Hans Georg Kriete an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Loschwitz, Dienstag, 29. September 1863

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Sehr geehrter Herr!

Ihr werthes Schreiben traf mich auf dem Dorfe Loschwitz bei Dresden an, wohin ich mich eines längeren Unwohlseins wegen mit meiner Familie begeben habe, und wo es mir leider an allen Schreibmaterialien fehlt, weshalb Sie dieses späte Antwortschreiben entschuldigen wollen. Wenn ich etwas weit aushole, so werden Sie es entschuldigen, aber es geschieht um Sie sicher zu überzeugen das Herr von Weber die Musik geschrieben weiß hier jeder Musicus daß es der Herr Finanzrath v. Weber nicht wußte, setzte mich in Erstaunen doch sein Wirkungskreis ist ein ganz Anderer und sehr in Anspruch nehmender, und ich freute mich ihn darauf aufmerksam zu machen, und ihm dasselbe in Abschrift verschaffen zu können. Das war nicht so ganz leicht. Es ist hier ein Gesetz daß von Bühnen oder Theater Compositionen Niemand eine Abschrift nehmen darf damit die Sachen nicht verbreitet werden, und man sie einzig besitzt. Da der vorige Intendant ein sehr harter Mann war, so mußte ich mit vieler Vorsicht verfahren, und wendete mich an einen Theater-Musicus der die Musiken für die Bühne unter Verschluß hat und seit Jahren auf dem Theater leitet. Ich sagte ihm ein Schauspiel Unternehmer hätte sie bei einer Aufführung gehört, und er möchte sie besitzen. Den Wunsch zu erfüllen war der Mann gegen eine Abfindung gern bereit, und daher schrieb er nur die Stimmen ab, wie sie bei uns auf dem Theater gebraucht werden.

Eine Partitur habe ich gar nicht gesehen werde mich aber darum bemühen, aber sie wird seit Jahren auf dem Theaterzettel, jedesmal mit der Bemerkung angekündigt, sie sey von C. M. v. Weber. Herr Finanzrath v. W. kann auch bei dem jetzigen Intendanten, einem Herrn von Könneritz selber in dieser Angelegenheit Schritte thun, der ist sehr gerecht und human. Ich werde in einigen Tagen, wenn ich mit meiner Familie in der Stadt bin zu dem Herrn Finanzrath gehen, und Ihre Wünsche ihm vortragen, da kommen wir hinter die reinste Wahrheit, wenn es Ihnen genehm ist. Wir dürfen uns in dieser Angelegenheit ein paar Briefe nicht verdrießen lassen. So erinnere ich mich daß das Harfensolo eine Abänderung der Donna Diana ist, die Damen benehmen sich gewöhnlich bei Handhabung der Instrumente sehr ungeschickt, es wurde gewöhnlich gelacht, und bei einer neuen Wiederholung des Trios der Damen daß dem Buche nach kommen soll spielte die Diana das Harfensolo. Wegen der fehlenden 22 Tacte Sologesang, das ist ein Lied des Don Louis, der anfängt:

Darf ich meine Liebe zeigenmuß ich Laura sie verschweigenLaura Laura sage mir pp*

Es wird hinter der Coulisse gesungen, und der Tenorist hat sich vielleicht ein bequemeres eingelegt. Darüber erhalten Sie eine bestimmte Nachricht in meinem nächsten Briefe, so wie ich in der Stadt gewesen bin. In Hoffnung daß sie sattsam überzeugt sind von der Aechtheit der Composition empfehle ich mich Ihnen bestens, indem ich mich zu jeder näheren Aufklärung mit Vergnügen unterziehe und bereit bin. Mit Hochschätzung
Ihr gehorsamer Diener
H. Kriete

Apparat

Zusammenfassung

bestätigt, dass Weber die Schauspielmusik zu Donna Diana geschrieben habe, die Kriete ohne Wissen Lüttichaus habe nach den Stimmen kopieren lassen

Incipit

Ihr werthes Schreiben traf mich auf dem Dorfe Loschwitz

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. X, Nr. 337

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Laura Laura sage mir pp“Dieses Lied stammt laut Mitteilung von L. von Sonnleithner nicht von Weber, sondern von A. Gyrowetz; vgl. Jähns (Werke), S. 232 und 450 (Anh. 119).

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