Chronik der Königl. Schaubühne zu Dresden vom 3. August 1817

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Am 3. August. Auf dem Theater am Linkeschen Bade. Die Hussiten vor Naumburg im Jahre 1432. Hist. vaterl. Schauspiel in 5 Aufzügen mit Chören, von Kotzebue.

Indem wir den Grundsatz aufstellen, daß eine gelungene Parodie nur auf etwas gedichtet werden könne, daß selbst als gelungen allgemeine Wirkung hervorgebracht habe, sprechen wir zugleich unser Urtheil über dieses Stück und über Mahlmann’s Herodes vor Betlehem aus. Aber deshalb muß auch die witzigste Parodie den reinen und ungestörten Genuß des frühern Kunstwerkes selbst nicht hindern. Fast scheint es aber, als sey dieses nicht selten der Fall bei den Hussiten gewesen, und gewiß würde auch diesmal der Eindruck weit lebendiger worden seyn, wäre nicht vielleicht vielen unwillkührlich ein Lachreiz durch die Erinnerung an jenen komischen Viertelsmeister, und das unnachahmlich Witzige: „Was zu rühren ist, muß man rühren,“ gekommen. Dessen ohnerachtet machte besonders der dritte Akt, und darin wieder die herrlich und tief aus der Empfindung eines Mutterherzens gegriffene Scene zwischen Wolf und seiner Gattin, welcher jene brave Monolog folgt, großen Eindruck, und das treffliche Spiel von Mad. Hartwig als Bertha bewieß von neuem ihre Virtuosität. Schon einmal früher sagte in den damals erscheinenden theatralischen Mittheilungen einer unsrer kunstreichsten Beurtheiler, bei Gelegenheit einer Darstellung der Schuld: „man müsse selbst gute Mutter seyn, um das Muttergefühl mit solcher Wahrheit wiedergeben zu können,“ und wir wüßten auch bei der heutigen Darstellung nichts passenderes zur Bezeichnung ihres ins Innerste des Gemüths dringenden Spiels, als diesen Ausspruch.

Der 3. August, Namenstag sowohl unsers geliebten Königs als seiner trefflichen Gemahlin und Tochter, hatter der geachteten Direktion Veranlassung gegeben, auch von der Bühne sowohl die Empfindungen auszusprechen, welche an einem solchen Tage jedes Herz das von Vaterlandsliebe und Gefühl für das wahrhaft Gute und Erhabene glüht, hegen muß, als auch dem versammelten Publiko selbst Gelegenheit zu geben in gleichen Gefühlen damit einzustimmen. Der Schluß des fünften Aktes war von Th. Hell dahin abgeändert worden. Die Schlußrede des Bürgermeisters Hildebrand geht mit den Worten des Texts:

„Daß unsre Noth und Gottes WunderhülfeDen Enkeln unsrer Enkel lehrreich bleibe.“

in die Zeilen über

Und so wird Gott dem Lande Schutz verleihn,Und unserm theuern Fürsten seine Hülfe, ¦ Daß immerdar sein Stamm hier herrschen mögeUnd grünen in der Zweige reichsten Schmuck.

Dann fällt Wolf, der Viertelsmeister, mit den Worten ein:

Ja, in der Zeiten Dunkel seh’ ich schonUnd hell wird es vor meinen Geistes Blicken;Ich seh der biedern Sachsen alten Thron,Den besten Fürsten, allgeliebt, einst schmücken,Und um ihn her des Landes Lieb’ und LustDie Gattin, und die Tochter, und die Seinen:Sein Name tönt bedeutungsvoll August,Und mit ihm wird Augusta sich vereinen.Da steigt an Tagen die der Name ziert,Ein Volksgesang empor aus jedem MundeUnd fröhlich schallt’s: Heil dem der uns regiert!Heil der, die ihn vereint im schönsten Bunde!

Nach dieser von Herrn Hellwig würdig und gefühlvoll gesprochenen kleinen Rede, ertönte der vom Orchester begleitete Gesang auf der Bühne, in welchen viele Stimmen der Versammlung, unter welche das Gedicht vorher ausgetheilt worden war, einfielen, und bei dessen letzem Verse die Darsteller im Gebet die Kniee beugten.

Dem Königspaare Heil!Es bleib’ sein stets TheilDas reinste Glück!Zu ihnen wendet sichRecht fest und inniglich,In Treu, die nimmer wich,Der Kinder Blick.
Ob Noth uns bange macht,Ob wieder Segen wacht,Wir schaun zum Thron,Da wo ein Vater wacht,Auf unser Wohl bedacht,Wird Tag aus trüber Nacht,Giebt Arbeit Lohn.
Und wo die Mutter weilt,Die seine Sorgen theilt,Ist Liebe nah.Ihr Aug’ ist mildes Licht,Er hält ein recht Gericht,Nein, nein, wir zagen nicht,Sie sind ja da!
Dir aber, Gott der Kraft,Des Arm niemals erschlaft,Beugt sich das Knie.Breit’ deine Gnadenhand,Die nimmer Ende fand,Aus über Fürst und Land:Gott segne sie!

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbericht Dresden, Linkesches Bad: „Die Hussiten vor Naumburg im Jahre 1432“ von August Friedrich Ferdinand von Kotzebue am 3. Augsut 1817

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Albrecht, Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 1, Nr. 195 (15. August 1817), Bl. 2v

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