Aufführungsbesprechung der Oper Euryanthe von Carl Maria von Weber in Kassel am 28. Juli 1824

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Cassel. Zur Geburtsfeyer Sr. Königl. Hoheit des Kurfürsten wurde zum erstenmale Euryanthe gegeben. Alles was beytragen konnte, um diese Oper der Feyer des Tages würdig in die Scene zu setzen, ist von Seiten der Direction geschehen. Die Dekorationen und Kostume waren neu und vortrefflich, und dass das active Personal beym Einstudiren dieses musikalischen Kolosses keine Mühe gescheut habe, bewies die wohlgelungene Darstellung der Oper. Demungeachtet fand sie im Allgemeinen nicht den erwarteten Beyfall, und viele wollen sogar die Tondichtung des Freyschützen höher stellen. In Beurtheilung des Sujets herrscht nur eine Meynung. – Unläugbar hat die Oper viel Vortreffliches und Grossartiges, welches nach wiederholten Aufführungen noch mehr erkannt werden wird. Hieher gehört: das Lied Adolars, das Duett zwischen Euryanthe und Eglantine (A moll[,] C und A# [= A dur] ¾), ein gleiches zwischen Eglantine und Lysiart, zwey dergleichen zwischen Euryanthe und Adolar, und vorzüglich die Chöre. Der gänzlich mangelnde Applaus bey der heutigen Aufführung der Oper konnte übrigens nicht geradehin als Beweis des Missfallens angenommen werden; denn es ist hier herkömmlich, dass bey Gelegenheit allerhöchster Geburtstagsfeyern alle Beyfallsbezeugungen unterbleiben. – Die Rollen waren folgendermaassen besetzt: König, Hr. Berthold. Um sein Talent als dramatischer Künstler geltend zu machen, war diese Partie zu unbedeutend. Adolar, Hr. Gerstäcker. Obgleich Hr. G. an einem Brustübel litt und daher nicht die volle Herrschaft über seine Stimme hatte, so gereichte ihm doch die Ausführung dieser Rolle zu vieler Ehre. Mit innigem Gefühl trug er das Lied vor, welches er auf Geheiss des Königs singt, und ausgezeichnet war er in dem Recitative mit Lysiart und bey den Worten: Ich bau’ auf Gott und meine Euryanthe. – Hrn. G.’s fortwährend kränklicher Zustand war leider Ursache, dass nicht nur eine Wiederholung der Oper unterbleiben musste, sondern dass wir auch auf längere Zeit diesen Künstler entbehren müssen, indem er zu seiner Wiederherstellung nach Ems abgereist ist. Möge er bald genesen und uns wieder mit seiner Gegenwart erfreuen! Die melodieenreiche Partie der Euryanthe wurde von Dem. Roland mit warmem Gefühl vor¦getragen. Lysiart, Hr. Hauser, war im Gesang und Spiel gleich vortrefflich. Eben so hat Dem. Schopf (Eglantine) die schwierige Aufgabe rühmlichst gelöst. Die Chöre wurden präcis und kräftig ausgeführt, und das Orchester hat abermals einen Beweis seiner Virtuosität abgelegt.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Bandur, Markus

Überlieferung

  • Textzeuge: Allgemeine Musikalische Zeitung, Jg. 26, Nr. 45 (4. November 1824), Sp. 731f.

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