Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: 22. Februar bis 2. März 1818
Am 22. Febr. Erinnerung. Hr. Geyer gab den Seeger mir hoher Virtuosität und ward gerufen. Das Stück hatte durch zweckmäßige Verkürzungen am lebendigen Fortschreiten sehr gewonnen, und vielleicht wäre es gut gewesen, sogar die ganze weinerliche Rolle des Felding noch heraus zu streichen.
Am 24. Febr. Raoul der Blaubart.
Am 25. Febr. I Fuoruscisi.
Am 28. Febr. Il matrimonio segreto. (Die heimlich geschlossene Ehe.) Musik von Cimarosa. Ein alter gerngesehener Liebling des Publikums.
Am 1. März. Raoul der Blaubart.
Am 2. März. Die Verlegenheiten. Lustspiel in 3 Akten nach dem Französischen von Lembert. Hierauf:
Zum erstenmale Das Erndtefest. Schauspiel in 1 Akt vom Hofschauspieler Geyer. Ein angenehmes Charaktergemälde in recht fließenden Versen, anspruchlos gegeben und darum recht freundlich aufgenommen. Graf Werben war früher mit Theresen vermählt, der Stolz der Mutter trennte die Ehe in Abwesenheit des Grafen, und Therese entfloh mit der schönen Hoffnung unter ihrem Herzen. Werben konnte nie wieder etwas von ihr erfahren. Da kommt er als Gesandter in ein fremdes Land, begegnet einem 14jährigen Mädchen auf der Straße, in welchem er die Züge seiner Gattin wieder zu erkennen glaubt, und erfährt von ihr, daß sie die Tochter des Oekonomiebeamten Ehrenberg sey. Nicht anders kann er nun glauben, als daß seine vorige Gattin dieses neue Band geschlungen habe; aber die Liebe erwacht stärker als je, und er entschließt sich, Ehrenberg seine Gefühle zu entdecken, und ihn zu flehen, sich von der Gattin scheiden zu lassen, damit sie wieder die Seinige werde. Rosalie ist aber gar nicht Ehrenbergs Kind, sondern seine Gattin nahm in dessen Abwesenheit Theresen mit dieser Tochter auf, und als ihr eignes Kind starb, gab sie, um ihren Mann nicht zu be¦trüben, Rosalien für das verstorbene aus, die wahre Mutter als Freundin im Hause behaltend. Nach mancher, bald komischen bald ernsten Scene, welche dieses Mißverständnis giebt, lößt sich der Knoten durch das Geständniß von Ehrenbergs Frau, und da Graf Werben das Guth, auf welchem dieser lebt, ankauft, bleiben die beiden Familien vertraut zusammen. Alles dieses fällt an dem Tage des Erndtefestes vor, und die Feier desselben beschließt das Stück. Besonders ist dem Dichter die Rolle Rosaliens gelungen, und seine eigne Stieftochter, Rosalie Wagner, gab sie, als ersten Versuch auf der Bühne, mit gewinnender Kindlichkeit und anmuthigem Spiel. Wir können von dieser lieblichen Blüthe recht vieles Gute hoffen, und freuen uns besonders, daß sie von dem Mehlthau der Sentimentalität noch nicht angesteckt ist, sondern frei, heiter und unbefangen ihre Rolle gab. Dabei bleibe sie ja, und gehe auf dem Wege fort, bei dessen Betreten sie schon so liebe Hoffnungen gewährt, dann wird auch ihre Sprache etwas weniger schnell werden, und dem Zuhörer dadurch nicht manches Endwort entgehen. Die übrigen Rollen wurden mit Liebe und Fleiß durch die Herren Burmeister und Julius und Mad. Hartwig gegeben. Letztere gab ein treffliches Charaktergemälde, in dem Moment, wo sie sich putzt, weil sie den Besuch eines jungen Mannes erwartet, und dann verdrüßlich das Umschlagetuch ablegt und die Küchenschürze wieder vorbindet, als man ihr sagt, daß es ein alter sey. Das Publikum erkannte es auch vollkommen an. Hätte nicht der Dichter Theresen noch irgend eine Scene mit ihrer Tochter im Beginn des kleinen Stückes geben sollen? Sie wäre dadurch doch etwas interessanter geworden, da man jetzt, völlig unbekannt mit ihr, bis im letzten Auftritt, keinen rechten Antheil an ihr nehmen kann, und des Grafen Reden über sie, an theilnehmender Wärme bei dem Zuschauer verlieren. Möge Herr Geyer, den wir auch als braven Darsteller ehren, und als vorzüglichen Maler auszeichnen, in diesen kurzen Bemerkungen nur unsre anerkennende Achtung finden.
Editorial
Summary
Aufführungsbesprechung Dresden, Hoftheater: 22. Februar bis 2. März 1818 dabei besonders über “Das Erntefest” von Geyer.
Creation
–
Responsibilities
- Übertragung
- Albrecht, Christoph; Fukerider, Andreas
Tradition
-
Text Source: Abend-Zeitung, Jg. 2, Nr. 62 (14. März 1818), f 2v