Heinrich Baermann an Carl von Wächter in Stuttgart
München, Samstag, 22. November 1817

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Hochwohlgebohrner Freyherr,
verehrter Herr Direktor!

Titl Herr Hoftheater:Sekretair Schlotterbeck erließ unterm 14t dieß ein Schreiben an mich, worin in Ew. Hochwohlgebohren Nahmen die durch mich an Dieselben gelangten Aeußerungen der Md: Harlas beantwortet würden. Ich habe die Ehre Ihnen im Nahmen der Md: Harlas hierauf zu erwiedern, daß die neuesten Vorschläge über die Gastrollen ihr höchst befremdend und völlig unannehmbar erscheinen. Derley Vorschläge können höchstens von einem Künstler angenommen werden dem es darum zu thun ist, bey einer weiten Reise keinen Ort unberührt vorbey zu gehen, sind aber nach der Meynung der Md: Harlas keineswegs geeignet eine eigene Reise zu Motiviren was doch hier der Fall seyn müste, da besagte Sängerin gar nicht Willens ist eine Reise auf gefällige Gastspiele zu unternehmen, sondern nur dahin zu gehen pflegt, wohin man sie beruft. Um Ew: Hochwohlgeb zu beweisen, daß Md: Harlas übrigens gegen Ihre Kunstanstallt keine ungewöhnlichen Bedingungen gemacht hat, und weder von Arroganz noch gewöhnlicher Geldgierde geleitet wird, habe ich die Ehre Sie darauf aufmerksam zu machen, daß die Wiener Direction dieser Sängerin im Jahre 1813 für 20 bedungene Gastrollen in zwey aufeinander folgenden Engagements 4800 fl Konventionsgeld bezahlte, und daß sie im Jahre 1816 für einen Carnevall auf dem großen Theater Fenice in Venedig 16000 Franken erhielt. Sie berrührt diese allgemein bekannten Thatsachen bloß darum, damit Ew: Hochwohlb sie nicht mit dem gewöhnlichen Troßte derer vermischen mögen die ohne selbst Kenntniß und Ehrgefühl nur die Gelegenheiten brauchen wo sie wohlwollenden oder um Talente verlegene Direktionen etwas abzwaken können. – Md. Harlas braucht zur Hin und Rükreise, bey den Bequemlichkeiten die sie auf Reisen gewöhnt ist, gewiß 40 Luisdor, eine ohngeführ 4 wöchentlichen Aufenthalt in Stuttgard kann schwerlich um ein Bedeutendes wohlfeiler bestritten werden, belieben Sie daher selbst zu ermessen, ob sie zu viel verlangt hat.

Eine Stelle in dem Briefe fällt Md: Harlas ganz besonders auf! diese ist, daß ihre Gastspiele sowohl, als die Resultate der übrigen von Euer Hochwohlgeb beabsichtigten Unterhandlungen lediglich von der Genehmigung der obersten Behörde abhängen sollen! – Md: Harlas ist der Uberzeugung daß wenn der Chef einer Kunstanstalt unaufgefordert sich mit propositionen an fremde Künstler wendet, derselbe nichts thun wird wozu er nicht ermächtigt ist. Sie begreift daher den Inhalt jener Stelle des Briefes gar nicht, weil er in gradem Wiederspruche mit den frühern Aeußerungen des Chefs stehet. Md: Harlas steht hier, sowohl in Rüksicht ihres Gehaltes als der lebenslänglichen Sicherheit ihrer Existenz in angenehmen Verhältnißen, sie hat sich der persönlichsten Gnade Ihrer Majestäten zu schmeicheln, und will man sie anderwärts hören, so ist es wenigstens natürlich daß sie nicht dabey verlieren will.

Ich habe die Ehre mich mit ausgezeichnetster Hochachtung zu nennen
Ew: Hochwohlgeb ergebenster Baermann

Apparat

Zusammenfassung

nimmt Stellung zu den Stuttgarter Vorschlägen betr. die Gastrollen von Mad. Harlas und nennt Bedingungen; vergleicht mit Honorar in Wien und Venedig; wundert sich über einen Passus wegen Genehmigung durch die oberste Behörde; [Antwortvermerk: wird abgelehnt]

Incipit

Man bedauerte recht sehr unter diesen Umständen

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. H. J. Bärmann 4

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)
    • Vermerk am Briefkopf: „pr:[äsentiert] d. 26. Sept: 17. | epr: 1041“
    • Antwortvermerk auf Bl. 1r: „Man bedauerte recht sehr unter diesen Umständen — wo die Einnahmen dem Honorar nicht entsprechen würden — auf das Vergnügen sie zu hören verzichten zu müssen | W.

Textkonstitution

  • „wohlfeiler“unsichere Lesung

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