Aufführungsbesprechung, Berlin: “Silvana” von Carl Maria von Weber am 10. Juli 1812
Nachrichten.
Berlin, d. 20sten Jul. Seit geraumer Zeit hat sich in der hiesigen musikal. Welt nichts Neues gezeigt, was eine Anzeige in Ihrer Zeit. verdient hätte. Dafür erwähne habe ich aber auch heute das Vergnügen, Ihnen eine neue Oper ankündigen zu können, die 100 andre Neuigkeiten unendlich übertrifft. Am 10ten d. ward zum erstenmal und seitdem noch einigemal mit steigendem Effect gegeben: Silvana, heroische Oper in 3 Acten, mit Tanz, von F. L. Hiemer, in Musik gesetzt von Carl Marie, Baron v. Weber. Der Inhalt der Oper ist einer der gewöhnlichen aus den Zeiten der Ritterwelt. Ein Graf Adelhart (Hr. Franz) hat eine Tochter, Silvana, (Mad. Maass, bis auf einige Worte am Ende des Stücks, stumm,) verloren, und steht im Begriff, seine ihm übrige Tochter, Mechthilde (Mad. Müller), an den Grafen Rudolf von Helfenstein, (Hr. Eunike) wider ihren Willen, da sie ihr Herz schon an Albert v. Cleeburg (Hr. Stümer) verschenkt hatte, zu vermählen, als Rudolf im nahen Walde Silvana findet und liebt. Gefahren der Geliebten durch ihren Vater, der sie nicht kennt, Preisaustheilung nach einem Turnier, und die Erkennungsscenen füllen den Rest. So lose und unbedeutend aber auch der Inhalt ist, so charakteristisch und originell ist die Musik, besonders durch die immer stark und tief eingreifende Instrumentalmusik: denn der Gesang lässt dann und wann einige Wünsche übrig. *) Einzelne Stücke nenne ich nicht: ich müsste fast alle nennen; auch wurden fast alle mit lautem Beyfall aufgenommen. Der treffliche Componist, der sich seit vorigem Winter noch | hier aufhält, auch durch meisterhafte Compositionen, die er der Liedertafel geschenkt, diesem schönen Kreis der Freunde edler Singkunst sich werth gemacht, und sonst in mancherley Concerten viele Beweise seiner Kunst in Composition und Ausführung gegeben hat – dirigirte selbst das zahlreiche, von Möser angeführte Orchester, und auch nur so konnte wol dies geniale Werk so gelingen, wie es gelang. – Auch der Tanz, die Spiegelscene und der sogenannte Fackeltanz, mit schöner, ausdruck[s]voller Musik, verschönerten die Darstellung, und lassen noch oft den Wunsch zurück, dass, durch sie auch für Nichtkenner belebt, die gelehrte, geistvolle Musik sich immer auf dem Repertorium erhalten möge.
In wenigen Tagen erwarten wir Mad. Milder-Hauptmann aus Wien, welche Iphigenia in Tauris und Aulis, Armide, Sargines, Emmeline etc. geben wird*.
[Original Footnotes]
- Anm. Wir werden in einigen Wochen ausführlich und gründlich ausgearbeitete Beurtheilungen dieses, auch uns sehr schätzbaren Werks einrücken*. d. Redact.
Editorial
Summary
Aufführungsbesprechung, Berlin (am 5. August 1812 erschienen): “Silvana” vom 10. Juli 1812
Creation
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Responsibilities
- Übertragung
- Dubke, Esther
Tradition
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Text Source: Allgemeine Musikalische Zeitung, Jg. 14, Nr. 32 (5. August 1812), col. 532–533
Commentary
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“… uns sehr schätzbaren Werks einrücken”Vgl. AmZ, Jg. 14, Nr. 535 (26. August 1812), Sp. 572–581. Der mit „X..“ gezeichnete Beitrag, datiert mit 16. Juli 1812, dürfte mit jener Rezension von Friedrich Wollank identisch sein, die Weber in seinem Brief an Rochlitz vom 14. Juli ankündigte.
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“… , Emmeline etc. geben wird”Anna Milder-Hauptmann debütierte in Berlin erst am 4. September 1812 in der Titelrolle der Iphigenie auf Tauris; vgl. u. a. die Besprechung in Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen, 1812, Nr. 108 (8. September).