Nachruf auf Carl Maria von Weber

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IV. Nekrolog.

Die heitere Erinnerung an Karl Maria von Webers Bildungs- und Wirkungszeit ist durch den schnellen Hintritt des herrlichen Künstlers in seinen Nekrolog verwandelt worden. Weber ist am 5. Juni in London gestorben.

Es sei uns fern, das Scheiden eines wahrhaft Vollendeten mit weichlicher und schwächlicher Klage zu mißachten. Seine Angehörigen und Freunde mögen ihren Verlust betrauern; wer ehrte nicht dieses menschliche Gefühl? Trauern möchten auch wir, wenn jemand geschieden wär’, der nicht erfüllt hätte, was wir von ihm gehofft; auch unsre Hoffnungen gehören zu den Gütern und die Hoffnungen von Andern und für sie sind oft die reinsten. Aber der Hintritt eines Mannes, der ein so herrliches Ziel erreicht und seine Bestimmung so reich erfüllt hat, ist ein erhebender und freudig aufrichtender Anblick und läßt in unserer Brust keinem beengenden Gefühle Raum. Hat das Wirken unsere innigste lebhafteste Theilnahme für den Strebenden und seine Unternehmungen hervorgerufen, haben wir uns des trefflichen Ringers als seine Freunde und Angehörigen gefreut: so hat dem Sieger nun Vollendung einen reichen Lorbeerkranz auf das Haupt gedrückt. Was er hat sein können und wollen, ist er geworden; was wir haben erwarten dürfen, zu seiner Verherrlichung und unserer Förderung hat ers vollbracht und in dieser Vollendung ist er der Reihe vorausgegangener Künstler zugesellt und lebt fortwirkend mit ihnen. Die schöpferischen Geister sind nicht gesandt, um uns zu unterhalten und dann wieder und noch einmal zu unterhalten, sondern um die sie beseelende Idee, ihre Welt- und Lebensanschauung, zu verwirklichen. Man schweige uns denn mit den Klagen: wieviel Weber noch hätte geben und thun können. Was in ihm als Mensch und Künstler lag, die Idee seines Lebens, ist in seinen Werken vollendet und darum hat er genug gelebt. Was er als ausübender Künstler, als Dirigent, als Komponist hat sein können, ist er geworden. Wir wollen ihn in uns fortwirken lassen, er lebe und lebt uns in dem Leben der Kunst und was wir bedauern konnten, ist nicht er und nicht, was er gewollt.

Ueber die Grundidee seines Lebens und Wirkens aber dürfen wir nicht sprechen, bevor wir nicht sein letztes großes Werk „Oberon.“ kennen gelernt. Marx.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Sebastian Schaffer

Überlieferung

  • Textzeuge: Berliner allgemeine musikalische Zeitung, Jg. 3, Nr. 25 (21. Juni 1826), S. 200

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