrhundert
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Am 10. und 11. Oktober 2019 fand in der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz eine von Musikwissenschaftliche Vorhaben im 21. Jahrhundert – Chancen und Perspektiven statt, in die von Detmolder Seite die Mitarbeiter der Weber-Gesamtausgabe, des Akademie-Projekts Beethovens Werkstatt sowie des Zentrums Musik – Edition – Medien (ZenMEM) aktiv eingebunden waren. Anlass für diese Konferenz war das 40-jährige Bestehen des 140 Projekte mit etwa 900 Mitarbeiter*innen umfassenden Akademienprogramms, in dem der Komplex der musikwissenschaftlichen Editions- und Dokumentationsvorhaben einen Schwerpunkt bildet. In der Ankündigung hieß es, die Themenkonferenz solle wissenschaftspolitisch relevante Strukturfragen aufgreifen und vor allem der Frage nachgehen, welche Möglichkeiten der Weiterentwicklung sich für musikwissenschaftliche Vorhaben im kommenden Jahrzehnt eröffnen
.
Im Anschluß an die Sektion Standortbestimmung und Strukturfragen ging es in einem zweiten Teil um Zukunftsperspektiven. Zum Auftakt der hierzu folgenden, von Entwicklung musikwissenschaftlicher Vorhaben im kommenden Jahrzehnt. Thesenartig stellte er die Forderungen in den Raum, dass digitale Repräsentationen ins Zentrum der Bemühungen des kommenden Jahrzehnts rücken müssten, dass für das Gelingen des digitalen Wandels aber vor allem eine Investition in die Köpfe
nötig sei, die auch heutige Qualifikationswege überdenke und dass inner- und interwissenschaftliche Kommunikation
zu neuartigen Formen von interdisziplinärer Zusammenarbeit führen müsse. Erforderlich sei ferner eine intensive Abstimmung über den flexibel zu gestaltenden Aufbau gemeinsamer Forschungslandschaften
(wie dies gerade mit der NFDI versucht werde). Dabei seien intelligente Evaluationssysteme
aufzubauen, die innovative Ansätze der Kulturgutsicherung und -aneignung nicht nur würdigen und fördern, sondern zugleich dabei helfen, die Dringlichkeit dieser Aufgaben in die Gesellschaft zu vermitteln.
Mit großem Nachdruck sprach sich Veit dafür aus, das Thema Nachhaltigkeit
auch mit einer nachhaltigeren Personalpolitik zu verbinden und warnte eindringlich davor, dass die immer prekärer werdende Situation bei der Beschäftigungslage der Projektmitarbeiter*innen (Stichwort: Befristung) dazu führe, dass hoch qualifizierter Nachwuchs im Bereich des immer anspruchsvoller werdenden Editionswesens (das auch die Bereitschaft zu lebenslanger Weiterbildung voraussetze) verloren ginge und die von Renaissance der Philologie
damit zu scheitern drohe.
Auf die intensive Diskussion, die neben dem grundlegenden Problem der Schaffung
geeigneter Infrastrukturen insbesondere die Frage thematisierte, wie die
Mitarbeiter*innen der Editionsprojekte auf die Anforderungen des digitalen Umbruchs
vorbereitet werden könnten und wie ein Übergang vom analogen Bereich in gesicherte
digitale Editionsformen zu gestalten sei, folgte eine weitere Sektion unter dem Motto
Langfristige und digitale Archivierung von
Projektergebnissen, in der gegenwärtige Lösungen der Händel-, Schubert-,
Brahms und Strauss-Ausgabe vorgestellt wurden. Hier zeigte sich ein sehr breites
Spektrum von ersten Ansätzen zur Einbeziehung digitaler Präsentationsformen bis hin
zu der vorbildlichen, auch zahlreiche Aspekte der Langzeitarchivierung bedenkenden
Arbeitsweise der Richard-Strauss-Ausgabe. In diesem Kontext sprachen dann Philosophie
des Umgangs mit Texten
bei gängigen Textprogrammen
von der Methode der Textauszeichnung
unterscheidet und damit vielfältige
Zugriffsmöglichkeiten auf Textinhalte erlaubt. Der hierauf folgenden
Diskussion schloss sich dann ein abschließendes Podium zum Thema Schnittstellen. Edition zwischen Materialität, Medialität und Text an.
Die Konferenz machte erneut deutlich, dass zu den wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre das stärkere Einbringen von fundiertem Wissen im Bereich der digitalen Techniken gehört – und dies auf allen Ebenen. Daraus folgt unmittelbar die Notwendigkeit einer intensiveren Kommunikation zwischen den verschiedenen Beteiligten in wissenschafts(politischen) Prozessen und die Förderung auch der Kommunikation zwischen den Mitarbeiter*innen, die sich mit meist großem, weit über die alltägliche Arbeit hinausgehendem Engagement den Herausforderungen des digitalen Umbruchs stellen.