Knud Lyne Rahbek to Friedrich Ludwig Schmidt in Hamburg
Bakkehaus bei Friedrichsby, Sunday, October 8, 1820

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Dem Herrn Schauspieldirektor Schmidt

in

Hamburg

durch Freundes Gefälligkeit

Ich benuzze das freundschaftliche Anerbieten des in jeder Rücksicht so schätzbaren Capellmeisters Weber um durch wenige Zeilen meinen Hamburger Freunden mein Andenken aufzufrischen, und manchen Zeilen an Sie, um Ihnen für das Vergnügen meinen Dank abzustatten, das mir ihr leichtsinniger Lügner bey der nämlichen Vorstellung, verwichenen Donnerstag, machte. In der That mein Freund! es ist ein schrödrisch feines, schrödrisch wizziges Lustspiel, und dürfte wohl unter den mir bekannten deutschen Schauspielen dieser Gattung seiner unglücklichen Ehe* am nächsten stehen. Die Vorstellung war sehr brav und gefiel sehr, obgleich die zweyte unstreitig noch weit besser gelingen wird, indem das Stück etwas zu geschwindt einstudirt, und obgleich sehr brav memorirt, doch in den Gedächtnissen noch nicht völlig […] war. Den Lügner machte Stoge, den Sie kennen, und es ist ohne Vergleich seine allerbeste Rolle, und meiner Ueberzeugung nach trefflich gegeben, unter andern, wo er sich zum Pasquille bekennt, und wo er seine Luftfahrt erzählt. Freilich mag es ihm nicht zuträglich seyn, daß Sie mir das Vergügen nicht schenken konnten, das Stück während meines diesjährigen Wallfahrt aufzuführen, denn unser trefflicher Lehne mag in dieser Rolle ein sehr gefärhlicher […] seyn. Auch Lieber Lohr war unter dem besten was ich je von ihm gesehen habe, und gefiel mir sehr. Von […] Polizei können sie sich eine Vorstellung machen, da Sie ihn als Schauspieler kennen, er spielte die Rolle con amore vielleicht – aber unter uns – bis jezt noch ein bischen zu viel con brio; was sich aber bey den fogenden Vorstellungen wohl legen wird. Er gefiel – wie fast immer – sehr. Auch die Weiber wurden sehr gut gegeben, die Florne durch Mad. Junck – Frau des Sängers, den Sie kennen – die ich unsrer Direction Reinhold nennen möchte, übrigens eine Lieblingszöglingen von mir aus der guten Zeit der damaligen dramatischen Schule, und die Johanna, durch eine Dem. Jurgensen, die sie ganz so giebt, wie ich mir sie von meiner Erbfreundin Unzer denken kann, mit dem tiefen Eindringen in den Geist des Ganzen, und jedes einzelnen Theiles, mit der geschmackvollen Schäzzung, des pro sine pro meno, daß diesen Rollen so wesentlich ist, um affektirt zu seyn, ohne fatal zu werden, was ich an den nordischen Gutsherren jener denkenden Künstlerin so sehr bewunderte. Allerliebst, und so wie sie unsre gute Fiala zu der Zeit, wo sie noch des beaux restes hatte, gegeben haben würde, gab die verständige seelengute, wackre Mad. Dohlen die Tante, und war in der That so, daß wenn man sich das dachte, was diese Frau vor wenigen Jahren hatte seyn müssen, man es gar nicht unwahrscheinlich finden konnte, daß Felip ehe er auf […] ging, in ihr hätte gesch seyn können. Am wenigsten gefiel mein braver Hass, als Gefangnenwärter ob er sich gleich alle Mühe gab, auch recht brav spielte; aber das comische ist nun einmal seine Sache nicht recht.

Sie sehen unterdessen, werther Freund! Daß wir uns wenigstens alle Mühe geben, dem Hamburger Schauspieldichter das zu vergelten, was Sie an den copenhagenern Gutes und Freundliches gethan haben; auch wird es uns lieb seyn, mehrere Lustspiele von Ihrer Hand zu sehen. Ihr Lorenz […] ist seit Jahren unbesezt und es ist die Rede davon, es diesen Winter wieder hervorzuziehen, besonders da Freund Rugge ein sehr braver Stark seyn wird.

Die gerechte und geschmackvolle Würdigung ihrer schätzbaren Aphorismen von einem so competenten Richter als unsres Schröders Meyer in den Pequailien hat mir viele Freude gemacht, und es ist mir äuserst angenehm gewesen mich so neben Ihnen genannt zu sehen. Sollte unser Meyer gegenwärtig in Hamburg seyn, bitte ich Sie ihn in meinem Namen herzlich zu grüßen, und für die besagte […] honorable freundlichst zu danken.

Ich schrieb vor einiger Zeit unsrem Lehne, um ihn zu bitten, mir Abschrift des weisenthurnschen lezten Werkes, und des Krugs von Gestern zu verschaffen. Vielleicht haben Sie die Güte, ihn daran zu erinnern, indem Sie ihn die Here Aphrodite Lebrun nicht zu vergessen nennen, meiner Frau und aller hiesigen Freunde herzlichen Grus überbringen.

Mit dem nehmlichen Grusse bin ich auch so frei Sie zu behelligen, für vor allem, an Hochwürdige und theure Grosmeisterin zu Rellingen, den mir mütterlich lieben, mütterlich verehrten Schröder*, und ihre ganze theure Familie, an ihren würdigen treflichen Herzfeld, von dem ich das gesehen habe, was ich zu sehen erwartete, meinen Klingsberg, der mir den schröderschen nur in einer andern schönern Hülle widergab, an ihre Kunstgenossen Kühn, Schwarz, Weis, Gley, […]. Prof. Zimmermann, dem ich in höchstens vierzehn Tagen schreiben werde, und wer sonst unter unsern Brüdern und Kunstfreunden sich unsrer freundschaftlich zu erinnern mag. Meine Frau, die eben von mir geht, trägt mir insbesondere auf, Ihnen und Herrn Herzfeld ins besondre Ihnen innigen Dank, für die vielen vergnügten Stunden, die sie ihrer zuvorkommenden Gatte verdankt ihren Dank zu wiederholen. Auch bittet Sie, so wie ich, unsre Hamburger Freunde wenn uns auch das Vergügen nicht werden sollte,

jene […] Lustfahrten Beitrag machen zu können, uns deswegen doch in freundschaftlichem Andenken zu erhalten.

Wenn unsre Freundin die Doctorin Unzer, von ihrer […] zurück ist, würde es freundschaftlich von ihr seyn, unserer auch einmal zu gedenken.

Mit unsrer Bühne, wo auch die Kasse mit der Schauspiellust […] sind bedeutende Veränderungen vorgefallen; so sind z. B. alle Benefizveranstaltungen – Conzerte ausgenommem – völlig abgesch[afft] und es ist mir so gar aufgetragen, Sie zu bitten, wenn fremde Künstler, besonders Tänzer, die in dieser Hofnung Kopenhagen zu besuchen dachten, auf dem Wege bey Ihnen vorsprechen, sie freundschaftlich zu warnen, daß gegewärtig bey uns für Sie schlechterdings nichts auszurichten sey.

Nun mein verehrter Kunstfreund und Bruder, leben Sie recht wohl, und gedenken Sie manchmal mit Freundschaft des Kunsthungers, den unser grosser Meister […] hatte ihres aufrichtigen Freundes und Verehrers
Rahbek

Editorial

Summary

übersendet durch C.M.v.Weber seinen Brief an Schmidt, in dem er ausführlich auf Schauspielaufführungen, Schauspieler und Theaterverhältnisse eingeht; (zu Weber sonst nichts)

Incipit

Ich benüzze das freundliche Anerbieten des in jeder Rücksicht so schäzbaren

Responsibilities

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Tradition

  • Text Source: Hamburg (D), Staats- und Universitätsbibliothek Carl von Ossietzky (D-Hs)
    Shelf mark: Nachlass Fr. L. Schmidt, Bl. 286–287

    Physical Description

    • 1 DBl. (4 b. S. einschl. Adr.)

Text Constitution

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  • “Polizei”uncertain transcription
  • “Schule”added above
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  • “gesch”uncertain transcription
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  • “für”crossed out
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Commentary

  • “… dieser Gattung seiner unglücklichen Ehe”Der Ring oder Die unglückliche Ehe durch Delikatesse, Lustspiel in 4 Akten von F. L. Schröder.
  • “… mütterlich lieben, mütterlich verehrten Schröder”Anna Christina Schröder, geb. Hart (1755–1829).

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