Chronik der Königl. Schaubühne zu Dresden vom 28. bis 30. September 1817
Am 28. September Das Wiedersehen, Schauspiel in 1 Akt, von Hollbein. Mit gewohnter Trefflichkeit der Darstellung der Marthe von Mad. Schirmer. Hierauf: Hedwig, die Banditenbraut, Schauspiel in 3 Akten, von Th. Körner. Herr Wilhelmi vom ständischen Theater zu Prag, gab darin den Rudolph als erste Gastrolle. Schon bei seinem ersten Auftreten befremdete das gewählte Costüm etwas, so richtig und ächt nationell es auch war, da das Stück an der österreichisch-italienischen Gränze spielt, und Hedwig ausdrücklich nach dem Willen des Dichters in der dortigen Landestracht gehen muß. Eben so in nationeller Haltung gab auch der fremde Künstler die ganze Rolle, heftig, rasch, halb unbesonnen in steter Lebendigkeit, stets vorkaum rückblickend, und nur in einzelnen Zuckungen von dem Erinnern an beßre Zeiten des Gemüths, oder der Hoffnung auf künftiges Vergeben bewegt, da wir bei dem wackern einheimischen Künstler, der vor ihm diesen Character darstellte, mehr finstres Denken, ernstschaurige Besonnenheit, und nur ein Gewaltsamfortgerissenwerden, nicht selbst Vorwärtsgehen erblickten. Aus dieser Hinsicht angesehen war sein Spiel ebenfalls wahr und ächt, obgleich weniger Beifall werbend, der ihm doch auch bei einigen gelungenen Stellen zu Theil ward.
Ein neuengagirtes Mitglied, Herr Ziegler gab den Julius mit Entfaltung mannichfacher guter Anlagen, bei den körperlichen Vorzügen einer edlen Gestalt und angenehmen Organs. Und so hätte er auch wohl verdient durch einigen Beifall ermuntert zu werden. Das Publicum war nun aber einmal an diesem Abende kalt, so daß es selbst das überaus treffliche Spiel von Mad. Hartwig als Hedwig, welches diesen Character in seiner innersten Tiefe aufgriff und mit der höchsten Lebendigkeit vor Augen stelle, nur sparsam belohnte, bis die mit ungemeiner Kraft gegebene Schlußscene doch gewaltsam Wärme einhauchte.
Am 29. September. Peter und Paul, und Zwei Worte.
Am 30. September. Die unglückliche Ehe durch Delicatesse, Lustspiel in 4 Akten, von Schröder. Die heutige Vorstellung war von der liberalen Direction dem würdigen Veteran Herrn Bösenberg, der an diesem Abende seine 50jährige theatralische Jubelfeier beging, zur Benefiz gegeben wor ¦ den, und das Publicum nahm zahlreich und freudig Antheil. Noch spielte er den Herrn von Holm mit großer Lebendigkeit und wahrhaft komischer Laune, und erfüllte so jeden Zuschauer mit der Hoffnung ihn ohnerachtet solchen langen Wirkens noch geraume Zeit als thätiges Mitglied dieses Künstlervereins zu sehn. Man rief ihn am Schlusse heraus und er dankte mit rührender Herzlichkeit und liebenswürdigem Frohsinn. Seit zwei und dreißig Jahren ist er bei der hiesigen Königl. Bühne. Nach der Vorstellung war ihm zu Ehren von der Direction und den sämmtlichen Mitgliedern, sowohl des deutschen Theaters als auch der italienischen Oper und einigen Individuen der musikal. Kapelle, ein heiteres Abendessen veranstaltet worden, wo zu einer trefflichen Composition des Herrn Kapellmeisters von Weber folgendes von Th. Hell zu dieser Feier gedichtete Lied vierstimmig gesungen ward.
Freunde! wohl an!Stimmet zur FeierFröhlich die Leier:Schalle Päan!Heitres Singen,Lasset erklingenDem Biedermann.Frühe schon sahEr bei ThalienKränze sich blühenImmerdar nah,Treue dem KomusFreundlichem MomusSchwur er allda.Und was er schwurHat er gehalten;Frohe GestaltenGab er uns nur.Wackre MimenMüssen ihn rühmen,Kunst und Natur.Sprich es nur ausHalbes JahrhundertDas ihn bewundert,Feire den Schmaus!Was er gegebenFröhlichem LebenSchöpft man nicht aus.Greis nennt ihr ihn?Seht nur ihn rüstigMunter und listigUnter Euch blühn.Wahrlich kein GläschenSo wie kein SpäschenWill er noch fliehn.Lange noch soMög er ins LebenKränze sich webenHeiter und froh,Jedes MinütchenThu ihm ein Gütchen,So oder so.Hebet das Glas!Aber erst füllt es:Bösenberg gilt esGlück ohne Maas!Und bis hinüberLänger und lieberFreude und Spas.Editorial
Summary
Aufführungsbericht Dresden: 28.-30.9.1817 (mit Erwähnung der 50jährigen Jubelfeier für Bösenberg)
Creation
vor 8. Oktober 1817
Tradition
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Text Source: Abend-Zeitung, Jg. 1, Nr. 241 (8. Oktober 1817), f 2v