Franz Weber an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
London, Sonntag, 15. März 1885
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Sie haben es mir doch hoffentlich nicht verdacht daß ich Ihnen auf Ihre letzten liebenswürdigen Zeilen nicht speziell geantwortet und gedankt habe? Dank freilich hatten Ihre gütigen Bemühungen in Sachen des Bach Monumentes erheischt und der war Ihnen, auch stillschweigend, sofort gewidmet und die schriftliche Kundgebung davon hatte sich wohl nur deshalb in die Länge gezogen weil gerade Ihr letzter Brief „ausführlichere Mittheilungen“ in baldige Aussicht stellte. Nun sind aber viele Monate vergangen (Sie waren damals gerade im Begriff eine Sommerreise anzutreten) und das Bedürfniß eines erneuten persönlichen Verkehrs mit Ihnen macht sich immer dringender bei mir geltend. Sie sind doch wohl, und bei der Hand? wennschon die Letztere, d. h. Die Rechte, vielleicht noch immer auf bleiernen Schwingen sich bewegen muß!? Wie steht’s mit dem Supplement Ihres „Weber“? Haben Sie keinen Auftrag mehr an Ihren Londoner famulus zu richten, der Ihnen so viel Anregung in Sachen Carl Maria’s verdankt, und dem Sie so viel Liebe und Verehrung durch Ihre schriftlichen Mittheilungen in derselben Angelegenheit abgewonnen haben? Nun ich hoffe ja, und bald; aber mehr noch ersehne ich die geplante Zusammenkunft in Eutin nächstes Jahr (das klingt schon viel weniger entfernt wie in meinem letzten Brief!) wann ich Sie, verehrter Freund, zu umarmen hoffe!
Die durch Sie speziell angeregten Studien in Betreff unsers lieben Weber’s Aufenthalt in London haben in mir die Idee erweckt zu einer Monographie „Carl Maria von Weber und sein Freischütz in London“ wofür ich mir manches interessante Resultat verspreche. In dem Material hierfür habe ich nur noch wenige Lücken auszufüllen; noch vor ganz kurzer Zeit ist es mir gelungen das Original-Manuscript der Bearbeitung für Covent Garden Theater in meinen Besitz zu bringen. Sie ist von Barham Livius verfasst, mit welchem Weber in brieflichem Verkehr stand behufs der Londoner Aufführung seines „Freischütz“; ist Ihnen von jenen Briefen Weber’s Etwas bekannt? Und wie denken Sie über mein geplantes Buch? Bitte sehr um aufrichtige Meinungsäußerung, sowie darüber ob ich in Deutschland einen Verleger dafür finden würde?* Hier in London wird es mir vermuthlich, mit meinen Verbindungen, nicht sehr schwer fallen eine englische Ausgabe zu veranstalten, aber ich möchte das opusculum zugleich in deutscher Sprache veröffentlichen. Es fragt sich also, in erster Reihe, ob genügendes Interesse für den Gegenstand in Deutschland vorhanden ist, was Sie viel besser beurtheilen können als ich. Bitte also nochmals um Ihren freundschaftlichen Rath, und vor Allem um Nachricht von Ihnen, wie Sie sich befinden und ob Sie mich nicht etwa ganz vergessen haben.
Ihr stets treu Ergebener F.Weber
Um mit unserm Carl Maria zu reden, „da brummt der Bär noch Etwas“ – freilich in diesem Fall kein Meyer beer, sondern nur der Londoner We„bär“, oder Wih-bär wie man in England den Namen ausspricht. – Ich erhielt vor einigen Tagen einen recht liebenswürdigen Brief von D r Langhans, dessen persönliche Bekanntschaft ich hier vor einigen Jahren gemacht habe, und dessen Verleger mir die bis jetzt erschienenen Hefte seiner Musikgeschichte (Fortsetzung von Ambros Werk) zur Rezension überschickt haben. Wie denken Sie über Langhans, und was ist seine Stellung, in musikalischer Hinsicht, in Berlin? Diese Anfrage ist natürlich ganz privater Natur, und hat mit meiner künftigen Beurtheilung seiner, wie mir scheint sehr verdienstvollen Arbeit, absolut nichts zu thun, was ich wohl überhaupt nicht erst zu versichern nöthig habe.
Apparat
Zusammenfassung
teilt ihm mit, dass er den Gedanken hegt, eine Monographie zu verfassen Carl Maria von Weber und sein Freischütz in London, er hat schon viel Material beisammen, erwarb kürzlich das Manuskript der Freischütz-Bearbeitung für Covent Garden, es stammt von Barham Livius, mit dem Weber in Briefwechsel stand. Fragt, ob er diese Briefe kenne und was er zu seinem Projekt meine
Incipit
„Sie haben es mir doch hoffentlich nicht verdacht“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
Einzelstellenerläuterung
-
„… einen Verleger dafür finden würde?“Das Projekt wurde nicht umgesetzt; vgl. auch die Briefe vom 11. November und 15. Dezember 1886.