Die Vermählungsfeste in Florenz vom 27. November 1817 (Teil 1 von 2)

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Auszug eines Schreibens aus Florenz.

vom 27. November 1817.

Den 15. November gegen 8 Uhr Abends kam die hochgefeierte Braut, die Erbgroßherzogin von Toscana, Prinzessin Maria Anna Carolina, von Bologna in Cassaggiolo an, einem Jagdschlosse des Großherzogs, von Florenz etwas mehr als Pillnitz von Dresden entfernt. Mochten wir doch die Wachfeuer, welche die Landleute längs dieser Straße hin, mit unzähligen Ausrufungen des Jubels zur Bewillkommnung der ersehnten Braut angezündet hatten, als wahre Hochzeitfackeln ansehen, ja als die sprechendsten Andeutungen hochauflodernder Begeisterung, die durch die herablassende Milde und Herzengewinnende Huld der schönen Braut auf der ganzen Reise durch Italiens blühenden Vorhof selbst auf unbedeutenden Poststationen und überall, wo sie auf Augenblicke verweilte, entzündet wurde. Wer schildert die Empfindungen der Wonne, mit welchen die holde Braut hier beim Aussteigen aus dem Reisewagen ihrem Bräutigam um den Hals fiel! Die ihr entgegengekommenen Florentinischen Herrschaften gingen an diesem Abend noch zurück, um am andern Morgen, dem 16., früh um 9 Uhr, sich auf die Villa des Marchese Capponi, Pietra genannt, zu verfügen. Dort erwartete der Großherzog in Begleitung des Bräutigams, des Erbgroßherzogs Leopold und der Erzherzogin Luise die Ankunft der Braut. Man genießt von dieser Villa eines entzückenden Blicks über die prächtige Blüthenstadt (Fiorenza), die so bedeutungsvoll die Lilie in ihrem Wappen hat. Die hochgespannte Erwartung der Braut von der schönen Stadt am Arno wurde durch die Aussicht, die sich ihr hier darbot, noch weit übertroffen. Dresdens freundliche Landschaften, idealisch verschönert, schienen ihr unter diesen mildern Himmelsstrich versetzt zu seyn. Herrliche Villen umringen die Stadt, die in einem Kranz von Olivenpflanzungen und Rebengewinden eingefaßt, unten mit ihren prächtigen Kuppeln und Pallästen im Morgenduft am lebendigen Fluß sich hingelagert hat. – Sechs Hofzüge vor sechs Wagen eingespannt, führten von da durch immer dichtere Reihen von jubelnden Zuschauern die erwartete Braut in die Hauptstadt. In dem einen Wagen saß der Großherzog nebst seinen zwei Kindern und der Braut. Ein Canonenschuß verkündete die Abfarth. Das herrliche Arnothal erglänzte in aller Pracht eines schönen, hellen, warmen Frühlingstages. Beim Einzug in die Stadt vermischte sich das Glockengeläute mit Freudenschüssen aus dem schweren Geschütz, verstärkt mit dem Jauchzen und Vivatrufen eines unzählbaren Volks auf den Straßen, welches von den dichterfüllten, mit festlichen Teppichen behangenen Balcons und Fenstern mit Jubeltönen beantwortet wurde. Der Zug ging gerade in die Servitenkirche dell’ Annunziata, an deren Portal, im mannigfach geschmückten Vorhof, der Erzbischoff nebst dem ganzen Clerus den Hof empfing. Seit Menschengedenken faßte dieser Tempel nicht so viel Andächtige. Am Hochaltare las der Erzbischoff die Messe vor dem berühmten Wunderbilde, welches al Fresco auf die Wand gemalt die Verkündigung vorstellt (Engel halfen dabei, nach dem frommen Glauben der Vorfahrer, dem in Ungewißheit über die himmlischen Gesichtszüge der Jungfrau entschlummernden Maler) und nur bei den festlichsten Gelegenheiten aufgedeckt wird. Der Einsegnung nach der Messe folgte der ambrosiani¦sche Lobgesang unter Canonendonner. Gedrängter noch waren die Haufen, als nun der Zug dem Großherzogl. Pallaste zufuhr. Sonnenschein war auf allen Gesichtern durch die Heiterkeit und Leutseligkeit der jeden Gruß erwiedernden Braut nach allen Seiten hin ausgegossen. An der großen Treppe des Pallasts wurde die Braut von 26 Hofdamen (sie sind, wie in Wien, verheirathet und haben bloß den Ehrendienst ohne Bezahlung) empfangen und in die großen Paradezimmer des ersten Stockwerks eingeführt. Dort, wo alles, was hier den Eintritt haben konnte, versammelt stand, gewann die Braut jedes Herz durch hohen Anstand und würdevolle Güte. Nun führte sie der Bräutigam in ihre, auf so lange, als die geräumigen prachtvollen neuen Wohnzimmer vollendet seyn werden, zubereitete Wohnung, in die sogenannte Meridiana, wo sie auf der einen Seite in der Mittagssonne die Gärten von Boboli überblickt, auf der andern einer reizenden Aussicht auf die Stadt genießt.

Sie wurde hier durch eine zierlich geordnete Ausstattung überrascht, die der Großherzog für sie hatte zubereiten lassen, worunter einige türkische Shawls und schöne Stickereien in Masse sich befanden. Gegen 1 Uhr begab sich die festlich gekleidete Braut in die Zimmer des Großherzogs. Hier war die Vorstellung der Minister von den auswärtigen Höfen und aller ausgezeichneten Fremden. Man rechnete in diesen festlichen Tagen überhaupt an 6000 Fremde in Florenz. Die Vornehmen, worunter viel Engländer, waren alle gegenwärtig. Unter ihnen befanden sich auch die Herren von Schönberg, von Tzschirski und von Könneritz, biedere Landsleute aus Sachsen, die später noch eine besondere Audienz erhielten. Es war große Mittagstafel zu 50 Gedecken und Abends Apartement mit Galla, wobei man 332 Cavaliers, 116 Damen zählte, unter ihnen auch die schon in Dresden gekannte Engländerin Bradschaw. Man bewundert hier nicht nur die Anmuth und Huld der schönen Braut, sondern auch die Fertigkeit, mit der sie ächt toskanisch sprach und die genaue Bekanntschaft mit den Familienverhältnissen der Einheimischen, die ihr so geläufig schienen, als wäre sie hier geboren. Ganz Florenz war an diesem Abende festlich beleuchtet.

Die folgenden drei Tage waren nicht weniger durch Festlichkeiten als durch Werke der Wohlthätigkeit aller Art bezeichnet. Die den Italienern so willkommene Maskenfreiheit war ertheilt. Die Gerichtshöfe blieben verschlossen. Alle Theater waren geöffnet. Den Armen jeder Pfarrei ließ der Großherzog Brot und Wein austheilen. Alle aus Wäsche und den ersten Unentbehrlichkeiten bestehenden Pfändern in den Leihhäusern wurden gelöset. Gelöset auch die Gefangenen um geringer Polizeiverbrechen willen, und Begnadigung allen von der Armee Entwichenen bis zu Ende Januars zugesichert. Am rührendsten vor allen war die Ausstattung von 320 armen Mädchen durch’s ganze Großherzogthum. So ward vielfach erfüllet, was ein sächsischer Dichter in seinem Weinberg an der Elbe vorausgesagt hatte. Am 17ten Abends wurde die Oper: Adelina, mit einem reizenden Ballet, im Theater gegeben, wo der erlauchten Erbgroßherzogin der laute Jubel entgegenrauschte, und wo sie durch die gewinnende Grazie, womit sie jede freiwillige Huldigung zu erwiedern wußte, auf’s neue alle Anwesende entzückte.

(Der Beschluß folgt.)

Editorial

Summary

Bericht über die Hochzeitsfeierlichkeiten Maria Anna Carolina von Sachsens in Florenz im Nov. 1817

Creation

vor 19. Dezember 1817

Tradition

  • Text Source: Abend-Zeitung, Jg. 1, Nr. 303 (19. Dezember 1817), f 2v

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