Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater, Kantate “Kampf und Sieg” von C. M. von Weber, im Januar 1816

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Ständisches Theater zu Prag.

Im Jänner 1816.

Die Aufführung der von G. Wohlbrück gedichteten und von unserm verdienstvollen Operndirektor C. M. v. Weber komponirten Cantate: die Schlacht bey belle Aliance gewährte uns einen unvergeßlichen Genuß*.

Die Zuhörer waren durch die Deklamation des Gedichtes mit dessen Geiste bekannter geworden, und auf den rechten Standpunkt gestellt, um die Wirkun|gen der musikalischen Komposition desselben freyer in sich aufzunehmen. Ueber diese Komposition, durch welche, meiner Meinung nach, Hr. Carl Maria von Weber, ein bleibendes Denkmal seiner großen Kunst und seines tiefen Gemüthes angestellt hat, erlauben Sie mir einige Ausführlichkeit. Bringt sie es auch nicht dahin, Ihnen und Ihren Lesern einen klaren Begriff von der hohen Vortrefflichkeit dieses Werkes zu geben, so macht sie doch mindestens Ihr Publikum im voraus aufmerksam auf den Genuß, der ihm bey einer einstigen Aufführung desselben bevorsteht. – Die Komposition beginnt mit einer kurzen Introduktion, trübe, in D moll, abgerissen, stürmisch, klagend, in einzelnen Akzenten aufsehend, erhebt sich gegen das Ende zu hoher Kraft, und verschwindet wieder in unwilliges, verschlossenes – Grollen gleichsam, worauf der erste Chor, auch D moll, eintritt. Beruhigend spricht der Glaube dann (F dur) – dann das Terzett, mit obligaten Violoncellen (g dur) lassen ungemein gefällig. Nun leitet ein stürmisch eintretendes Viloncell, das immer langsamer und gesammelter kräftig wird, in den Kriegerchor (c dur) ein, der, mächtig und groß, mit den Worten schließt: die Hyder in den Staub gedrückt – in den Staub! NB. ohne Trompeten und Paucken, oder sonstige Instrumenten Ostentation. Jetzt hört man 2 dumpfe Pauckenwirbel aus dem Ton E, dann einen übermüthigen Marsch aus A dur im Piccoli, Oboi, Corni und Fagotti kreischend instrumentirt vorgetragen, dessen Rythmus vorher eine Trommel in 8 Takten an|giebt – die schwere Aufgabe in diesem Marsch des Feindes, das Gebeth der Krieger zu verweben, ist auf eine bewunderungswürdige, kunstvolle, aber schwer zu beschreibende Art gelöst. – Der Marsch verliert sich, und in einzelnen Signalen wären unheimliche Vorboten von etwas Unheilbringenden, bis endlich (D moll) die Schlacht hereinbricht, und bis zu einem gewissen Ersterben forttobt, wo dann die freye Melodie »ça ira« (D dur) mit Blasinstrumenten eintritt. Dazwischen erschütternd der Ausruf der Krieger »des Feindes Spott« nachdem das ganze Orchester das ça ira ergreift, und mit höllischem Jubel, in gemeiner Trompeter Freude, endet. – Pause – dann Hornsignale Es und B – dazu die Krieger, beynahe blos declamirend: »ha! welch ein Klang etc.« – – Singstimmen allein: »o Himmelslust im Todesdrang« dann endlich steigt mächtig (Es dur und zum erstenmal mit 3 Posaunen) die erneute Schlacht herein. – Kaum haben die Krieger die ersten 4 Verse: »der Kampf erneuet etc.[«] gesungen, so tritt schon das sich Sieger wähnende ça ira wieder herein, wird aber augenblicklich von dissonirend darauf einstürzenden Accorden des ganzen Orchesters erdrückt, bis es in immer kürzern Akzenten endlich ganz erliegt, und die Musik in seltsamen Weisen, die der Zuhörer nirgend festhalten kann, fort modulirt, und endlich in E dur (mit dem Schlag der zum erstenmal eintönenden türkischen Musik) das »Hurrah!« fürchterlich einbricht, nach den Versen: »setzt an den zersprengten flüchtigen Troß etc.« nochmals kommt und endlich alle Blasinstrumente, Posaunen | und Trompeten erhabene »God save the king« anstimmen, während das übrige Seiten-Orchester Trommel etc. Schlacht- und Fluchtgetümmel bezeichnet, und endlich erliegt. – So hat der Komponist sinnvoll und schön den Triumph der Treuverbündeten in Dank zum Himmel aufgelöst, und er steht erhaben und erhebend gegen die übermüthige Weise da, mit welcher der Feind seine Freude ausdrückte, wo er sich Sieger wähnte. In c dur, in feyerlich einfachen Accorden tritt nun der Glaube auf, in Recitativ, bis er mit den Worten schließt: »Preisen euch als der Jahrhunderte Glanz,« da nimmt der Diskant die Worte auf: »wo ewiger Friede ist,« der Tenor: »wo keine Thräne fließt,« der Baß: »sich jede Wunde schließt,« alle Drey: »dort in der Unsterblichkeit ewigen Hallen etc.« mit Rezitativschluß zu dreyen: »lohnt euch der Kranz.« Hierauf der volle Chor: »das Wort des Herrn ist Felsengrund,[«] unisono (f dur) – dann eine einfach edle Melodie, wo Klarinett und Fagott die 3 Sollostimmen auffassen: »wo auch nur zwey im Felsenbund etc.« – dann voll frischen Muthes (d moll) die Worte »die ihr des Unterdrückers Macht etc. bis Preiset Gottes Namen« als diskantrezitativ behandelt. Der volle Chor, ohne Instrumentale in eine Choral ähnliche Melodie beginnt nun mit den Worten: »Herr Gott dich loben wir,« die später Fugenthema wird, und stets mit dem ganzen Schluß verwebt ist – dann die Gesammtpracht des Orchesters in d dur, jubelnd aber ehrfurchtsvoll nochmals: »Herr Gott dich loben wir,« die übrigen Worte bethend behandelt, | mit schmeichelnder Violin Melodie begleitet, »gieb nnd erhalte den Frieden der Welt« von 4 Solostimmen vorgetragen. Endlich bricht die Fuge herein, vereint sich mit dem Gesang der 4 Solostimmen, und schließt in vollem jubelnden Dank. – Hier haben Sie eine schwache trockene Skizze des großen, der allgemeinsten Anerkennung würdigen Werkes, Ihr, jedes ächte Verdienstliebende Publikum, kennt den Meister, mit gewohnter Herrlichkeit wird die Münchner musikalische Akademie dies Werk im vollen Glanze darstellen, und Sie werden sagen: Das ist des Lobes werth! –

Editorial

Creation

Responsibilities

Übertragung
Charlene Jakob

Tradition

  • Text Source: Münchner Theater-Journal, Jg. 3, Nr. 1 (Januar 1816), pp. 11–15

    Commentary

    • “… gewährte uns einen unvergeßlichen Genuß”Die Aufführung fand am 22. Dezember 1815 im Redoutensaal in Prag statt.
    • Viloncellrecte “Violoncell”.
    • Sollostimmenrecte “Solostimmen”.
    • nndrecte “und”.

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