Nicolai von Wilm an Friedrich Wilhelm Jähns
St. Petersburg, Mittwoch, 20. April 1870
Hochgeehrter Herr!
Durch Herrn Henselt erst vor einigen Tagen in den Besitz Ihres werthen, für mich bestimmten Schreibens* gelangt, habe ich das Vergnügen, Ihnen folgendes darauf erwidern zu können:
Was erstlich die Spoliation des Weberschen Oberon-Autograph’s anbetrifft, so kann ich zu meinem aufrichtigen Bedauern nur bei den hierauf bezüglichen ersten Mittheilungen beharren, da ich Blatt für Blatt durchgesehen u. mich bei meinem ersten Besuch in‡ der Kaiserl: Bibliothek auf das Allerbestimmteste von dem Fehlen der betreff: Blätter des ungebundenen Manuskript’s überzeugt habe*.
Um hinsichtlich Ihrer zweiten Anfrage jedoch Ihnen eine gleich positive Antwort geben zu können, hinderte mich der Umstand, daß die Manuskripten-Säle wegen Umbauten im Innern des Gebäudes für unbestimmte Zeit augenblicklich geschloßen sind, und | ich mich daher beim besten Willen außer Stande sehe, Ihrem Anliegen willfahren zu können.
Sollte es auf privatim Wege noch möglich werden, einen Einblick in das besagte Manuskript thun zu können, (woran ich indessen, aufrichtig gesagt, zweifle) so werde ich nicht ermangeln, Ihnen das Resultat allsogleich zukommen zu lassen.
Mich Ihnen unbekannterweise bestens empfehlend, zeichne ich mit dem Wunsche eines erfreulichen Fortgangs Ihrer mühevollen Bestrebungen als Ihr hochachtungsvoll ergebener
Nikolajv.Wilm.
Professor am Kaiserl: ErziehungsHause.
Editorial
Summary
W. sieht sich derzeit zur Einsichtnahme in das Oberon-Autograph außer Stande, da die Manuskript-Abteilung auf längere Zeit wegen Umbauten geschlossen sei, er wolle die Sache aber im Auge behalten
Incipit
“Durch Herrn Henselt erst vor einigen Tagen in dem Besitz”
Responsibilities
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Tradition
Text Constitution
-
“in”added above
Commentary
-
“… werthen, für mich bestimmten Schreibens”Wilms hatte Jähns in dem am 5. Juni 1869 an A. von Henselt versandten Fragebogen mitgeteilt, dass in dem in Petersburg aufbewahrten Oberon-Autograph die Ouvertüre fehle. Jähns, der dieser Mitteilung misstraute, bat um nochmalige Autopsie.