Ernst von der Malsburg an Anonymus
Dresden, Montag, 12. April 1824
Wie könnte ich Ihnen meine Lust an der schönen Euryanthe genug schildern? Kaum kann ich den zweiten Festtag erwarten, wo ich sie erneuern soll. Sie wissen, wie sehr ich das Gedicht immer liebte, doch kann ich mir nicht helfen, es wurde zu viel daran gemäkelt. Die Dichterin wurde gezwungen, unrichtig herauszuthun und unrichtig stehen zu lassen, darüber ist es im Gang der Handlung farbloser, unkräftiger geworden, als es vom Anfang war, und die Dunkelheit des Surrogatmotivs (Emma’s Selbstmord gegen das Veilchen), die sich noch obenein im Recitativ schleiert, hemmt wohl auch etwas die helle Freude, die man sonst empfinden müßte, aber wie viel bleibt dennoch übrig! Welch’ ein frisch freundlicher und herzinniger Stoff! Chevaleresk, liebevoll, auch im Grauen noch menschlich! Und nun die entzückenden Lieder, diese Blüthenklänge, wie sie nur Helmine gegeben sind. Die Musik, der ich wegen vielen Vorgeschwätzes ohne größte Erwartung engegen‡ ging, hat mich überrascht, ergriffen, in den Himmel gehoben, man sieht doch, die Dichterin hatte ihn begeistert. Man tadelt hier vieles in der Musik, dem ist sie zu streng, dem zu zerrissen, mir scheint sie durchgängig meisterhaft und alle Gefühle der Dichtung, daß es kaum anders sein könnte, benutzend, nur die Ouverture finde ich schwach, und in Adolar’s Romanze stehen die Worte hoch über der zu arienhaften Begleitung. Eben so wünschte ich dem Mädchenchor für seine unschuldig prächtigen Worte eine weniger manierirte und lebendigere Bewegung. Der Beifall war rauschend, die Devrient und Funk überboten sich, besonders entwickelte Letztere (Eglantine), eine Kraft und ein Spiel, wie wir es noch nicht an ihr gekannt, sie war vortrefflich. Man rief diese Beiden heraus, und großmüthiger Weise kamen alle Uebrigen, selbst die Statisten, mit gelaufen. Allerdings konnte man auch mit dem redlichsten Willen Aller zufrieden sein, selbst Bergmann war wie verklärt.
Apparat
Generalvermerk
Lediglich Briefauszug abgedruckt
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Charlene Jakob
Überlieferung
-
Textzeuge: Neue Zeitschrift für Musik, Bd. 13, Jg. 7, Nr. 11 (05. August 1840), S. 42