Aufführungsbesprechung Weimar: darunter „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber, Frühjahr 1824

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Aus Weimar

(Beschluß.)

[…] Ich habe den allberühmten Freischütz 5 Mal hinter einander hier gehört und gesehen und bin seiner nicht überdrüßig geworden; wer wollte auch das? Moltke, Stromeier und die Eberwein haben mich entzückt*. Bei einigen Vorstellungen hatte eine junge Künstlerin, L. Müller, wegen Unpäßlichkeit der Eberwein, die Rolle der Agathe übernommen*; ihre angenehme Gestalt und dabei recht passendes, freilich der Eberwein nicht gleichkommendes Spiel (viel weniger aber der Gesang), machten sie in dieser Rolle erträglich. Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas! – Herr La Roche ist einige Male als Kaspar nach Stromeier mit Beifall aufgetreten*. Höchst charakteristisch stellte er den rauhen Bösewicht dar und zeichnete sich bersonders aus durch den Vortrag des Trinkliedes, und da, wo er, vom morschen Baume stürzend, sich verzweifelnd im Blute wälzt. Was die Decorationen betrifft, so mochte doch Agathens Zimmer im 2ten Akte nicht zur vollkommenen Zufriedenheit und in des Dichters Geiste ausgeführt seyn; die Wolfschlucht dagegen ist höchst effektvoll und ganz im Sinne des Dichters. Recht gut war zuletzt noch ein Chor tanzender Geister beigefügt. – Cherubini’s unübertrefflicher Wasserträger ist eine Lieblingsoper der Weimarer*, und mit Recht: denn einen Micheli, wie Stromeier, findet man in ganz Deutschland nicht! Er ist ein unerreichbarer Meister! Die bewundernswürdige Höhe und Tiefe, die Reinheit, Fülle, die bezaubernde Anmuth, des herrlichen Portaments der Stimme und auf der andern Seite sein schönes Spiel, sein wahrhaft künstlerisches Auffassen der Rolle machen ihn zum ersten Sänger und erheben ihn weit über jeden andern. Moltke’s schmelzender Tenor zeigte sich als Graf Armand in voller Kraft. – In der Müllerin von Paesiello bewährte sich wiederum alles Alles, was von Stromeier eben gesagt wurde*; seine herrliche Höhe und unerreichbare Tiefe in den Contratönen (seine Stimme umfasst 2 1/2 Octaven) war wahrhaft bewundernswürdig. – Auch Frau von Heygendorf entzückte als Röschen.

Welche Genüsse ich noch zu erwarten habe, läßt sich voraussehen, da ich Mozart’s Zauberflöte und Don Juan nun bald sehen und hören werde*. Bald ein Mehreres. Leben Sie wohl!

H. S.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Dubke, Esther

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 8, Nr. 102 (28. April 1824), S. 408

Textkonstitution

  • Agathenssic!

Einzelstellenerläuterung

  • „… die Eberwein haben mich entzückt“Laut Tagebuch der deutschen Bühnen fanden die vorhergehenden fünf Vorstellungen der Oper in Weimar am 30. August und 20.September 1823 sowie 14. Februar, 28. Februar und 6. März 1824 statt (am 20. September mit Klein statt Moltke als Max).
  • „… die Rolle der Agathe übernommen“Dem. L. Müller sang am 28. Februar und 6. März 1824 die Agathe.
  • „… nach Stromeier mit Beifall aufgetreten“Carl La Roche sang am 28. Februar und 6. März 1824 den Kaspar.
  • „… ist eine Lieblingsoper der Weimarer“Letzte vorhergehende Aufführung in Weimar am 13. März 1824.
  • „… von Stromeier eben gesagt wurde“Letzte vorhergehende Aufführung in Weimar am 24. März 1824; J. H. Strohmeyer sang den Pistofolus.
  • „… bald sehen und hören werde“Die nächsten Vorstellungen der Zauberflöte fanden am 10. und 19. April 1824, die des Don Giovanni erst am 26. Dezember 1824 und 2. Januar 1825 statt.

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