Gedicht von Theodor Hell über die Erstaufführung von Webers Euryanthe in Dresden am 31. März 1824
Chronik des königl. sächs. Hoftheaters in Dresden.
Am 31. März. Zum erstenmale: Euryanthe. Große romantische Oper in 3 Aufzügen, von Helmine v. Chezy. Musik von C. M. v. Weber. Wiederholt am 3. April.
Euryanthe – Devrient.
Wie Frühlingshauch, wenn er die Blumen sprossen,Die Zweige heißt mit Blühten sich zu schmücken,So weht durch Dich der Liebe mild Entzücken,Das ganz sich in Dein stillen Herz ergossen.Doch ach! Verrath verübten die Genossen!Der Schmerz muß Dir in’s Herz die Dornen drücken,Die Rosen all’ vom Lebensbaume pflücken,Bis Freudenthränen nur Dir wieder flossen.Wir folgten Dir mit sanft durchglühter Seele,Wir fühlten so wie Du in Luft und Bangen,Dein Ton , er war das Lied der Philomele,Dein Spiel, ein tief und inniges Umfangen.Nicht weiß das Herz, was es am liebsten wähle,Wo so viel köstliche Momente prangenElegantine – Funk.
Des Aetna Gluth im Strahlenauge lodert,Der Stimme Ton steigt auf die Donnerlauten,Wenn sie den schnöd errungenen VertrautenZur Rache wild im Höllenbunde fodert.Von jener Hand, die in der Gruft schon modert,Zieht sie den Ring, drob Beide sich nicht grauten,Bis der Vergeltung Blicke niederschautenUnd Wahnsinn sich sein Recht nun endlich fordert.Wie hast du, Sängerin! mit FlammenzügenUns ausgeprägt der ganzen Unthat Toben!Nur Deine Kraft kann solchem Werk genügen,Das bald in Nacht sich senkt, bald aufjauchzt oben.So muß der Kunst sich selbst die Hölle fügen, Wird Herrliches aus Schrecklichem gewoben.Adolar – Bergmann.
Mit sanftem Ton singt er das Lied zur ZitterUnd fest vertrauend wagt er seine Habe,Noch einmal beut ihm Liebe süße Labe,Da flammt der Blitz! zermalmt sien Glück in Splitter!Zur Wüste flieht der treugekränkte Ritter,Daß dort im Schmerz er ewig sich vergrabe;Horch auf! der Wahnsinn bringt der Wahrheit Gabe,Der Friedensbogen steht ob dem Gewitter.Im Schmelz des Ton’s sangst Du die Liebeslieder,Das sel’ge Glück im Bund mit Euryanthen,Und stiegst in’s Thal der dunklen Trauer niederMit Klängen, die im Herzen Nachklang fanden."Hin nimm die Seele mein!" hallt uns noch wieder,Wir haben Dich mit Dankeslust verstanden.Lysiart – Mayer.
Teuflischen Grimm im Herzen trug der Freche,Sein Schritt ist Trug, sein Thun der Hölle Wüthen,Und ihm gelingt, was finst’re Geister brüten,Daß er das Herz des edlen Paares breche. ¦ Es strömt sein Hohn wie heiße Lavabäche,Unreinen Flammen, die ihn wild durchglühten,Muß Frevel Stoff in treuen Herzen bieten,Daß Schandthat ihn an Liebessehnsucht räche.Aufrasend, finster, in der Seele grollend,Hast Du die wilde Leidenschaft gemalet,Den irren Graus, das Ungeheure wollend,Vom Brand häuslichen Glücks zuckend durchstrahlet.Es war Dein Ton gleich fernem Donner grollend,Ein Meteor das mit Verderben zahlet.Die Chöre.
Welch eine Fülle! welche mächt’gen Massen!Hier mild Empfangen, dort vertrauend Scheiden,Der Hochzeit Jubel, treuer Freunde Leiden,Der Unthat Schrecken, des Verrathes Hassen,‡Der Jäger Ruf, der Schmerz bei dem Erblassen,Des Maies Lob, den Rosen zart umkleiden,Um endlich Jubelgruß den treuen Beiden:Wer mag den Reichthum dieser Gaben fassen?Des Meisters Kraft durchdrang die Stimmen alle,Sein Wohllaut goß sich auch in ihreTöne,Daß regelrecht und voll der Chorsang walle,Und hohen Festgenuß verlieh die Halle,Daß Meisterwerk auch Meisterleistung kröne.Das Orchester.
Euch aber, die mit schöpferischem BogenUnd Hauche ihr das Instrument belebet,Und See’ und Herz dem, was sonst todt ist, gebet,Euch, die ihr in der Töne reichste WogenDas Mitgefühl zum tiefsten Grund gezogen,Mit denen doch es wieder aufwärts strebet,Und einen Teppich auch voll Blumen webet,Vom zarten Hauch der Maienduft umflogen;Euch sei der Dank, der letzte nicht, beschieden,Die ihr vollendet dieses Hochgebilde.Das ist ja doch der Kunst erhab’ner Frieden,Daß sie vereint das Strenge und das Milde,Zum Tempel weiht die karge Welt hieniedenUnd Leben gießt auf starrende Schilde.Das Publikum.
Nicht irr’ geführt durch fremdes Splitterrichten,Patheiungsucht – den Krebs für freie Meinung – Nicht träge, durch abflachende Verfeinung,Will es den Werth nach eignem Urtheil sichten.Und sieh! solbald nur jene Töne dichten,Ergreift das Herz die herrliche Erscheinung,Schaut es entzückt des Trefflichsten VereinigungUnd wie sich all’ die Dunkel strahlend lichten.Dem Meister Heil! so ruft’s im heißen DrangeDen Dank zu bringen für die reiche Spende;Es schwelgt im hohen, mächtigen Gesange,Der fortströmt unerschöpflich bis an’s Ende,Der Geist erstarkt, die Thräne netzt die Wange,Und Herzenssprache wird der Dank der HändeApparat
Entstehung
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Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Dubke, Esther
Überlieferung
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Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 8, Nr. 82 (5. April 1824), S. 328