Aufführungsbesprechung Breslau: „Oberon“ von Carl Maria von Weber (Dezember 1827)
Correspondenz-Nachrichten.
Aus Breslau.
Am Sylvestertage 1827.Mein letzter Bericht ging bis zu Ende Octobers. Ich bin nicht so thörig, zu glauben, daß die Leser durch mein ungewohntes Schweigen verloren haben sollten. Sie haben überdies durch einen extraordinairen Correspondenten erfahren, daß der Oberon auch hier zur Aufführung gekommen ist*. Was in jenem Berichte über die günstige Aufnahme der herrlichen Oper nach der dritten Vorstellung gesagt worden ist, kann ich nur jetzt, nachdem sie beinahe zwanzig Mal aufgeführt worden, wiederholen.
Es hat sich eine ungeschwächte Theilnahme an diesem Meisterwerke ausgesprochen. Die zahlreichen Besucher des Schauspielhauses theilen sich indeß in zwei Klassen; die eine ergötzt sich an Weber’s Tönen, und findet vorzugsweise die Ouverture köstlich; ¦ die andere zollt Hrn. Weywach lauten Tribut, dem Theatermaler nämlich, welcher die neuen Decorationen zu dieser Oper mit vielem Geschick angefertigt hat. Er wurde auch mit dem Theaterdirector, Hrn. Bierey, der das Mögliche geleistet hat, wiederholt gerufen.
Auch die Darsteller der Oper haben nach Kräften das ihrige gethan. Ich finde für gut, vorzugsweise zu nennen: Frau Hillebrand, als Rezia; Frau Mejo, als Fatime, und als Roschana Frau Haaß; so heißt seit ihrer Verehelichung Fräulein Klingemann*. Das männliche Personale ließ manches zu wünschen übrig.
Der Oberon – da ist freilich ein Anderer ganz anderer Ansicht; die Personage nämlich, welche die Theaterberichte in den Schlesischen Blättern mit einer Hand, statt des Namens, unterzeichnet, gerade so, wie es bei marktschreierischen Zeitungsinseraten mitunter der Fall ist. Wie mögen Sie es nur, mein Freund, mit dieser Hand verdorben haben? Sie hat geschrieben, „daß die Uebersetzung des Textes zum Oberon ganz ledern sey *); daß eine unbegreifliche Prosaik den Dichter und noch mehr den Uebersetzer befangen habe“ &c. Bei diesem Raisonnement drängt sich die Vermuthung auf, daß die Hand (warum zieht sie nicht, bevor sie schreibt, den Kopf zu Rath?) keinen Begriff von den Erfordernissen eines Operntextes habe. Dieselbe Hand schreibt, daß die Ouverture drei Mal „vollstimmig“ da Capo verlangt, und – risum teneatis! – Herr Bierey mehrere Male „vollständig“ hervorgerufen worden. Hat es Mr. Hand schon erlebt, daß ein „Hervorgerufener“ nur mit einem Theile seines Körpers erschienen sey? Etwa nur mit der Hand? Oder mit einem andern beliebigen Theile des Leibes? Was die Hand schreiben wollte, leuchtet uns ein; aber sie übe sich erst im Deutsch schreiben, ehe sie sich an die Kritik macht. –
Aber nicht allein in den „Schles. Blättern“ hat die Hand den Text zum Oberon mit kräftigem Griff angetastet; in den „Freikugeln“ steht ein Gedicht voll des crassesten Unsinns, welches die Schlesischen Blätter selbst lächerlich gemacht haben. Dieses Gedicht, gegen den Text des Oberon eifernd, ist mit dem Namen – – – Doch halt! Ich will mir die Nennung des berühmten Namens, mit einigen absonderlichen Notizen, bis zur Zeit aufsparen, wo Mr. Hand es sich vielleicht wieder beikommen läßt, auch mich, der ich ihm stets gern aus dem Wege gegangen bin, wieder betasten zu wollen. In der neuesten Nummer der Schles. Blätter zerzaust die Hand, auf eine klägliche Weise, dem hiesigen Correspondenten der „Berliner Schnellpost“ die Perücke. Warum? weiß ich nicht, denn ich pflege die Schnellpost nicht zu lesen. So viel aber ergiebt sich aus dem Zutappen der Hand, daß sie darüber erbost ist, daß die Schnellpost den hiesigen Schauspieler Stotz keinen guten Scherasmin nennt. Deßwegen schlägt die Hand gar jämmerlich auf den Correspondenten der Schnellpost ein, und meint nebenbei der helle Th. Hell (Sie sehen, die Hand muß doch wohl einen Kapf‡ und in diesem etwas Witz haben) besitze für die Abendzeitung gerade einen solchen Correspondenten. – Ei, warte, Patron! Kommst Du mir so, komm’ ich Dir so!
[…] Harding*
Apparat
Zusammenfassung
über die EA des „Oberon“ in Breslau
Entstehung
–
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Schreiter, Solveig
Überlieferung
-
Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 12, Nr. 8 (9. Januar 1828), S. 32