Chronik der Königl. Schaubühne zu Dresden vom 22. Januar 1817
Am 22. Januar. Vor einem kleinem aber aufmerksamen Kreis von Zuhörern wurde heute Guglielmi’s Oper: „la scelta dello sposo,“ aufgeführt, dies anmuthig leichte Scherzgewebe, durch welches immer hier und da ein leiser Anklang von Gefühl weht. Das reizende Spiel der Signora Sandrini machte diese Oper stets sehr angenehm, und doppelt werth bleibt sie uns hier, da wir diese treffliche Künstlerin zuerst in dieser Rolle sahen.
Unnachahmlich ist sie in der Scene des zweiten Aktes: „Come in mirarti, o caro“ und man weiß nicht ob man hier die Kunst der Sängerin oder die Gewandtheit und Grazie der Schauspielerin mehr rühmen soll. Mit feinem Takt weiß sie während des ganzen Stücks und stets die fröhliche Südländerin darzustellen, welche, indem sie der Thoren spottet, sich es nicht versagen kann, auch den wirklich Geliebten ein wenig zu necken, ohne je in den Ton herzloser Koketterie zu verfallen. Ihr Anzug war geschmackvoll gewählt. Signor Benelli sang besonders die liebliche Polonaise mit trefflichem Vortrag. Signor Sassaroli zeigte sich in der von ihm eingelegten Arie: „l’Argent fait tout“ als wahren Komiker. Es ist wohl der Beachtung werth wie sehr bei der Instrumentirung dieser Oper, vom Anfang bis zum Schluß, die Flöte vorherrscht. Aber sie ist hier nicht in dem Karakter genommen wo man sie an Wehmuth und üppiger Weichheit den persischen Liebesklagen der Nachtigall vergleichen kann, sondern in dem andern, ihr eben so eigenthümlichen Sinn, wo sie freudighell wie ein goldner Strahl, harmlos und heiter wie Lerchenton in reiner Morgenluft, zu uns spricht. Sehr passend zum Geist der ganzen Oper ist diese Wahl, da ohnstreitig bei jeder Oper die vorherrschenden Instrumente das eigentliche Kolorit des Werkes bestimmen.
Editorial
Summary
Aufführungsbericht Dresden: “La scelta dello sposo” von Pietro Alessandro Gugliemo am 22. Januar 1817
Creation
spätestens 31. Januar 1817
Responsibilities
- Übertragung
- Albrecht, Christoph
Tradition
-
Text Source: Abend-Zeitung, Jg. 1, Nr. 28 (1. Februar 1817), f 2v