Rezension zum deutschen Oberon-Textbuch von Theodor Hell (Teil 2 von 2)

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Oberon, König der Elfen. Operntext von Th. Hell.

(Schluß.)

Die deutsche Uebersetzung hat ihre Vorzüge und Mängel. Das Duftige, Aetherische, Verschwimmende der Elfenlieder ist dichterisch wiedergegeben, auch findet sich sonst noch manche schöne Stelle. Aber das Ganze ist steif und hat so viele Härten, daß wir lieber einen andern Bearbeiter dieser Oper für Deutschland gewünscht hätten. Um bloß ein Beispiel anzuführen, notiren wir, daß S. 49 in der kindlichen Romanze der Fatime eh’r mit stör’ reimt. Auch orthographische Fehler sind nicht selten; so lesen wir „kreißen“ S. 14, „reißen“ S. 25, statt „kreisen“, „reisen“; S. 30; „Ich habe mein Ritterwort an Karl dem Großen verpfändet“ u. s. w.

Hell hat eine Selbstapologie seiner Uebertragung in der Vorrede niedergelegt, die wir zum Schlusse abdrucken lassen, indem sie zugleich einen Beitrag zur Geschichte dieser Oper liefert:

„Mein verehrter Freund, der Herr Kapellmeister von Weber, machte mir das Vergnügen, so wie das englische Original für seine Dichtung in Dresden angekommen war und er nun seine Arbeit daran begann, mir die Uebertragung desselben in’s Deutsche anzuvertrauen, und zwar dergestalt, daß unsre Arbeit gewissermaßen eine gemeinschaftliche werde, indem die meinige mit der seinen Hand in Hand gehe. Bei einem Tonsetzer, wie der Schöpfer des Freischütz und der Euryanthe, liegt es schon eben in der Trefflichkeit seiner Kompositionen, in dem Ernste, mit dem er an’s Werk geht, in der Achtung, welche er für seinen Text und die Empfindungen hegt, welche der Dichter darin aussprach, daß er sich treu an diesen hält, jedem Musikstücke die angemessene Farbe, jedem Worte die entsprechende Betonung, jedem Gefühle den passenden Ausdruck zu geben bemüht ist. Und in der reichhaltigsten Fülle hat der geistreiche und gemüthvolle Weber es auch in dieser seiner neuesten Oper gethan. Es war nichts weniger als gleichgültig, welches Wort dem Werth der längern oder stärkern Betonung erhielt, wo ein Abschnitt, ein Ruhepunkt, ein längrer oder kürzrer Halt eintrat, wo der musikalische Rhythmus sich hob oder senkte, und welche Wiederholungen zulässig waren oder nicht. Dem Tonsetzer lag aber der ¦ englische Text vor, und nach diesem musste nothwendig seine Arbeit sich richten. Für den deutschen Bearbeiter blieb alsdann das Geschäft, seine Uebertragung so genau jenen Rücksichten anzuschließen, daß so wenig als möglich von ihnen verwischt werde, und die kunstvolle, wirksame und gediegene musikalische Deklamation des Tonsetzers in allen ihren Beziehungen möglichst deutlich und vollständig hervortrete. Darum vergönnte mir mein verehrter Freund den Auszug der Noten für den Gesang, sobald ein oder das andre Musikstück von ihm vollendet war, ich ordnete die Unterlegung meines Textes darnach an, legte ihm diesen vor, besprach mich mit ihm darüber, behielt bei, oder änderte nach seinen Bemerkungen, die die deutschen Worte ihm nun selbst dem Ausdrucke seiner Töne so angemessen schienen, als es die schwache Kraft des Uebertragenden nur immer vermochte. Dieses war eine Hauptrücksicht, welche bei Bearbeitung des Textes für die Gesangstücke genommen werden musste.
Die nothwendige Folge davon war aber auch ebendeßhalb – und dies um so mehr, je enger sich der Ausdruck der Worte an den der Töne anschloß, – diese, daß der bei deutschen Originalgesängen angenommene Rhythmus in seiner einfachen Folge von Jamben, Trochäen, oder Daktylen sehr oft gestört und dadurch allerdings beim Lesen für ein deutsches Ohr weniger – ich will nicht hoffen wohlklingend, aber doch minder üblich werden musste. Denn jeder Kenner der englischen Sprache und Metrik weiß ja sehr wohl, wie ihre Grundsätze ganz andre sind als die der Deutschen, und wie willkürlich allerdings in dieser Hinsicht – wie bei der französischen – schon Deklamation, aber noch viel mehr Tonsetzung mit ihr gebahren kann, da ihre Längen oder Kürzen im Allgemeinen nur durch den Werth bestimmt werden, welchen das Wort durch den Sinn oder die Stellung erhält. Auf eine andre als die von mir mit der Zustimmung und freundschaftlichen Theilnahme des Tonsetzers selbst erwählte Art, würde der deutsche Text als Unterlage der Gesangstücke gar nicht singbar gewesen sein, oder da Betonung verlangt haben, wo die Musik Kürzen foderte, oder Fortschreitungen, wo bei ihr Ruhepunkte eintreten. – So viel über anscheinend rhythmische Vernachlässigung, die aber ihren nothwendigen Grund in der Suche selbst hat, und in der That keineswegs das, was sie scheint, | sondern vielmehr eine nicht ohne Fleiß und Einverständniß zu erreichende und hier wesentlich nothwendige Anschmiegung an die Tonschöpfung selbst ist.“

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Solveig Schreiter

Überlieferung

  • Textzeuge: Literaturblatt zur Rheinischen Flora. Blätter für Kunst, Leben, Wissen und Verkehr, Bd. 2, Heft 31 (10. September 1826), S. 109–110

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