Aufführungsbesprechung Wien, Theater an der Wien: “Preciosa” von Carl Maria von Weber im Juli 1824

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(Theater an der Wien.) […]

Preciosa und Maria Stuart waren die weitern Darstellungen der Mad. Jagemann. Preciöschen war ein starker Stein des Anstoßes; die Jahre dieser Pseudo-Zigeunerinn werden gleichsam nach Tag und Stunde hergezählt, und man sieht daraus, daß das liebe Mädchen kaum die Kinderschuhe ausgetreten hat. Eine Schauspielerinn, deren Alter sich für die Rolle der Sappho eignet, konnte das Kindliche in dem Gebilde dieses Naturtöchterchens unmöglich zur Anschaulichkeit bringen; bey allem Aufwand der Declamation, bey aller Kunst des Spieles war es immer, als ob uns Jemand zuriefe: „Nein, das ist nicht Preciosa! das kann nicht Preciosa seyn!“ Die eingelegten Gesangstücke (ein durch Mad. Kraus-Wranitzky beliebt gewordener Boleros, und die Schlußarie aus Rossini’s Cenerentola) machten, so beyfallswerth die Wahl dieser Musikstücke war, keinen andern Eindruck, als eine bitter-süße Erinnerung an eine reitzende Vergangenheit, von einem Seufzer begleitet, daß doch das Schöne nicht dauernd sey auf Erden! – Mad. Müller spielte die Zigeunermutter in Haltung und Ton vorzüglich; doch dürfte sie die Farben bisweilen etwas weniger stark auftragen; jene Stellen, die das Outrieren vertragen, würden dann um so wirksamer hervortreten. Hr. Rott* stellte als Zigeuner-Hauptmann ein kräftiges Bild eines Heros dieser heimatlosen Bande dar. Hr. Wille sollte einen sehr belieben Vorgänger ersetzen. Solche Aufgaben gehören unter die schwierigsten, die einem Schauspieler vorgelegt werden können; man muß Hrn. Wille nachsagen, daß er sich geschickt aus dieser kitzlichen Affaire zog, und die Lacher auf seine Seite brachte, welches bey einem so fratzenhaft hingestellten, der Nationalität des Spaniers dar nicht angemessenen Charakter genug ist.

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Editorial

Creation

Responsibilities

Übertragung
Aida Amiryan-Stein

Tradition

    Commentary

    • “… so wirksamer hervortreten. Hr. Rott”Moritz Rott (eigentlich Moritz Rosenberg, 1796–1867), seit 1821 am Theater an der Wien, ab 1832 am Berliner Hoftheater.

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