Vincent Weyrauch an Gustav Friedrich Wilhelm Großmann in Hannover
Meiningen, Donnerstag, 29. Oktober 1789
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1789.
Verehrungswerther Herr Großmann!
Meinen ersten hieraus datirten Brief werden Sie vermuthlich empfangen haben – So sehnlich ich paar Zeilen von Ihnen erwartet habe, so bin ich zu sehr von Ihrer Arbeit unterrichtet als daß ichs einem andern Punkte zuschreiben sollte – die Aktien des Herrn Webers und seines FamilienTheaters gehen sehr gut vor einen Anfang zu statten – nicht wenig hab’ ich zu deren Fortgang beigetragen – Bey Hofe hab’ ich mich sehr gut insinuirt, so daß Herzog niemand als mich um dies und jenes befragt, und das was Er haben will keinem wie mir aufträgt – freilich bin ich dadurch nur Lastträger und nichts und für nichts, doch Sie wissen wie gern ich arbeite – und der Himmel weiß daß ich hier alles gerne und mit Freuden | thäte, wenn ich nur absehen könnte, daß mein Eifer und Thätigkeit von Seiten der Familie anerkannt ich will nicht sagen belohnt würde – aber just im Gegentheil – der Vater, der mich mit dem Versprechen mir in Herbst seine Tochter zur Frau zu geben aus Cassel lokte, dem ich zu Gefallen andre Aussichten, worunter die wieder zu Ihnen zu kommen auch die vorzüglichste war – will – da Er ohne mich nunmehr fortzukommen denkt – und villeicht die wenige Gunst des Hofes von der ich noch keinmal satt war, für ihn für gefährlich hält, scheint‡ von seinem Versprechen nichts zu‡ wissen, ja was noch mehr – verlangt von seinem Kinde, das mich wirklich zu lieb hat um ihm gehorchen zu können – sie soll ja nicht so auf mich verseßen seyn indem ich ein stolzer, eigner und weis Gott was für Mensch wäre Nun – Was hab’ ich von solchen Gesinnungen solcher | undankbahren Menschen zu hoffen – und gesezt der Alte könnt’ nicht ohne mich fortkommen – thut seine Pflicht und giebt mir seine Tochter, was hab ich vor Zukunft im Cirkel solcher Familie zu hoffen? – Mein fester Entschluß ist daher abzugehen – haben Sie ein Pläzchen für mich so lassen Sies mir zukommen – verschlimmert hab’ ich mich nicht sowohl in Ansehung meiner Stimme wie auch sonstiger Theater-Qualitaeten und mein DienstEifer ist von der Art wie er bei wenig TheaterPrinzen zu finden ist – und bey Ihnen wird er nicht erkalten – Wollen Sie mir den dummen Streich vergessen daß mich der Teufel geplagt von Ihnen wegzugehen so nehmen Sie mich wieder – gebüßt hab’ ich dafür – und werde mich hüten je ein gleiches zu begehen. Liebt mich das Mädchen – so wird Sie mir mit der Zeit wo nicht gleich folgen und Sie bekommen an Ihr ein nützliches Subject – | wo nicht, auch gut – aber dann adje Liebe – oder vielmehr Thorheit auf ewig – zureden will ich Ihr nicht – so wie ich mir nicht zureden lassen werde von meinem Vorsaze abzugehen – Mitten 10bris könnt’ ich erscheinen – daß Sie mich mit ein paar Zeilen erfreuen werden zweiflich nicht – wie auch daß Sie mir ihren Rath – Meinung – und sonstige Hülfe auf allen Fall nicht versagen bin ich überzeugt – ob ich zwar ein Engagement an anderm Orte erhalten könnte – so hülfts mir nicht, wenn ich nicht zu dem Manne kommen kann – wo ichs mehrste Vertrauen habe, und dem ich gerne vergeßlich machen könnte daß ich in meinem Leben ein‡ der berühmteste Esel auf ganz Erdboden war als ich von Ihm gieng.
Leben Sie wohl empfehlen Sie mich der Mama Grossmann und Dlle Lotte – Ich bin wie immer
Ihrgehorsamer und dienstwilligster
Diener VWeyrauchmp
NB Geld hab’ ich nicht um die Reise zu unternehmen wärs im Sommer so wollt ich gerne zu Fuß wahlfarten – aber bis dahin ist kalt – folglich bitt ich auf die Weise etwas zu thun.
Editorial
Summary
berichtet von seinem beabsichtigten Weggang von Kassel und bietet seine Dienste Großmann an. Zum Hersbst hat F. A. von Weber Weyrauch versprochen, im seine Tochter zur Frau zu geben.
Incipit
“Meinen ersten hieraus datirten Brief werden Sie vermuthlich empfangen haben”
Responsibilities
- Übertragung
- Frank Ziegler