Friedrich Wilhelm Jähns vermutlich an Gustav Bock in Berlin
Berlin, Montag, 2. April 1860
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Context
Absolute Chronology
Preceding
- 1859-12-16: to Gleichen-Rußwurm
- 1860-03-29: from Ries
Following
- 1860-10-22: to Espagne
- 1860-04-11: from Gleichen-Rußwurm
Direct Context
Preceding
- 1858-05-11: to Bock
Following
Sehr geehrter Herr.
Wenn ich gestern bei Ihrer gütigen Anfrage wegen der beiden Solosängerinnen bei der Spohr-Feier* Ihnen möglicherweise keine ganz genügende Antwort gab, so wollen Sie es gütigst dem Momente zuschreiben, der sehr zerstreuend auf mich wirken mußte.
Aus diesem Grunde bitte ich also mir erlauben zu wollen, die Details über die Solosingenden nachträglich Ihnen hiemit geben zu dürfen, nicht etwa: damit Sie, sehr geehrter Herr, der einzelnen Sänger besonders erwähnen möchten, sondern nur, um Ihnen gegenüber festzustellen, welche von den Solosängern meine Schüler und wie weit sie dies waren, wenn Sie etwa dessen zu erwähnen die Güte haben wollten.
Die beiden Damen sind seit Jahren meine Schülerinnen*. Der Baß ist ein | junger, talentvoller Student, der eben promovirt. Ich habe ihm 6–8 Stunden gegeben, um ihn für die gestrige Leistung zu befähigen, da ich wohl musicalischen Sinn und eine gewisse Routine, aber durchaus unedle Aussprache und noch weniger Vortrag vorfand*. – Der Herr, dem die Parthie ursprünglich übertragen war, sagte mir Krankheitshalber ab, und so hat der gestrige Baßist für die schnelle Einstudirung, glaube ich, recht Hübsches geleistet. – Der Tenor war H: Schütz.
Verzeihen Sie diese weitläufige Auseinandersetzung, die ich Ihnen jedoch,
geehrter Herr, schuldig zu sein glaubte, der ich die Ehre habe zu sein Ew. Hochwohlgeboren
ganz ergebenster
F. W. Jähns.
B. 2.
Apr.
60.
Editorial
Summary
gibt vermutlich Gustav Bock Erläuterungen zu den Mitwirkenden bei dem Konzert anlässlich der Spohr-Feier; zwei der Sopranistinnen sind seit Jahren seine Schülerinnen, der Bassist ist eingesprungen, er hat ihm nur für dieses Konzert 6–8 Stunden im Hinblick auf den Vortrag gegeben
Incipit
“Wenn ich gestern bei Ihrer gütigen Anfrage wegen der beiden Solosängerinnen”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
Commentary
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“… bei der Spohr - Feier”Zu der vor Beginn der Osterwoche 1860 (vor 2. April) von Hubert Ries veranstalteten Matinée als „Gedächtnissfeier“ für L. Spohr unter Beteiligung des Jähns’schen Gesangvereins, der Ausschnitte aus Spohrs Die letzten Dinge aufführte, vgl. Neue Berliner Musikzeitung, Jg. 14, Nr. 15 (11. April 1860), S. 116. Der Autor dieses Berichts (der der Empfänger dieses Briefes sein dürfte), zeichnete mit „d. R.“, veantwortlicher Redakteur der Zeitung war Gustav Bock.
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“… sind seit Jahren meine Schülerinnen”Im genannten Bericht der Neuen Berliner Musikzeitung liest man (ebenfalls ohne Namensnennung), dass „die beiden wackern Solistinnen[,] Schülerinnen des Hrn. Musik-Director Jähns, rein und correct heraustraten“.
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“… und noch weniger Vortrag vorfand”Der Student ist im Bericht der Neuen Berliner Musikzeitung nicht genannt; der dort erwähnte Bassist August Ludwig Fricke (1829–1894), der eine Arie aus Zemire und Azor beisteuerte, war bereits seit 1856 Mitglied der Berliner Hofoper, ist also nicht der hier im Brief Gemeinte.