Johann Gabr. Seidl: An Carl Maria von Weber, nach Anhörung seiner “Euryanthe”

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An Carl Maria von Weber,
nach Anhörung seiner "Euryanthe."

Es zieht ein Engelpaar durch das Land, –Das reichet einem Manne die Hand,Der mit dem Paar’, wie in frommem Gebeth,Als Meister zugleich und als Schützling geht.An seiner Herzensseite der GeistBlickt heiteren Auges umher, und weis’t Hinab zur Fern’ in ein blühendes Thal,Urplötzlich gestaltet aus purpurnem Strahl’.D’raus schallet ein Leben, ein festlicher Chor,Bald heiter, bald sehnend, bald düster empor,Und rasch, wie der Sturm durch die Blumen der Au,Zuckt teuflischer Hohn durch’s idyllische Blau.Auch steht, in den Rahmen des Waldes gefaßt,Ein Schlößlein: d’rinn webt es in bräutlicher HastUnd Andacht erglühet und Lieb’ und Vertrau’nIn Schluchten umlauert von höllischem Grau’n.Und Morgens, der thauigen Lilie gleich,Erhebt sich das Bräutchen von Ahnung bleichUnd schlingt sich die Rosen der Unschuld um’s Haupt,Womit sie der Tücke den Stachel geraubt.Gott! welch’ ein Getümmel, welch’ himmlischer Klang,Welch’ schöner, entzückender, milder Gesang: Der Engel hört ihn, der Engel weintUnd drückt an den Busen den Meister und Freund!Doch der Geist, der des Meisters Rechte, die HandDer Kraft, umfaßt, zeigt, unverwandt,Mit ernstem Blick’ in das ferne Gefild,Wo aus ringenden Nebeln sich formet ein Bild.Da braust aus den Hallen des Königsdom’sEin Singen und Streiten, gewaltigen Strom’s:Die Frauen gilt es, die Blumen der Welt, –Die Liebe gebiethet und Jeder ist Held!Und lang hervor, voll Entsetzen und Graus,Schleicht finst’rer Verrath aus dem Leichenhaus’,Und schüttelt die Flügel und spritzet sein Gift,Und spannt den verderbenden Bogen und – trifft.Fortfliehet die Treue, verflucht und versucht,Dem Tode begegnend in jeglicher Schlucht;Ihr Schutzgeist aber, der hält sie im Arm’Und nährt sie mit Träumen und haltet sie warm.Ha! welch ein entsetzliches Donner-GerichtThut auf den allewigen Mund und spricht?!Zerstäubt ist die Höll’ – und aus himmlischem StrahlFlicht Treue nun Kronen für irdische Qual!Der Engel aber, der Solches gezeigtBlickt auf zum Meister und fühlt sich und schweigt!Kühn steht er, gleich der Erhabenheit, – Wie die Schöhnheit blüht ihm sein Bruder zur Seit’.Und lächelnd am Arme der beyden gehtDer Meister in schweigendem frommen Gebeth;Die Töne, die er den Saiten geraubt,Umglühen, als feurige Zungen, sein Haupt.Und der Feuerzungen gewaltiger GlanzGestaltet und schlingt sich zum Siegeskranz,Und das Land hat Freud’ und frohlocket dazu:"Der Meister, der Schützling, o Weber, bist – Du!"

Johann Gabr. Seidl.

Editorial

Summary

Gedicht für Carl Maria von Weber nach Anhörung der Euryanthe

Creation

Responsibilities

Übertragung
Solveig Schreiter

Tradition

  • Text Source: Allgemeine Theaterzeitung und Unterhaltungsblatt für Freunde der Kunst, Literatur und des geselligen Lebens, Jg. 16, Nr. 131 (1. November 1823), pp. 521

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