Aufführungsbesprechung der Oper Euryanthe von Carl Maria von Weber in Wien, Kärntnertortheater, 25.–30. Oktober 1823 (Teil 3)

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Correspondenz.

(Fortsetzung.)

Um eine Probe von der Reimerei zu geben, führe ich erst die Cavatine von Euryanthe an:

„Glöcklein im Thale Rieseln im Bach, Säuseln in Lüften Schmelzendes Ach! Sterne in Wipfeln Aeugelnd durch Laub, Ach, und die Seele Der Sehnsucht Raub! &c.“

Eben so singt Adolar im zweiten Akte:

„Wehen mir Lüfte Ruh, Strömen mir Düfte zu Seliger Zeit? Füllst Du nach bangem Schmerz Wieder mein ganzes Herz Süssestes Leid? Liebe, wie lebst du neu, Hoffnung, wie webst du treu, Bilder der Lust? Glaube, wie wank’st du nicht, Herz, wie erbangst du nicht, In meiner Brust?“

Auf eben solche Weise singen Euryanthe und Adolar im Zweigesange:

„Hin nimm die Seele mein, Athme mein leben ein! Laß mich dein nur seyn, Ganz bin ich dein. Seufzer, wie Flammen weh’n, Selig um Lind’rung fleh’n, Laß mich in Lust und Weh’n An deiner Brust vergeh’n.“  ¦

An diesen Poesieproben wird es, wie wir glauben, genügen, und wir wollen daher weder einzelne Strophen der Art, welche im Ueberfluße vorkommen, noch einzelne Stellen, wie: „du Quelle mildiglich,“ oder: „liebsüsser Liebe Traum,“ noch mehrere andere anführen, sondern fragen, ob denn ein solcher Text nicht mit den meisten italienischen Libretti’s um den Preis der Schalheit und Unbedeutenheit buhle? Wir wundern uns daher keineswegs, wenn unsre Wiener sich in ihrer Natürlichkeit äussern: „Maria wirke ohne Kind keine Wunder“*). In dieser Volks-Aeusserung liegt eine eben so richtige Kritik des Operntextes, als eine Entschuldigung für den Musikdichter, der durch eine Veränderung im Gedichte des Schlußchors wohl seine Anerkennung der Schwäche des Gedichts aussprechen, aber ein fehlerhaftes Ganze[s] nicht zum bessern Werke umschaffen konnte. Die Darstellung der Oper, sowohl durch das Opern-Personal, als das Orchester dürfen übrigens als sehr gelungen gerühmt werden, und Dlle. Sontag, Mad. Grünbaum und Hr. Forti verdienen die Auszeichnung und den Beifall, den das Publikum ihnen gewährte. Dieses ist auch der Fall mit Hrn. Heitzinger (Adolar), welcher in Spiel und Gesang leistete, was in seinen Kräften lag, wenn er schon wegen seiner Stimme und Gesangkunst unter die großen Tenorsänger nicht gezählt werden kann. – Um zu keinem Mißverständniß Anlaß zu geben, und gegen einen geehrten und achtungswerthen großen Künstler, wie K. M. v. Weber, nicht ungerecht zu scheinen, resumiren wir unser Urtheil hinsichtlich der Euryanthe dahin: daß dieselbe zwar eine gute, die Regeln der dramatischen Dichtung erfüllende, von des Tonsetzers Kunst in der Instrumentation und von seiner Gabe, Massen zu gestalten und Contraste zu bilden, zeugende, sich durch viele besonders schöne Chöre auszeichnende, und manche einzelne Lichtfunken des Genies aussprechende Werk, hingegen keineswegs ein melodienreiches, durchaus geniales, klassisches Erzeugniß ist, wodurch die deutsche Opernbühne mit einem bleibenden Original- und Repertoire-Stücke bereichert wird. (Forts. f.)*

[Original Footnotes]

Editorial

Creation

Responsibilities

Übertragung
Bandur, Markus

Tradition

  • Text Source: Flora. Ein Unterhaltungs-Blatt, Jg. 1823, Nr. 181 (16. November), pp. 723

Text Constitution

  • “Werk”sic!

Commentary

  • deinrecte “ganz Du”.
  • “… Repertoire-Stücke bereichert wird. (Forts. f.)”In der Fortsetzung finden sich keine Äußerungen zu Euryanthe mehr.

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