Adolf von Henselt an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
St. Petersburg, Freitag, 28. Mai 1869
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Hochgeehrtester Herr!
Vorgestern habe ich das bewußte Manuscript an das Russische Gesan‡ Ministerium des Auswärtigen hier abgegeben, u. wird es gewiß bald durch einen Courrier befördert werden. Ebenso habe ich auch an Pocci geschrieben, von dem ich nicht bezweifle daß er Ihnen das 2te‡ Manuscript schicken wird. Was das erste betrifft, so ist es richtig das von Ihnen erfaßte /: wenn ich nicht irre so habe ich in dem Werke des Sohnes v. Weber über seinen Vater gelesen, daß diese Grabmusik zu Ehren einer Schauspielerin entstanden ist u. zwar andern Namens, daran ist aber nichts gelegen :/; das zweite aber scheint keinesfalls die von Ihnen angegebene Ouverture | zu Peter Schmoll noch zu „Lieb u. Versöhnen“ zu sein‡ wenigstens stimmen die von Ihnen angegebenen Takte in meinem Gedächtniß gar nicht mit der mir erinnerlichen Ouverture, die blos im Clavierauszug in Es Dur, mit einer kurzen Introduction, sehr viel fugirt, nicht schülermäßig aber doch sehr jugendlich zu seyn scheint u. ganz unverkennbar Weber. Motive bin ich aber nicht imn Stande anzugeben*.
Da ich nun ins Innere des Reichs geschickt werde, so wird meine Reise ins Ausland sehr verschoben, u. wer weiß ob ich Sie dann vorfinde in Berlin! Wie sehr leid wäre mir das! Leider weiß ich gar nichts Bestimmtes anzugeben, denn meine Reise ist sehr entfernt, nach dem Saratoff’schen Gouvernement u. ist nicht abzusehen wie lange ich dort werde aushalten müssen. Hoffen wir jedoch daß wir | uns sehen u. ich mir das Manuscript persönlich abholen werde, u. wenn nicht dann ist immer noch Zeit die dortige Russische Gesandtschaft dazu in Anspruch zu nehmen. Sollten Sie abwesend sein wenn ich einst ankomme, so lassen Sie mir gefälligst immer Auskünft[e] über Sich in der Schlesinger’schen M. Handlung finden. Pocci wird Ihnen wohl den Weg angeben, wie er wieder zu seinem Kleinod gelangen kann.
Nun empfangen Sie noch meinen Dank für die liebenswürdige Bereitwilligkeit mit der Sie in meine Anfrage wegen der jungen Sängerin eingehen, u. zugleich noch mal meine Entschuldigung daß ich es wagte, nach so kurzer nähern Bekanntschaft Sie mit dem Fürstin Galitzin zu behelligen, dessen Bekanntschaft Sie aber vielleicht schon einigermaßemn für ihn gestimmt haben mag. So hoff | ich denn immer doch die Freude zu haben, Sie diesen Sommer begrüßen wenn auch vielleicht nur ganz kurze Zeit.
Nochmals tausend Dank für Alles was Sie für Golitzin gethan. In treuester Hochschätzung verbleibe ich Ihr ganz gehorsamster Diener Ad Henselt
St Petersburg
den 28 Mai
1869.
Entschuldigen Sie gütigst meine Eile, ich komme ein mal so lange ich hier bin, nicht zur Ruhe.
Editorial
Summary
teilt mit, dass er sein Weber-Manuskript an das Aussenministerium zur Beförderung durch Kurier gegeben habe. Die von J. geschickten Incipits stimmen nicht mit der früher besessenen Ouvertüre in Es-Dur überein, hofft ihn irgendwann in Berlin zu sehen
Incipit
“Vorgestern habe ich das bewußte Manuscript”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
-
Text Source: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Shelf mark: Weberiana Cl. X, Nr. 286Physical Description
- 1 DBl. (4 b. S. o. Adr.)
Accompanying Material
- Pause (14,5 x 14 cm), bestehend aus der Überschrift und Tempoangaben zur Ludwigsburger Ouvertüre JV Anh. III, 83)