Aufführungsbesprechung Schwerin: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber am 23. Januar 1823 (EA)

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Am 23sten und 24sten dieses haben wir bei gefülltem Hause 2 Darstellungen des Freischützen gesehen. Es wären verlorne Worte, irgend etwas über Stoff und Fabel dieses vorzüglichen Stücks zu sagen, da der Text selbst in 2 Auflagen schon lange in aller Händen, und dabei in zahllosen Rezensionen und Theaterkritiken beurtheilt und bekrittelt ist. Seit seiner Erscheinung war der Freischütz das Losungswort auf allen Bühnen Deutschlands, jeder führt ihn im Munde, und wer ihn nicht gesehen, hat – nichts gesehen. Dahin hat sich das deutsche Publikum ausgesprochen; das lehren die zahlreichen, auf allen Bühnen wiederholten Aufführungen bei stets gefülltem Hause. Der Jägerchor und das Brautkranzlied erklingen überall; Bänkelsänger und Drehorgeln tragen für die weitere Verbreitung fortwährend eifrige Sorge; man modelt diese Favoritmelodie in zahllosen Variazionen zum Begleitspielen von Walzern und andern Tänzen, und in Sachsen verkauft man in allen Läden sogar Freischützentaback.

Nie ist wohl eine Oper mit solchem allgemeinen furore aufgenommen, als schiene sie das Höchste darzubieten, was je in diesem Fache geleistet worden. An den französischen Opern lobt man meist den Text, tadelt aber die Musik, wogegen der Text der italienischen Opern getadelt, die Musik aber bis zum Himmel erhoben wird. Im deutschen Freischützen scheint – wie man aus dem ungetheilten Beifall schließen muß – beides vereint zu seyn; und so ist es auch: die Musik hat gar keinen Tadel gefunden, und der Stoff ist – wenn auch von manchen hin und wieder, doch selten angefeindet – anziehend und zum Herzen sprechend; denn er ist deutsch, einer alten Volkssage entlehnt, und auf festem Volksglauben, der lange Zeit hindurch ohne Zweifel war, gegründet. Hier ist nichts Fades, alles voll Gehalt und Leben, nichts Lockeres und Leichtes, alles fest und engverkettet, nichts Läppisches, alles treu und wahr. So kann und muß ein Kunstwerk gefallen und gewür¦digt werden, dessen Ruf schnell und laut bis ins Ausland erschollen ist; Oehlenschläger machte es durch Uebertragung des Textes in Dänemark heimisch, und an einer Uebersetzung ins Englische wird gleichfalls gearbeitet.

Ueber die Aufführung läßt sich eben nichts sagen, als daß die Schauspieler das leisteten, was sie bei ihren Kräften und der bittern Kälte zu leisten vermochten. Die Verwandlungen hätten übrigens rascher und besser geleitet werden können. Das Orchester war durch Ludwigsluster Künstler unterstützt und die Ouvertüre ward bei der zweiten Darstellung auf allgemeinen Wunsch wiederholt.

Vielleicht ist diese Ouvertüre die gelungenste Seite des ganzen Meisterwerkes und so haben wir sie denn mit steigendem Interesse auch vorgestern im Kasinokonzerte zweimal gehört.

Die hiesigen Kasinokonzerte verdanken ihre hauptsächliche Unterstützung dem Verein von Künstlern und Dilettanten für Instrumentalmusik. Das gedachte Konzert zeichnete sich durch Wahl der auszuführenden Partien vor den bisherigen aus und ward auch in der Ausführung durch die Mitwirkung der Ludwigsluster Künstler gehoben.

Am Freitage wird ein Subskriptionsball im Kirchnerschen Saale statt finden, dem auch die allerhöchsten Herrschaften beiwohnen werden.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler

Überlieferung

  • Textzeuge: Freimüthiges Abendblatt, Jg. 5, Nr. 213 (31. Januar 1823), Sp. 76f.

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