Aufführungsbesprechung zur Neueinstudierung des Freischütz in Nürnberg (26. April 1824)
Theater.
Nürnberg, am 27. April 1824. Der Freischütz – in all’ seiner Lieblichkeit und Furchtbarkeit – ist uns gestern wieder gezeigt worden. Fr. v. Trentinaglia hat ihn beschworen und sein Erscheinen äusserst würdig vorbereitet. Wie bei jedem neu gegebenen Stücke, war auch bei dem Freischütz – an Decorationen und Garderobe vieles Neue und Gute sichtbar*, z. B. eine schöne Mondbeleuchtung in Agathens Zimmer, und wenn auch schon früher das Arrangement für dies Stück gut war, so fand man ge|stern dasselbe doch wieder verbessert und ein Leben und Weben war auf der Bühne zu schauen, das dem Zuschauer wohlthat, hätte es nur nicht manchmal störend auf die Musik gewirkt und manche schöne Stelle verwischt. Recht gut war die Wolfsschlucht dargestellt, nur muß künftig beim Anfang des Finales etwas mehr Licht angebracht werden, das ja immer noch der Mond bewirken kann; schwache Augen konnten Max auf der Höhe nicht erkennen. Wirkungsreich war der natürliche Wasserfall. Trefflich beleuchtet schimmerten die Erscheinungen; aber das wüthende Heer, obwohl von größern Lärm begleitet, ¦ schien dem frühern nachzustehen. Dagegen machten sich unübertrefflich schön die letzten Veränderungen durch die verschiedenen Lichtfarben, welche theils durch die Glas-Oefen, theils durch künstlichen Dampf hervorgebracht wurden.
Diese schöne Scene näher zu schildern, kann dem geübten Auge nur erst gelingen, wenn er sie öfter gesehen hat und wenn die Maschinerie ruhiger geleitet wird, denn dies vermißte man gestern. Aber keine Schuld treffe deswegen die Leitenden; sie konnten wahrscheinlich vor dem Getöse auf der Bühne und vor dem Beifalls-Lärm kein Com|mando mehr hören. Sänger und Orchester erfüllten in den beiden ersten Acten meist ihre Pflicht; Max hatte seine große Arie nie besser gesungen, Caspar war brav, so auch Agathe, Annchen und Cuno. Aber der 3te Act war in vielen Stellen dem ersten nicht mehr ähnlich; sei es, daß die große Anstrengung Mattigkeit erzeugt hatte, oder sonstige Störung Schuld war. Das Hauptstück dieses Actes, der herrliche Jäger-Chor fiel ganz ordinär aus und besonders weh that die Unreinheit und Ungleichheit des Sänger-Chors, welchen das Orchester mit aller Sorgfalt nicht halten konnte. So etwas sollte bei einem so oft ¦ gegebenen Stücke nicht vorkommen; der gute Eindruck, den der Fleiß in den ersten Abtheilungen, der Aufwand zur Ausstattung des Ganzen, hervorbringen, wird dadurch geschwächt und manches ungerechte Urtheil über das Ganze gefällt. Einsender wünscht, daß die wiederholte Aufführung diesen Flecken verwischen möge und ist dann gewiß, daß noch viele Wiederholungen reines Vergnügen den Zuhörern, reichliche Einnahme der verdienten, rastlos thätigen Direction gewähren werden. – Nachschrift vom 28. Des Einsenders Wunsch ist in Erfüllung gegangen, die gestrige 2te Aufführung hat durchaus befriedigt.
Editorial
Creation
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Responsibilities
- Übertragung
- Ziegler, Frank
Tradition
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Text Source: Friedens- und Kriegs-Courier, Nr. 103 (29. April 1824), pp. 409–411
Commentary
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“… vieles Neue und Gute sichtbar”In der Anzeige zur Vorstellung im Friedens und Kriegs Kurier, 1824, Nr. 97 (22. April), S. 388 heißt es: „Die drei zu dieser Vorstellung neu gemalten Decorationen sind von den Herren Mühldorfer und Heimer, die Maschinerie zu dem lebendigen Wasserfall ist von Herrn Mühldorfer ausgeführt.“