Carl Maria von Weber – Biographie

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Biographische Kurzübersicht

  • Kind aus einer Musikerfamilie, frühe Ausbildung beim Vater Franz Anton von Weber und beim ältesten Halbbruder Fridolin von Weber
  • 1789–1796 Reisen der Weberschen Theatergesellschaft unter Direktion des Vaters in Thüringen, Franken, der Oberpfalz und im Erzbistum Salzburg
  • 1796–1804 intensive musikalische Ausbildung bei verschiedenen Lehrern (u. a. Michael Haydn und Abbé Vogler), erste Kompositionen
  • 1804–1806 Kapellmeister am Theater in Breslau
  • 1807–1810 Anstellung als Geheimer Sekretär in Stuttgart
  • 1810–1813 „Reise-Jahre“, zunächst Konzerttätigkeit im Raum Mannheim / Heidelberg und erneuter Unterricht bei Vogler in Darmstadt (1810/11), dann Reisen auf der Suche nach einer Anstellung mit Konzerttätigkeit in Süd- und Mitteldeutschland, Prag und Berlin
  • 1813–1816 Kapellmeister am Ständetheater in Prag
  • 1817–1826 Hofkapellmeister in Dresden

Frühe Kindheit (1786–1789)

geb. 18./19.(?) November 1786 in Eutin

Aufenthalt der Familie ab Mitte 1787 in Hamburg bzw. Wien, ab Mai 1789 in Kassel und Marburg

Carl Maria von Weber wurde vermutlich am 18. oder 19. November 1786 in Eutin geborenT. Verbürgt ist lediglich der Tag seiner Taufe in der dortigen Schlosskapelle: der 20. November 1786 (Taufnamen: Carl Friedrich Ernst; der 2. Name Maria ist erst in späteren Jahren belegt; Taufpate: Carl von Hessen, dänischer Statthalter in Schleswig).

Vater Franz Anton von Weber hatte im April 1779 das Amt eines fürstbischöflichen Kapellmeisters in Eutin übernommen, allerdings wurde die dortige Hofkapelle aus Sparzwängen bereits 1781 aufgelöst. F. A. von Weber wurde in der Folge gedrängt, das Amt eines Stadtmusikus in Eutin zu übernehmen (ab 1785), durfte aber seinen Titel als Hofkapellmeister weiter führen. Mit der neuen Beschäftigung unzufrieden, bat er 1787 um Enthebung von seinen Dienstpflichten und Auszahlung seiner Rentenansprüche.

Ca. Mitte 1787 zog er mit seiner (zweiten) Frau Genovefa (Eheschließung in Wien am 20. August 1785) und Sohn Carl Maria vorübergehend nach Hamburg, wo Jeanette von Weber, eine Tochter aus erster Ehe, als Sängerin am Theater angestellt war. Noch im selben Jahr wandte er sich weiter nach Wien (Wien war als Wohnort von Franz Anton von Webers Nichten Josepha Hofer, Aloysia Lange, Constanze Mozart und Sophie Haibel sowohl vorher als auch danach mehrfach ein Reiseziel der Webers), kehrte aber im Spätsommer 1788 (spätestens Anfang September) nach Hamburg zurück.

Nach der vom Vater veranlassten Kündigung Jeanette von Webers (März 1789) verließ die Familie Hamburg im April und schloss sich im Mai der Schauspielgesellschaft der Direktoren Johann Friedrich Toscani und Peter Carl Santorini an, die in Kassel, Marburg und Hofgeismar auftrat. Im September 1789 verließen die Webers Kassel, nachdem Genovefa von Weber kurz zuvor von einem Knaben entbunden worden war (George Friedrich Carl von Weber).

Wanderungen der Weberschen Theatergesellschaft (1789–1796)

Franz Anton von Weber versuchte dreimal, sich als Direktor einer eigenen Theatergesellschaft zu etablieren:

Bereits in Kassel plante Franz Anton von Weber die Gründung einer eigenen Schauspieltruppe, mit der er zwischen 19. September 1789 und 19. April 1790 im Schloss Elisabethenburg im thüringischen Meiningen auftrat und die anfangs überwiegend aus Familienmitgliedern bestand. Finanzielle Schwierigkeiten beendeten das Projekt nach nur sieben Monaten; der Aufenthalt von Franz Anton, Genovefa und Carl Maria von Weber ist danach für ein ganzes Jahr ungewiss (evtl. kurzer Aufenthalt 1790 in Regensburg).

Erst im Anfang Mai 1791 sind die Webers wieder bezeugt: als Mitglieder der von Friedrich Häussler geführten Gesellschaft deutscher Schauspieler in Nürnberg (bis 1. September 1791) sowie in Mergentheim (ab 11. September 1791). In Nürnberg versuchte sich Vater Weber anschließend zunächst als Sprachlehrer und bald darauf ein zweites Mal als selbständiger Theaterdirektor; er leitete zwei Spielzeiten: 10. November 1791 bis 8. März 1792 sowie 7. Mai bis 11. September 1792 mit Abstechern nach Erlangen (ab 25. Mai 1792). Ab November 1791 wirkte auch der junge Carl Maria von Weber in Kinderrollen an den Aufführungen mit.

Mitte September bis ca. Ende November 1792 schloss sich ein Gastspiel im oberpfälzischen Amberg an. Die geplante Rückkehr nach Nürnberg kam nicht zustande; kurzfristig zogen die Webers nach Ansbach (Dezember 1792), wo der Vater als Veranstalter von Redouten bezeugt ist.

Erst ab März 1793 stand in Bayreuth eine neue Spielstätte für die Theatertruppe zur Verfügung. Auch dort sind zwei Spielzeiten nachweisbar (16. März bis 15. Juni 1793 sowie 1. Oktober 1793 bis Frühjahr 1794), unterbrochen von einer Sommerspielzeit in Erlangen (21. Juni bis 26. September 1793). Zunehmende finanzielle Schwierigkeiten waren der Grund, dass Vater Weber die Direktion niederlegte und seine Gesellschaft an Daniel Gottlieb Quandt übergab (März 1794).

Die Anstellung von Mutter Genovefa von Weber am Weimarischen Hoftheater (Juni bis Oktober 1794, mit Abstechern nach Lauchstädt, Rudolstadt und Erfurt) blieb ein kurzes Intermezzo – in Weimar dürfte sich der junge Carl Maria 1794 erstmals im Konzert vorgestellt haben.T Ob er gleichzeitig Generalbass-Unterricht bei Johann Georg Reich erhielt, wie in dessen Nekrolog behauptet, bleibt ungewiss; in seiner Autobiographie erwähnte Weber nichts dergleichen.

Im Herbst des Jahres reisten die Webers nach Salzburg und schlossen sich der Theatergesellschaft von Franz Xaver Glöggl an, zu der bereits Sohn Edmund von Weber gehört hatte. Nach Ende von Glöggls Salzburger Spielzeit (17. Februar 1795) versuchte sich Vater Weber in der erzbischöflichen Residenzstadt letztmalig als Theaterdirektor; er veranstaltete wiederum zwei Spielzeiten: 18. Mai bis 6. Juli 1795 sowie von ca. August/September 1795 bis Februar 1796; dazwischen gab man ein Sommergastspiel (Juli/August 1795) in der nahegelegenen, zum Fürsterzbistum gehörigen Stadt Hallein.

Jahre der Ausbildung (1796–1804)

Unterricht

zwischenzeitlich Projekt einer lithographischen Officin in Freiberg/Sachsen (1800/01), Aufenthalte in München (1801) und Salzburg (1801/02), Konzertreise durch Mittel- und Norddeutschland (1802), Aufenthalt in Augsburg (1802/03)

Nachdem das Projekt einer selbständigen Weberschen Theatertruppe endgültig gescheitert war, widmete sich Franz Anton von Weber in den folgenden Jahren insbesondere der musikalischen Ausbildung seines Sohnes Carl Maria in der Hoffnung, ihn als „musikalisches Wunderkind“ präsentieren zu können. Ab März 1796 übernahm in Hildburghausen der Hoforganist Johann Peter Heuschkel den Unterricht, dem Weber im Rückblick besonders hinsichtlich der technischen Grundlagen seines Klavierspiels höchstes Lob zollte. Nach dem Umzug nach Salzburg (ca. Herbst 1797) konnte Michael Haydn als Lehrer gewonnen werden (ab Anfang 1798), allerdings waren dessen Kontrapunktstudien nicht geeignet, den Schüler nachdrücklich zu begeistern. Die in dieser Zeit komponierten Fugetten op. 1 können kaum als Zeugnisse einer individuellen künstlerischen Begabung gelten. Überschattet wurde die Zeit in Salzburg durch den frühen Tod der Mutter Genovefa; das jüngste Kind der Webers, die am 14. Juni 1797 in Hildburghausen geborene Antonetta, starb wenig später (29. Dezember 1798 in München). Die Mutterrolle übernahm die schon länger bei der Familie lebende Tante Adelheid von Weber. Eine Reise zu Joseph Haydn nach Wien Mitte 1798 (wohl in der Hoffnung auf weiterführende Lektionen) blieb ergebnislos.

Im Herbst 1798 wandten sich die Webers nach München. Statt des ursprünglich vorgesehenen Joseph Graetz übernahm dort Johann Nepomuk Kalcher den Kompositionsunterricht, unter seiner Aufsicht entstand eine erste Oper (Die Macht der Liebe und des Weins). Bei Giovanni Valesi (eigentlich Johann Evangelist Wallishauser bzw. Walleshauser) nahm der junge Weber zudem Gesangslektionen. Zu der musikalischen Ausbildung trat (nach einer Reise durch Franken und Thüringen im Juli 1799) ab Herbst 1799 eine handwerkliche: In der Werkstatt von Alois Senefelder und Franz Gleißner eignete sich Carl Maria von Weber Grundkenntnisse der Lithographie an und beschäftigte sich mit der technischen Vervollkommnung der noch jungen Steindrucktechnik.

Erfolglos verlief das Projekt einer eigenen Lithographiewerkstatt: Nach einer Sondierungs-Reise durch Böhmen und Sachsen (April/Mai 1800) ließen sich Vater und Sohn Weber zu diesem Zweck im Herbst 1800 im sächsischen Bergbauzentrum Freiberg nieder; durch den Kontakt zur dort spielenden Theatertruppe von Carl von Steinsberg traten jedoch die musikalischen Interessen des jungen Weber wieder in den Vordergrund. In wenigen Wochen schrieb er die Oper Das Waldmädchen, die am 24. November in Freiberg und am 5. Dezember in Chemnitz zur Aufführung kam (und nachfolgend auch 1804 in St. Petersburg, 1804/05 in Wien und 1806 in Prag gegeben wurde). Der in den Freyberger gemeinnützigen Nachrichten öffentlich ausgetragene StreitT über die Qualität der Oper vergiftete die Atmosphäre in Freiberg, so dass die Webers mit Zwischenstationen in Chemnitz (April/Mai 1801), Hildburghausen und Nürnberg (Mai 1801) zunächst nach München, dann nach Salzburg (spätestens November 1801) zurückkehrten.

In Salzburg entstand eine dritte Oper (Peter Schmoll und seine Nachbarn), der u. a. der vormalige Lehrer Michael Haydn ein positives Zeugnis ausstellte. Die Bekanntschaft mit dem dort lebenden Amateurmusiker Thaddäus Susan entwickelte sich zu einer Lebensfreundschaft; Webers Briefe an Susan aus den folgenden Jahren zeugen von seinen vielseitigen künstlerischen Interessen. Im Sommer 1802 wandten sich die Webers über München (Juli) nach Augsburg, traten von dort im August eine Konzertreise durch Mittel- und Norddeutschland (bis Hamburg und Schleswig) an und kehrten schließlich im Dezember nach Augsburg zurück, wo u. a. Kontakte zum Verleger Johann Carl Gombart geknüpft wurden und vermutlich auch der Peter Schmoll zur Uraufführung kam. Etwa zu dieser Zeit begann der junge Weber mit dem Sammeln von Musiktheoretika, die er intensiv studierte und mit dem befreundeten Arzt Munding diskutierte.

Im August 1803 reiste Carl Maria von Weber über München und Salzburg nach Wien, um dort seine musikalischen Studien bei Georg Joseph Vogler fortzusetzen. Anders als die auf Johann Joseph Fux basierende Kontrapunktlehre Michael Haydns erwies sich Voglers Unterrichtsmethodik als für den jungen Weber in besonderem Maße anregend und förderlich. Die bis Mai 1804 fortgeführten Studien hinterließen im kompositorischen Schaffen deutliche Spuren: Hinsichtlich formaler Behandlung und Instrumentation zeigen die ab 1804 entstandenen musikalischen Werke merkliche Fortschritte.

Schlesien (1804–1807)

1804–1806 Musikdirektor am Theater in Breslau, ab Juni 1806 ohne Stellung, mehrmonatiger Aufenthalt im schlesischen Carlsruhe (heute Pokój) bis Februar 1807

Als sich die Direktion des Breslauer Theaters 1804 auf der Suche nach einem neuen musikalischen Leiter an Vogler wandte, empfahl dieser seinen Schüler Weber für das Musikdirektorenamt, das der noch nicht Achtzehnjährige tatsächlich erhielt. Ende Mai reiste er über Salzburg, München, Augsburg (5. bis 14. Juni) und vermutlich Karlsbad nach Breslau, wo er am 11. Juli seine neue Stelle antrat. Die Erfahrungen der Breslauer Jahre legten das Fundament für Webers späteres Wirken als Kapellmeister in Prag und Dresden und begründeten seinen Ruf als Dirigent. Seine ambitionierte und engagierte Arbeit als Orchesterleiter wurde in der Presse mit viel Lob bedacht, auch wenn seine (als zu schnell empfundene) Tempowahl mehrfach Kritik fand. Der aufreibende Theateralltag ließ Weber allerdings wenig Raum für eigene schöpferische Arbeit, und so verzichtete er auf die Verlängerung seines Zweijahresvertrages. Ein gemeinsames Opernprojekt mit Theaterdirektor Johann Gottlieb Rhode (Rübezahl) blieb unvollendet. Die in unterschiedlicher Form überlieferte Anekdote über einen Unfall Webers (Einnahme einer ätzenden Säure), der angeblich mitursächlich für das Dienstende in Breslau gewesen sein soll, kann mit einiger Sicherheit in das Reich der Legenden verwiesen werden.

Ab Ende Juni 1806 versuchte sich Weber als freischaffender Musiker (vor allem als MusiklehrerT) zu etablieren. Zudem fasste er eine Konzertreise ins Auge, für die er sich (als „Werbemittel“) von dem in Schlesien ansässigen Herzog Eugen (I.) von Württemberg, der Weber sehr schätzte, den Ehrentitel eines „Musikintendanten“ verleihen ließ (Juli 1806). Das Reiseprojekt wurde durch die wachsenden politischen Spannungen und zunehmenden militärischen Konflikte im Rahmen der napoleonischen Kriege zunächst vereitelt, und so nahm Weber dankbar die Einladung des kunstsinnigen Herzogs auf dessen Schloss im schlesischen Carlsruhe (heute Pokój) an, wo er sich spätestens ab Oktober 1806 aufhielt. Der Herzog selbst war als preußischer Offizier in die Kämpfe gegen das französische Heer eingebunden und kam erst gegen Ende von Webers Carlsruhe-Aufenthalt dorthin zurück.

Von finanziellen Zwängen befreit, widmete sich der junge Musiker im Winter 1806/07 ganz dem Komponieren und schuf u. a. zwei Sinfonien, Instrumentalkonzerte und Bläsermusiken; zudem gab er dem Sohn seines Gastgebers, dem jungen Eugen (II.) von Württemberg, musikalische Unterweisungen. Das Einrücken französischer Truppen in Schlesien beendete dieses sorgenfreie Intermezzo – der Herzog musste seine kleine Hofhaltung deutlich einschränken und auf seine Hofkapelle verzichten, worauf Weber Carlsruhe am 23. Februar 1807 verließ.

Württemberg (1807–1810)

Konzertreise über Sachsen und Franken (März bis Juli 1807) nach Württemberg, dort Anstellung als Geheimer Sekretär bei Herzog Louis von Württemberg;

in Finanzaffären seines Dienstherren verstrickt und nach Prozess 1810 des Landes verwiesen

Auf der Suche nach einer neuen Beschäftigung begab sich Weber im März 1807 von Breslau aus auf die bereits im Vorjahr geplante KonzertreiseT, als deren Hauptziel Stuttgart vorgesehen war, wohin ihm sein Gastgeber vom Winter 1806/07, Herzog Eugen (I.) von Württemberg, Empfehlungsschreiben mitgab. In Dresden und Leipzig zerschlugen sich Hoffnungen auf Konzertauftritte, erst zwischen April und Juli sind solche in Ansbach, Nürnberg, Erlangen und Bayreuth bezeugt. Um seinen Unterhalt zu bestreiten, musste sich Weber daneben kurzzeitig auch als Sekretär eines französischen Offiziers (Garnier) verdingen.

Am 17. Juli erreichte Weber Stuttgart, konnte allerdings nicht wie erhofft eine musikalische Anstellung finden, sondern musste sich mit dem Amt eines Geheimen Sekretärs bei Herzog LouisT, dem jüngeren Bruder des württembergischen Königs, in Stuttgart und Ludwigsburg zufriedengeben. Er war mit der Führung von dessen Finanzhaushalt betraut sowie als Hauslehrer der herzoglichen Kinder beschäftigt und begleitete seinen Dienstherrn auf dessen Reisen (u. a. 1809 nach Pforzheim, Karlsruhe und Ems). Auch Vater Franz Anton von Weber folgte nach dem Tod seiner Schwester Adelheid seinem Sohn nach Württemberg (Ankunft in Stuttgart zwischen 28. und 30. November).

Auch wenn in Württemberg die Musik in Webers Brotberuf nur am Rande (als Lehrer) eine Rolle spielte, „entsagte“ er ihr doch keineswegs – wie er es in seiner Autobiographie darstellte. Es entstanden u. a. mehrere Werke für Klavier (solo, zu vier Händen bzw. Quartett) und, befördert durch den väterlichen Freund und Mentor Franz Danzi, der als Hofkapellmeister in Stuttgart wirkte, auch Werke für die Bühne: die Oper Silvana (nach Vorlage des älteren Waldmädchen) und die Schauspielmusik zu Schillers Turandot. Der in dieser Zeit begonnene autobiographische Roman Tonkünstlers Leben, an dem Weber mit teils längeren Unterbrechungen bis 1820/21 arbeitete, blieb FragmentT. Auch Webers musikpublizistische Arbeiten setzen (sieht man von den frühen Streitschriften zum WaldmädchenT von 1801 in Freiberg und einem Breslauer Fragment einmal ab) in seinen Württemberger Jahren ein.

In finanzielle Manipulationen des Herzogs verstrickt (u. a. Freikauf von Rekruten für die napoleonischen Kriegszüge) und noch dazu durch einen kostspieligen Lebensstil (wie bereits in seinen Breslauer Jahren) mit hohen privaten Schulden belastet, wurde Weber Anfang 1810 inhaftiert; die Anklage lautete auf Veruntreuung und BestechungT. Den Vorwurf der Unterschlagung von Geldern konnte Weber zurückweisen; schließlich wurde der Prozess, da man den vermutlichen Drahtzieher der Transaktionen, Herzog Louis, nicht bloßstellen wollte, auf zivilrechtliche Aspekte beschränkt. Weber verpflichtete sich zur Abzahlung seiner Schulden (Tilgung der letzten Verpflichtungen im April 1816)T und wurde mit seinem Vater des Landes verwiesen.

Reisejahre (1810–1813)

Konzerttätigkeit im Raum Mannheim/Heidelberg, ab April 1810 erneuter Unterricht bei Vogler in Darmstadt; Gründung des Harmonischen VereinsT, der sich aus Webers dortigem Freundeskreis sowie Mitschülern bei Vogler rekrutierte

ab Februar 1811 Reisen auf der Suche nach einer neuen Anstellung, zahlreiche Konzertauftritte in Süddeutschland (besonders München), der Schweiz, Prag, Leipzig, Gotha, Weimar, Dresden und Berlin

Die negativen Erfahrungen der zurückliegenden Stuttgarter Zeit, besonders aber die enormen finanziellen Verpflichtungen, die nun abzutragen waren, führten zu einem Umdenken: Als Akt der Selbstdisziplinierung begann Weber, ein Tagebuch zu führen, das ihm fortan als ein „moralischer und finanzieller Rechenschaftsbericht“ diente. Diese bis knapp vor seinem Tod geführten und fast vollständig (mit Lücken im Jahr 1814) erhaltenen Notizen sind die wichtigsten biographischen Quellen für die Jahre 1810–1826, auch wenn die überwiegend stichwortartige Anlage ihr Verständnis teils erschwert.

In den jahrgangsweise aufbewahrten Tagebüchern sind die ersten vier Jahre (1810–1813) von Weber als „Reisejahre“ bezeichnet. Tatsächlich wechselte Weber bis zur Ansiedlung in Prag im Frühjahr 1813 seinen Aufenthaltsort sehr oft. Direkt nach der Landesverweisung aus Württemberg ließen sich die Webers zunächst, durch zahlreiche Empfehlungsschreiben unterstützt, in Mannheim nieder; Carl Maria von Weber lebte bald recht erfolgreich als freischaffender Musiker von Konzerten und dem Verkauf seiner Kompositionen an Verleger (enge Kontakte zu André in Offenbach, Simrock in Bonn, Gombart in Augsburg, Kühnel in Leipzig) bzw. Theater-Direktionen (u. a. UA der Silvana am 16. September 1810 in Frankfurt/Main). Die Hoffnung auf eine im November 1810 von Stéphanie von Baden angeregte Anstellung Webers als Orchesterdirektor in Mannheim zerschlug sich, möglicherweise aufgrund von Widerständen Peters Ritters, wie Weber in einem Brief an seinen Vater vom September 1811 behauptete.

Ab April 1810 nahm Weber zudem seine Studien bei dem inzwischen in Darmstadt lebenden Vogler wieder auf; er „pendelte“ in den nachfolgenden Monaten quasi zwischen Mannheim, Heidelberg und Darmstadt. Unter Aufsicht des Lehrers entstand u. a. die Oper Abu Hassan. Gemeinsam mit seinen Mitschülern Johann Baptist Gänsbacher und Jakob Liebmann Meyer Beer (später Giacomo Meyerbeer) sowie den Freunden Gottfried Weber und Alexander von Dusch gründete er den sogenannten Harmonischen VereinT, der sich als Interessenvertretung und Plattform junger Musiker und Künstler (insbesondere der beteiligten) und Wortführer neuer Kunstströmungen verstand. Die Statuten wurden maßgeblich durch Weber geprägt; Zentrum des Vereins war Mannheim (G. Weber). Durch eine gezielte Publikationstätigkeit wollte man die musikästhetische Debatte beeinflussen – die Arbeit gemäß der Vereinsziele beschränkte sich nach intensivem Beginn ab 1813 allerdings weitgehend auf die beiden Webers.

Im Januar 1811 verließ Weber Mannheim (wo der Vater zurückblieb und im Jahr darauf, am 16. April 1812, starbT); im Februar 1811 folgte der Abschied von Darmstadt. Hauptziel der nachfolgenden Reisen, die Weber überwiegend durch Konzerte finanzierte, war die Suche nach einer neuen Anstellung. Zunächst gelangte er über Gießen, Aschaffenburg, Würzburg, Bamberg und Augsburg nach München (ab 14. März). Dort konnte er nicht nur seinen Abu Hassan zur Uraufführung bringen (4. Juni), sondern lernte mit dem Klarinettisten Heinrich Joseph Baermann einen wichtigen Weggefährten kennen. Die drei Konzertkompositionen, die Weber für den Freund schrieb (in späteren Jahren auch drei Kammermusikwerke für Klarinette), erregten großes Aufsehen.

In München angeknüpfte Verhandlungen um eine Bestallung als Musikdirektor des Wiesbadener HoftheatersT zerschlugen sich ebenso wie spätere Hoffnungen auf eine Anstellung in Gotha oder Dresden (1812; vgl. u. a. den Brief an H. Lichtenstein vom 1. November 1812).

Nach einer Reise durch die Schweiz (August bis Oktober), während der ein „Noth- und Hülfsbüchlein für reisende Tonkünstler“ projektiert wurde (Entwürfe 1811/12)T, war München Ausgangspunkt für eine gemeinsame Konzerttour mit Baermann nach Prag (4. bis 23. Dezember), Leipzig (27. Dezember 1811 bis 16. Januar 1812), Gotha (17. bis 26. Januar), Weimar (27. Januar bis 4. Februar), Dresden (5. bis 19. Februar) sowie Berlin (ab 20. Februar), wo Weber seine Silvana (in überarbeiteter Version) einstudierte.

In Berlin knüpfte er Kontakte zu Adolph Martin Schlesinger, seinem Hauptverleger der nachfolgenden Jahre, und fand (überwiegend im Umfeld von Carl Friedrich Zelter geleiteten SingakademieT) einen neuen großen Freundeskreis und damit jene kreative Atmosphäre, die sein Schaffen beflügelte. Die Stadt blieb, auch wenn alle Anstellungsversuche scheitertenT, lange Jahre ein Wunschziel Webers.

Einladungen von Herzog August von Sachsen-Gotha sowie Großfürstin Maria Pawlowna in Weimar führten den Komponisten im September 1812 nochmals nach Thüringen; danach wurde eine erneute Konzertreise geplant, die über Prag und Wien nach Italien führen sollte, doch dieser Plan zerschlug sich, als Weber am 13. Januar 1813 vom Prager Theaterleiter Johann Karl Liebich das Angebot einer Anstellung als Kapellmeister des Ständetheaters unterbreitet wurde. Weber unterzeichnete den Kontrakt (8. Februar) und beschränkte seine Reisepläne auf Wien (Ankunft 29. März), von wo aus er direkt nach Prag zurückkehrte (Ankunft 6. Mai). Die Fahrt nach Wien konnte nun gleichzeitig mit dienstlichen Belangen verbunden werden: Nach Auflösung der Eszterhazyschen Hofkapelle hoffte Weber, Musiker und Sänger für Prag engagieren zu können.

Prag (1813–1816)

Weber hatte zunächst große Vorbehalte, das Prager Amt zu übernehmenT; er notierte in seinem Tagebuch am 15. Januar 1813: „ich entschloß mich endlich mit schwerem Herzen ja zu sagen, und auf 3 Jahre Contract zu machen“; Ausschlag gab vor allem die Hoffnung, „die Wonne zu genießen bald meine Schulden als braver Kerl bezahlen zu können“ (Tagebuch 13. Januar), aber auch die Gewissheit, als musikalischer Leiter für den Bereich des Musiktheaters umfassende (und alleinige) Gestaltungsmöglichkeit zu haben. Bereits vor der vertraglich fixierten Amtsübernahme (Michaeli 1813) begann seine Arbeit im TheaterT. Die enorme Arbeitsbelastung führte dazu, dass Weber selbst die Prager Zeit als seine „Joch-Jahre“ bezeichnete (Titelblatt des Tagebuchs 1814). Er lernte nicht nur die böhmische Sprache, um mit seinen Musikern besser kommunizieren zu können; vor allem ArbeitsorganisationTT, RepertoiregestaltungTTTT und EnsembleaufbauT des Theaters erschienen ihm als revisionsbedürftig. Zudem empfand er die Publikumsresonanz auf seine ambitionierten Bemühungen, eine anspruchsvolle deutschsprachige Oper zu etablieren (u. a. UA von Spohrs Faust am 1. September 1816, Erstaufführungen von Beethovens Fidelio und Meyerbeers Alimelek ), als zu gering. In der überregionalen Presse wurden Webers Bemühungen um eine Hebung des Niveaus und sein erfolgreiches Wirken am Pult des Prager Opernorchesters allerdings durchaus wahrgenommen, so dass er sich bald den Ruf eines herausragenden Orchesterleiters erarbeitete.

Auch persönliche Befindlichkeiten trübten die Prager Zeit. Eine Tuberkulose-Infektion, die sich Weber vermutlich bereits in Kindertagen zugezogen hatte (seine Mutter war an Tuberkulose gestorben), führte immer wieder zu Krankheitsschüben (u. a. im Mai/Juni 1813). Mit Kuren (u. a. in Liebwerda Juli 1814) versuchte er (auch in den nachfolgenden Dresdner Jahren), den gesundheitlichen Problemen zu begegnen. Zudem führten zunächst das Verhältnis mit der verheirateten Schauspielerin und Tänzerin Therese Brunetti und danach die von großen Stimmungsschwankungen geprägte Beziehung zur Schauspielerin Caroline Brandt immer wieder zu Konflikten und Zerwürfnissen. Die Brandt kannte Weber bereits länger; in Frankfurt hatte sie 1810 bei der Uraufführung seiner Silvana die Titelrolle gegeben. Er selbst bemühte sich 1813 um das Engagement der beliebten Soubrette von Frankfurt nach Prag. Nach einer vorübergehenden Trennung (Sommer 1815) fand das Paar allerdings wieder zusammen.

Insbesondere die dienstlichen Pflichten behinderten Webers kompositorisches SchaffenT. Neben Alltagsarbeiten für das Theater (Einlagen, Bearbeitungen, Schauspielmusiken) und die von Liebich veranstalteten Bälle (Walzer etc.) entstanden als Hauptwerke jener Zeit die Vertonungen der Körner-Dichtungen aus Leyer und Schwert sowie die Kantate Kampf und Sieg, beide freilich angeregt durch Reisen nach Berlin (August/September 1814) bzw. München (Juni bis September 1815). In Prag selbst klagte Weber über mangelnde künstlerische Anregungen und ein fehlendes musisch-kreatives Umfeld.

Das gab wohl den Ausschlag, den Dreijahresvertrag 1816 nicht zu verlängern, auch wenn Weber zu dieser Zeit noch kein Folgeangebot für eine neue Tätigkeit vorzuliegen hatte. Er kündigte seinen Vertrag fristgemäß am 14. April 1816. Am 11. Juli d. J. erreichte ihn dann das Angebot, die musikalische Leitung der Leipziger Oper zu übernehmen (vgl. das Tagebuch sowie die Briefe an J. Gänsbacher vom 4. August sowie an G. Weber vom 17. September 1816); diese Offerte wurde allerdings durch einen folgenden Antrag aus Dresden gegenstandslos. Ein entsprechendes Angebot zum Wechsel ans Königsberger Theater hatte Weber bereits im Herbst 1814 abgelehnt (vgl. den Brief an H. Lichtenstein vom 21./22. November 1814).

Noch vor Ende seiner Prager Tätigkeit (Anfang Oktober 1816) sorgte Weber dafür, dass sein Nachfolger (anders als er selbst) geordnete Unterlagen über die Orchester- und Probenarbeit, Besetzungsangelegenheiten und andere dienstliche Belange vorfand (u. a. das Prager Notizen-Buch mit Hinweisen zu den Einstudierungen zwischen 1813 und 1816).

Weber reiste gemeinsam mit Caroline Brandt nach Berlin; in den dort verbrachten Wochen (13. Oktober 1816 bis 12. Januar 1817) entstanden in einem wahren Schaffensrausch Klavier- und Kammermusikwerke sowie Gesänge. Außerdem stellten sich in Berlin entscheidende Weichen für den weiteren Lebensweg: Am 19. November verlobte sich Weber mit Caroline Brandt (vor deren Abreise über Dresden nach Prag am 20. November); am 25. Dezember erhielt er seine Berufung an das Dresdner Hoftheater.

Dresden (1817–1826)

Hofkapellmeister, Aufbau des deutschen Departements des Hoftheaters

Komposition der Opern Der Freischütz (UA 1821 Berlin), Euryanthe (UA 1823 Wien) und Oberon (UA 1826 London)

Im Zuge einer Neuordnung des Theaterwesens in Dresden hatte der seit August 1815 amtierende Intendant Heinrich Graf Vitzthum von Eckstädt im Sommer 1816 ein Engagement des „als Compositeur und Musik-Director in Deutschland rühmlichst bekannten Carl Maria von Webervorgeschlagen. Am 14. Dezember 1816 willigte Friedrich August I. dann ein, Weber als „Musik-Director der deutschen Oper“ anzustellen, wenn dieser auch bereit sei, „den Kirchendienst zu besorgen“ und an der „Direction der italienischen Oper“ mitzuwirken. Welches Konfliktpotential diese Formulierungen enthielten, wurde Weber erst während seiner Mitte Januar 1817 angetretenen Amtszeit deutlich. Schon bei Dienstbeginn musste er feststellen, dass man ihm laut Reskript nicht die „KapellMeisterschaft“ und damit die Gleichrangigkeit mit seinem Kollegen bei der italienischen Oper, Francesco Morlacchi, zugebilligt hatte, sondern nur die untergeordnete Position eines Musikdirektors – auf Intervenieren erhielt er aber am 10. Februar die Nachricht, dass der König ihm das höherwertigere Amt zubillige (die lebenslange Anstellung folgte im September des Jahres). Die zahllosen Kirchendienste und die immer wieder nötige Vertretung des kränkelnden oder häufig abwesenden Morlacchi blieben während der Dresdner Jahre ein Dauerthema seiner Briefe und hemmten zeitweise spürbar seine Produktivität.

Die in der Literatur häufig konstatierte Rivalität mit dem italienischen Kollegen dagegen war weniger eine persönliche, sondern hing neben der Belastung durch die häufige Übernahme von dessen „Diensten“ vor allem mit der besseren Ausstattung der etablierten italienischen Oper und deren deutlicher Bevorzugung bei Hofe zusammen; so wurden Kompositionen zu offiziellen höfischen Festakten (beispielsweise Hochzeitskantaten) in der Regel beim dienstälteren Kapellmeister Morlacchi für das italienische Hoftheaterdepartement bestellt (Weber vertrat lediglich im Herbst 1817 den abwesenden Morlacchi). Zudem hatte Weber im deutschen Departement wesentlich umfangreichere Probenverpflichtungen als sein Kollege im italienischen.

Während Morlacchi mit italienischen Gesangsstars glänzen konnte, musste Weber im deutschen Departement über Jahre hinweg sein Personal (das tunlichst auch im Schauspiel einsetzbar sein sollte) mühsam nach und nach aufbauen und blieb dadurch lange Zeit in seinen Repertoire-Möglichkeiten sehr eingeengt bzw. konnte manches nur bei Anwesenheit auswärtiger Gäste (so 1817 z.B. Therese Grünbaum und das Ehepaar Weixelbaum) umsetzen. Ein aus dem Mai 1817 datierender Entwurf zum „Stand einer deutschen Opern Gesellschaft“ gibt ein beredtes Zeugnis über die zu leistende Aufbauarbeit, zu der neben vielem Organisatorischen (Weber hatte sich auch um die Aufführungen im vorstädtischen Linckeschen Bade zu kümmern) die (von Vitzthum geförderte) Gründung eines eigenen Opernchores (für beide Operndepartements) gehörte. Bis zu Webers Tod blieb das Singpersonal der deutschen Oper – sieht man etwa von der jungen Wilhelmine Schröder-Devrient, dem schon 1821 nach Kassel wechselnden Tenor Friedrich Gerstäcker oder der 1822 angestellten Sopranistin Charlotte Veltheim ab – eher bescheiden und wurde nur durch die Mitwirkung von Sängerinnen und Sängern der italienischen Oper, die bereit waren in deutschen Opern aufzutreten (wie etwa Friederike Funk, Antonie Hunt oder Luigia Caravoglia-Sandrini), gehoben.

Zu der Arbeitsbelastung im Opernbetrieb kamen auch die Unsicherheiten durch zwei Intendanten-Wechsel: Im September 1820 übernahm Hans-Heinrich von Könneritz das Amt, mit dessen (die italienische Oper bevorzugendem) Wirken Weber zutiefst unzufrieden war: „vielleicht sehe ich bald wieder in Nichts versinken, was mein redlicher Eifer seit 4 Jahren mühsam gebaut und erkämpft hatte“ hieß es in einem Brief Mitte Januar 1821, und tatsächlich sprach Weber laut Tagebuch kurze Zeit später mit ihm „über die Aufhebung der deutschen Oper“. Die Verstimmung legte sich erst mit dem zwei Jahre später erfolgten Engagement des Intendanten Wolf Adolph August Freiherr von Lüttichau, der laut einem Brief Webers an Ignaz Franz Mosel über „jenes gewiße Etwas“ verfügte, das ihn zum „wohlerfahrnen Steuermann auf den Kunst und Theater Meeren“ qualifizierte.

Nicht unerwähnt bleiben darf hier auch die Beteiligung bei zahlreichen Konzertakademien, Auftritten von Künstlern in den Entreakten, bei Wohltätigkeits- oder den 1821/22 durchgeführten Abonnementskonzerten, aber ebenso in Hofkonzerten oder Tafel- und Privatmusiken bei HofeT – Weber erfreute sich als Dirigent (auch außerhalb Dresdens) einer zunehmenden Wertschätzung.

Trotz aller Probleme während der Dresdner Jahre blieb Weber seinem königlichen Dienstherrn treu und lehnte im Herbst 1821 einen finanziell lukrativen Ruf an den Kasseler Hof abT, stand aber auch den wiederholten – letztlich jedoch nicht realisierbaren – Bemühungen des Berliner Intendanten Carl Graf von Brühl, ihn für die preußische Hauptstadt zu gewinnen, zunehmend skeptisch gegenüberT.

Webers etwas zwiespältiges Verhältnis zu seinem Dienstort spiegelt sich auch darin wider, dass er in den Dresdner Jahren zwar eine stattliche Reihe von Huldigungskompositionen für den Hof (darunter L’Accoglienza WeV B.12 und die Jubel-Kantate WeV B.15), etliche Schauspielmusiken sowie für den Kirchendienst zwei Messen schuf, aber alle seine weiteren Opern und die umfangreiche Schauspielmusik zu Preciosa für auswärtige Bühnen entstanden (nur die 1820 begonnene, aber unvollendete komische Oper Die drei Pintos auf einen Text des Theaterdichters Karl Theodor Winkler war für den Dresdner Hof konzipiert). Von den eher privat bzw. durch Verhandlungen mit seinem Hauptverleger Adolph Martin Schlesinger angeregten Liederzyklen und den Klavierkompositionen (darunter die Friedrich Rochlitz gewidmete 4. Klaviersonate) abgesehen, nimmt unter den größeren Werken lediglich die Widmung des in Berlin uraufgeführten Konzertstücks an Prinzessin Marie Auguste von Sachsen Bezug zu Dresden.

Dennoch trat für Weber neben den anregenden Kreis der Berliner Freunde nun auch ein Zirkel von Dresdner Persönlichkeiten, von denen sich viele im sog. LiederkreisT trafen, durch den Weber u.a. Friedrich Kind kennenlernte, mit dem er zwischen 1817 und 1820 am Freischütz arbeitete (UA am 18. Juni 1821 im Königlichen Schauspielhaus Berlin). In Dresden lernte er auch Helmina von Chézy kennen, mit der dann zwischen 1821 und 1823 die von dem italienischen Impresario Domenico Barbaja für Wien bestellte „große Oper“ Euryanthe (UA 25. Oktober 1823 am Kärtnertortheater) realisiert wurde.

Webers künstlerischer Elan zu Anfang seiner Dresdner Zeit äußert sich auch in der Wiederaufnahme der Idee der „dramatisch- musikalischen Notizen“T in der Dresdner Abend-Zeitung oder der umfangreicheren Besprechung von E.T.A. Hoffmanns Undine; seine schriftstellerische Tätigkeit erlahmte aber (trotz einiger kleinerer Beiträge zum Liederkreis) zusehends, und auch das Romanfragment „Tonkünstlers Leben“T blieb nach der noch 1821 erfolgten Veröffentlichung dreier Bruchstücke in Kinds Muse unvollendet. Dennoch sollte man die vielfältigen Anregungen durch die Kontakte im Liederkreis nicht unterschätzen, aber ebensowenig die gerade im Bezug auf seine kompositorische Tätigkeit äußerst wichtigen mehrfachen Aufenthalte in Berlin (u.a. 1821 zur UA des Freischütz und 1825 zur Berliner EA der Euryanthe), ebenso die Anregungen durch die während der Dresdner Jahre unternommenen Reisen: Neben der Reise im Anschluss an die Hochzeit mit Caroline Brandt am 4. November 1817 in Prag sind hier die Konzertreise durch Mittel- und Norddeutschland bis Kopenhagen (25. Juli bis 3. November 1820), die beiden Reisen nach Wien (11. Februar bis 26. März 1822 und 16. September bis 10. November 1823) und die Reise zum Klopstock-FestT in Quedlinburg (27. Juni bis 5. Juli 1825) zu nennen.

In die Dresdner Zeit fallen auch zwei Kuren: vom 8. Juli bis 14. August 1824 in Marienbad und vom 3. Juli bis 1. September 1825 in Ems. Diese Kuren sind nicht nur Anzeichen körperlicher Erschöpfung und zunehmender gesundheitlicher Probleme: Die Enttäuschung über die teils sehr kritische Aufnahme seiner Euryanthe, die Häufung der Dienstverpflichtungen (Morlacchi weilte von November 1823 bis September 1824 in Italien, der für die Kirchenmusik zuständige Kollege Franz Anton Schubert starb nach langer Krankheit im März 1824) sowie die nicht reibungslose Zusammenarbeit mit Schuberts Nachfolger Vincenzo Rastrelli und dem jungen, 1824 als Assistent der beiden Operndepartements angestellten Heinrich Marschner, gingen einher mit einem Erschöpfen auch der kreativen Energien Webers. Erst mit der Arbeit an Oberon und durch die Aussicht auf den lukrativen Aufenthalt in London, über den Weber während der Emser Kur mit dem eigens angereisten Direktor des Covent-Garden Theatre, Charles Kemble, und dem Dirigenten George Smart persönlich sprechen konnte, schien diese Krise überwunden.

London-Reise und Tod (1826)

Reise zur Einstudierung des Oberon nach London, umfangreiche Konzert- und Dirigierverpflichtungen

Tod am 5. Juni

Angebote, eine Oper für London zu schreiben, hatte Weber bereits 1822, kurz nach dem Sensationserfolg seines Freischütz, erhalten; konkretere Gestalt nahmen die Planungen allerdings erst 1824 an, als er den Auftrag für die Vertonung des Oberon erhielt. Das Libretto von James Robinson Planché lag erst im Februar 1825 komplett vor, so dass die ursprünglich vorgesehene Uraufführung 1825 in das folgende Jahr verschoben wurde.

Weber reiste am 16. Februar 1826 mit der noch unvollendeten Partitur von Dresden ab und fuhr zunächst nach Paris (Aufenthalt 25. Februar bis 2. März), um dort Möglichkeiten für weitere Opernaufträge zu sondieren (entsprechende Angebote lagen bereits vorT). Das große Interesse der Pariser Musikwelt an seiner Person (u. a. Treffen mit Paer, Cherubini, Rossini, Auber) bestärkte seine Hoffnungen in dieser Hinsicht.

Am 5. März erreichte er London, wo er nicht nur seine neue Oper fertigzustellen, einzustudieren und aufzuführen hatte (12 Vorstellungen unter Leitung Webers zwischen 12. und 25. April), sondern auch konzertante Aufführungen des Freischütz leitete und an weiteren Konzerten mitwirkte. Die Häufung dienstlicher wie gesellschaftlicher Verpflichtungen griff den durch seine Krankheit und die anstrengende Reise ohnehin geschwächten Komponisten zunehmend an; er verstarb in der Nacht vom 4. zum 5. Juni 1826. Am 21. Juni wurde sein Leichnam in der Gruft der katholischen Moorsfield Chapel beigesetzt. 1844 überführte man den Sarg nach Dresden in die von Gottfried Semper gestaltete Familiengruft auf dem dortigen katholischen Friedhof. Die Leitung der Trauerfeierlichkeiten lag in den Händen von Richard Wagner, der aus diesem Anlass eine Trauermusik (WWV 73) und einen Männerchor (WWV 72) komponierte und seine berühmt gewordene Grabrede An Weber’s letzter Ruhestätte hielt.

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