Aufführungsbesprechung, Hamburg: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber, Februar/März 1822 (Teil 2 von 2)

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[Fortsetzung.]

Was nun die Darstellung der so reich ausgestatteten Oper betrifft, so darf man sie ohne Widerspruch zu den Besten der hiesigen Bühne rechnen, und auch der Maschinist hatte einmal seine Schuldigkeit nach Kräften gethan; freilich legt der be|schränkte Raum unserer Bühne oft unübersteigliche Hindernisse in den Weg, und das muß von jedem Billigdenkenden berücksichtigt werden. Besonders aber war die Rollenvertheilung löblich; Demois. Pohlmann hatte die Gefälligkeit gehabt, die etwas untergeordnetere Rolle des lieblichen Annchen zu übernehmen, weil ihre Persönlichkeit sich besser als die der Demois. Paasche zu derselben eignete, der nun Agathe zufiel, obgleich sie als erste Sängerin unsers Theaters Anspruch an die Hauptrolle gehabt hätte; durch solche Gefälligkeit verbindet sich eine Künstlerin dem Publikum stets aufs angenehmste, und dieses weiß sie durch doppelten Beifall zu belohnen. Die kleine, allerliebste Figur der Dem. Pohlmann, ihr liebliches, schalkhaftes Gesicht, ihre außerordentliche Gewandtheit im Spiel erhoben denn auch diesmal die Nebenrolle fast zur Hauptrolle, womit, was sonst oft nicht der Fall ist, dem Ganzen nicht geschadet wurde, sondern vielmehr gedient. Dem. Paasche als Agathe sang ganz vortrefflich, wie denn überhaupt die Stimme dieser noch sehr jugendlichen Künstlerin vielverheißend, oder vielmehr schon vielerfüllend, ist; da sie eben erst seit Kurzem zur Bühne übertrat, läßt ihr Spiel noch manchen gerechten Wunsch übrig, und dieses hätte sich durchaus nicht zu Annchens Rolle passen können, da sie eine überaus gewandte Scheuspielerin zugleich erfordert. Agathens Ernst verdeckt schon besser die Schwäche des Spiels einer Anfängerin, wenn gleich nicht ganz; so war wenigstens alles Störende glücklich vermieden. Hr. Woltereck als Caspar beurkundete ein so schönes Talent, einen so regen Fleiß, daß wir ihm den aufrichtigsten Dank für den genußreichen Abend zollen müssen, den die Trefflichkeit seines Spiels uns darbot; wir schöpfen aus diesem so gelungenen Versuche die Hoffnung, dereinst noch einen guten Don Juan in ihm zu erblicken. Hr. Klengel als Max leistete gleichfalls das Mögliche, und auch die Chöre waren minder schlecht, als sonst, ja sogar zuweilen gut. So ausgerüstet, mußte die Oper sich schon Eingang beim Publikum verschaffen, und in der That ist man auch so von dieser neuen Erscheinung eingenommen, daß noch immer, nach der neunten Darstellung, kaum ein Platz zu erhaschen ist, eine ganze Loge durchaus nicht. Preciosa scheint ganz über diesen Phönix vergessen zu seyn, und doch machte auch sie früher nicht wenig Glück*.

[…]

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbesprechung, Hamburg: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber (Teil 2 von 2). Der erste Teil erschien in der vorigen Ausgabe.

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Albrecht, Christoph; Fukerider, Andreas

Überlieferung

  • Textzeuge: Zeitung für die elegante Welt, Jg. 22, Nr. 98 (20. Mai 1822), Sp. 782–784

    Einzelstellenerläuterung

    • „… sie früher nicht wenig Glück“Preciosa wurde in Hamburg zwischen dem 8. Oktober 1821 und dem 30. Januar 1822 an insgesamt 21 Abenden gegeben. Ab 27. März 1822 stand sie wieder regelmäßig auf dem Spielplan.

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