Rudolph Gubitz an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Berlin, Samstag, 27. Februar 1869

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Hochgeehrter Herr Direktor!

Anliegend sende ich Ihnen eine Abschrift der Notizen, die mir mein lieber Vater in Folge Ihres Schreibens vom 20 dM. über die darin angeregten Fragen gegeben hat, mit dem Wunsche, daß diese Notizen Ihren Zwecken entsprechen mögen.

Hochachtungsvoll
und

ergebenst
Gubitz |

[Anlage:] Sappho

ist ein „Melodrama“, Gedicht von mir, mit Musik nicht von Carl Maria v. Weber, sondern von Bernhard Anselm Weber. — Im hiesigen Opernhause ließ ich es zwei Mal darstellen* im Jahr 1816 bei dem Mancherlei, was ich zur Unterstützung des „Vaterländischen Vereins für hülfsbedürftige Krieger“ auf die Bühne brachte. Carl Maria v. Weber hatte das Werkchen componiren wollen, ich bekam aber nichts und mußte mir helfenT.

Bei Leipzig.x)

ist ein einaktiges Schauspiel von mir, gedruckt im vierzigsten Jahrgang meines „Jahrbuch deutscher Bühnenspiele.“* Carl Maria v. Weber componirte dazu Ouvertüre und Gesänge, ließ es zuerst am 19ten October 1815 in Prag (dort war er damals Musik-Director) aufführen*. Auch dies Schauspiel kam hier im Opernhause für den wohlthätigen Zweck zur Darstellung*. Die Partitur der Musik ist Eigenthum der Vereins-Buchhandlung* |

Im Jahre 1815 regte mich Carl Maria v. Weber an, ihm einen Opern-TextT zu schreiben, ich weigerte mich lange, er beredete mich aber ausdauernd, bis ich eine „Mährchen-Oper“ schrieb, betitelt „König Alfred“, diesen Stoff wählend, weil dabei Geschichte und Sage ineinander fließen. Die Vollendung dieses Versuchs hatte sich hingezogen bis zum Anfang des Jahres 1825, und ich besitze davon nur zwei Akte; der dritte Akt ging verloren, da ich Weber meine Handschrift schickte, um sein Urtheil zu erfahren, und nicht weiß, wo sie nach seinem Tode (1826) geblieben ist. Weber fand in meinem Gedicht viel Schwierigkeiten für den Tondichter, vor herrschend eiferte sein hartnäckiger Widerspruch gegen eine Ouvertüre mit Gesang, mir nothwendig für den Zweck meines Grundgedankens durch Chöre der Engländer und Normannen.Endlich trat | er einmal erhitzt und hastig in mein Arbeitsstübchen mit dem Zuruf: „Nichts geändert! wie sie ist hab’ ich nun die Ouvertüre im Kopf: sie muß zuerst heraus und gleich!“ —

Weiteres weiß ich darüber nicht — denn bald war er nicht mehr im Diesseits.

[Originale Fußnoten]

  • x) Zuerst benannt: „Lieb’ und Versöhnen.“

Apparat

Zusammenfassung

schickt J. Abschrift von Notizen, die F. W. Gubitz zu Sappho und Lieb und Versöhnen gemacht hat

Incipit

Anliegend sende ich Ihnen eine Abschrift der Notizen

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Weberiana Cl. X, Nr. 254

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl., 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)
    • Die Anlage ist eine Abschrift; am oberen Blattrand Bl. 1r von F.W. Jähns: „Dictat des Professors | F. W. Gubitz“; in der Mitte Bl. 3r: „empfangen d. 28. Febr. 69“

Textkonstitution

  • „19ten“sic!
  • regte„zeigte“ überschrieben mit „regte
  • f„sch“ überschrieben mit „f

Einzelstellenerläuterung

  • „… ich es zwei Mal darstellen“Aufführungen am 17. und 28. April 1816.
  • „… Jahrgang meines Jahrbuch deutscher Bühnenspiele.“Jg. 40 (1861), Berlin: Vereins-Buchhandlung, S. 293–314. Das Schauspiel war bereits 1816 in Separatdrucken (2 Auflagen) der Maurerschen Buchhandlung in Berlin publiziert worden.
  • „… war er damals Musik-Director) aufführen“Aufführungen am 18. und 20. Oktober 1815.
  • „… den wohlthätigen Zweck zur Darstellung“Aufführungen am 3. und 17. April 1816.
  • „… Musik ist Eigenthum der Vereins-Buchhandlung“Der Partitur-Erstdruck war 1837 im genannten Verlag erschienen.

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