Mit der September-Liste 2020 erschien der [letzte Verkaufskatalog](http://web.archive.org/web/20220414022524/http://schneider-musikbuch.de/pages/aktuelle-kataloge.php) des Musikantiquariats Hans
Schneider; passenderweise illustriert mit Schuberts
Schwanengesang. In der kurzen Vorrede
wird die endgültige Schließung
des Antiquariats
nach 71 Jahre[n] freudigem Schaffen im Dienste der
Musik
bekanntgegeben. Vom Namensgeber
1949 gegründet, hatte sich dieses Haus schnell zu einer der
ersten Adressen des deutschen Antiquariatshandels im Bereich Musikalien entwickelt;
das beschauliche Tutzing wurde somit zu einem
Pilgerort etlicher Musikbegeisterter. Neben den Auktionskatalogen der
Global-Player
Sotheby’s in London und Stargardt in Marburg/Berlin
waren es die ebenso kenntnisreich wie liebe- und humorvoll gestalteten
Verkaufskataloge Schneiders, die von Sammlern, Musikwissenschaftlern und
Bibliothekaren immer gespannt erwartet und oftmals mit staunender Bewunderung zur
Kenntnis genommen wurden, auch noch, als sie zuletzt anstelle der nobel gehefteten
Bändchen nur
noch digital versandt wurden. Etliche Weber-Autographen gingen
durch die Hand des Antiquars und seiner
Mitarbeiter, sowohl Notenhandschriften als auch Briefe und persönliche Dokumente –
einige davon gelangten, vermittelt durch die Weber-Gesamtausgabe, in die reiche
Weber-Sammlung der Berliner Staatsbibliothek, in welcher auch die Berliner
Arbeitsstelle der WeGA beheimatet ist.
Über das Tutzinger Antiquariat kamen 1992 beispielsweise große Teile des Nachlasses
des Weber-Forschers Hans Schnoor aus Bielefeld nach Berlin, eine wesentliche Informationsquelle zur Geschichte der
Weber-Forschung in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg, die auch
wichtige Hinweise auf die Provenienz etlicher Weber-Quellen enthält. Daneben fanden
mehrere Weber-Briefe den Weg von Tutzing in
die Staatsbibliothek, zwei Manuskripte seien aber ausdrücklich hervorgehoben: 2007
konnte eine Partiturabschrift der Kantate Kampf und Sieg, einem Hauptwerk der Prager Jahre Webers, mit
autographen Korrekturen des Komponisten erworben werden – die buchbinderische
Ausstattung und der Provenienzweg legen nahe, dass es sich dabei um jenes Exemplar
handelt, das Weber im Mai 1816 seinem Taufpaten, dem Landgrafen Carl von Hessen, übersandt hatte. Die letzte
große Erwerbung aus Tutzing gelang 2015, als die Staatsbibliothek ein Blatt mit Notizen Webers ankaufte, das einstmals Bestandteil der
Libretto-Entwürfe zur Oper Euryanthe der Helmina von
Chézy gewesen war. Friedrich Wilhelm
Jähns hatte dieses Blatt im März 1845 – eher widerwillig – aus dem in seinem
Besitz befindlichen Libretto-Konvolut entnommen, als die Sängerin Jenny Lind ein Weber-Autograph erbat. Zwar widmete
Jähns das Manuskript der Lind
in dankbarer Anerkennung ihrer ausgezeichneten
Leistungen
, doch haderte er lange mit diesem Verlust; noch 1878 teilte er dem befreundeten Robert
Musiol mit, er bedaure, dass er sich dieses Schriftstück hatte abquälen
lassen und fügte hinzu: o schönes, schönes Autograph!!! daß du so ein Ende fandest!!!
Siebzig Jahre, nachdem das Blatt aus
seinem Zusammenhang herausgelöst worden war, fand es wieder zurück nach Berlin und liegt nun im Tresor der Musikabteilung ganz
nahe dem Euryanthe-Textkonvolut.
Dank guter persönlicher Kontakte konnten die Weber-Gesamtausgabe und die [Weber-Gesellschaft](https://www.webergesellschaft.de/) aber auch von Hans
Schneiders weiteren Geschäftsfeldern profitieren: In dem 1958 bis 2014
neben dem Antiquariat bestehenden gleichnamigen Musikverlag erschienen in Kooperation
mit den beiden Weber-Institutionen der Ausstellungskatalog zu Weber
in Darmstadt (1997), der Symposiums-Bericht zu Webers
Klaviermusik (2001) und in den Jahren 2002 bis 2014 die Weberiana, die Jahreshefte der Internationalen C.-M.-von-Weber-Gesellschaft;
Letztere hatte ihr langjähriges Mitglied Hans
Schneider daraufhin 2003 zum Ehrenmitglied ernannt.
Dem unvergessenen Hans Schneider (1921–2017) und
seinen langjährigen Mitarbeitern Jürgen Fischer (Antiquariat)
und Georg Zauner (Verlag) sagen wir hiermit nochmals herzlichen
Dank für die beiderseits fruchtbringende und angenehme Zusammenarbeit! Neue
Schneider-Kataloge, die stets mit freudiger Spannung erwartet wurden, werden in
Zukunft fehlen!