“Händel in Hamburg” (Teil 2 von 2)

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Händel in Hamburg.

(Beschluß.)

So ist vermuthlich der wahre Hergang einer Geschichte, die zu jener Zeit ein Stadtgespräch wurde, und nachmals von Biographen zum Theil sehr entstellt worden ist. Schön ist es, daß Beide sich später ihre Uebereilung von Herzen verziehen, und bis zum Tode aufrichtige Freunde und Brüder in der Kunst geblieben sind. Noch in seinem spätern Alter setzte Mattheson, als Legationsrath, seinem damals schon verklärten Jugendfreund, durch eine Uebersetzung und Berichtigung einer von dessen englischen Lebensbeschreibungen, ein ehrenvolles Denkmahl mit dem Motto aus Milton:

Er kann der Harmonie verborgne Seele finden: was sie gefesselt hält, das muß vor ihm verschwinden*).

Am 8ten Januar 1705 brachte Händel die erste von ihm geschriebene Oper: Almira, auf die Hamburgische Bühne. Sie wurde mit großem Beifall aufgenommen. Einer seiner englischen Biographen behauptet sogar, daß sie ununterbrochen 30mal gegeben worden ist. Diese Behauptung mag wohl etwas übertrieben seyn, da wenigstens bereits am 25. Febr. Händel’s zweite Oper gegeben wurde, und in jener Zeit so wenig an Sonnabenden, Sonn- und Festtagen, als an Posttagen gespielt zu werden pflegte. Händel’s zweite Oper hieß Nero; bis zum Jahr 1708 folgten dieser nach Florindo und Daphne.

Der glänzende Zustand des Theaters und die sonstigen Annehmlichkeiten Hamburgs hatten schon um diese Zeit viele Fremde von Stande dahin gezogen, und es konnte nicht fehlen, daß sie die Bekanntschaft des jungen, geistreichen Komponisten suchten. Wie es nun Mattheson gelang, sich so sehr bei Herrn Wich, und später bei dessen Sohn in Gunst zu setzen, daß er ganz vom Theater Abschied nehmen und sich seiner Lieblingsneigung, als Erholung von seinen Legationsgeschäften, widmen konnte; so gewann Händel an dem Bruder des Großherzogs von Toskana, Johann Gaston di Medicis, der sich gerade in Hamburg aufhielt, einen hohen Beschützer. Der Prinz war ein großer Freund der Musik, und unterhielt sich gern über dieselbe, je weniger er davon verstand. Mehrmals beklagte er es, daß Händel mit den italienischen Tonkünstlerin nicht ¦ bekannt war, und zeigte ihm eine große Sammlung von neuen Musikalien, die er sich hatte aus Florenz kommen lassen. Händel gestand aber immer offenherzig, daß er in diesen Sachen nicht den Werth finden könne, den der Prinz ihnen beilege; er halte sie vielmehr für sehr mittelmäßig, und die Sänger und Sängerinnen, die sie genießbar machen könnten, für wahre Engel. Der Prinz schob das strenge Urtheil auf Händels verzeihliche Unbekanntschaft mit dem allein richtigen und besten italienischen Geschmack, und bot ihm, um diesen kennen zu lernen, an, ihn auf seiner Rückreise nach Italien zu begleiten.

So sehr nun auch dieser Vorschlag mit allen seinen Bemühungen seit einigen Jahren übereinstimmte, so wieß Händel ihn doch mit bescheidnen Entschuldigungen zurück, weil er durch ein solches Verhältniß abhängig zu werden fürchtete. Dieser edle, kühne Geist der Freiheit, der ihn von Jugend an leitete, sagt Hiller, verließ ihn niemals, auch nicht in den unglücklichsten Lagen seines Lebens.

Fünf Jahre war jetzt Händel in Hamburg gewesen; er hatte sich gegen die Pächter des Theaters nicht auf bestimmte Zeit für die Cembalisten-Stelle anheischig gemacht, und konnte diese daher verlassen, wenn es ihm gefiel. Es war ihm geglückt, ungeachtet er manche kleine Gabe seiner Mutter zufließen ließ, sich zweihundert Dukaten zu erübrigen. Mit diesem Sparpfennig entschloß er sich denn im Jahre 1708 in das Eldorado seiner Wünsche zu reisen, wo ihm die zu Hamburg gemachte Bekanntschaft des Prinzen von größtem Nutzen wurde und freien Zutritt im Pallaste des Großherzogs zu Florenz verschaffte.

Mehr weiß die Geschichte von Händels Aufenthalt in Hamburg nicht, als etwa noch den Umstand, daß er während desselben sehr viel Sonaten geschrieben, aber unvorsichtig aus den Händen gegeben hat, ohne sie jemals wieder zu Gesichte zu bekommen. Wo mögen diese hingerathen seyn?

d. W.

[Original Footnotes]

  • *) Untwisting all the Chains that tie
    The hidden Soul of Harmony
    .

Editorial

Creation

Responsibilities

Übertragung
Fukerider, Andreas

Tradition

  • Text Source: Abend-Zeitung, Jg. 3, Nr. 72 (25. März 1819), f 2r

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