Aufführungsbesprechung Kassel: “Der Freischütz” von Carl Maria von Weber im März 1822

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Kassel, am 24. März 1822.

Folgende drei Stücke waren, seit meinem vorigen Berichte, hier neu: der Kind, Weber’sche Freischütz, Castelli’s Waise aus Genf und, gestern Abend, der Schwätzer, nach Goldoni von Weidmann.

Der Freischütz ist bisher (seit dem 1. d. M.) dreimal, jedesmal bei ausgesetztem Abonnement, gegeben worden*. Auch hier hat dieses merkwürdige Werk, zumal die Musik, ausnehmend gefallen. Viel zu seinem Lobe sagen zu wollen, würde dem Tragen der Nachteulen nach Athen gleichen. Die Erscheinung einer so beschaffenen dichter- und tonkünstlerischen Arbeit, welche hier vorzüglich gut ausgestattet war (Herr Gerstäcker gab den Jäger Max, Mamsell Dieterich Agathe’n, Mamsell Canzi, der so hochschätzbare Gast, ihre junge Verwandte, sämmtlich mit Beifall – die Köre gingen vortrefflich, und auch an dem Bühnenprunke war Nichts zu tadeln) die Erscheinung einer solchen Arbeit, sage ich, ist für die deutsche Welt in mehrfachem Betrachte sehr bedeutend. Theils hilft sie dem ächten Musikgeschmacke gegen die leere Klingklangerei wieder empor; theils zeigt sie in einem redenden Beispiele, daß Deutschlands Künstler ihren uralten Tonkunstruhm bewahren; theils erweckt sie darum die schönsten Hoffnungen, weil der herrliche Tonsetzer und sein feinsinniger Dichter an demselben Orte leben, so daß man wohl hoffen darf, ihre nähere Verbindung werde noch manches Köstliche hervorbringen. Von großem Einflusse muß es fürwahr seyn, wenn Dichter und Tonsetzer sich mündlich berathen, und so einander schnell nachhelfen können. Gebe der Himmel seinen Seegen zu diesen Aussichten! – Daß nicht Einiges am Gedichte des Singspiels sich vielleicht besser wünschen ließ, mag ich freilich nicht behaupten, aber ich kenne noch keins, bei welchem nicht Gleiches der Fall wäre. Mir wurde der große Verlust des ursprünglichen Erzählers Apel wieder sehr lebhaft beim Freischützen.

Das Kind, das theurer Apel, Du gepflegt,das Du, so zarter Kind, zu Deinem Kind erhoben,das, reicher Weber, Du mit Zauberglanz umwoben,das Kind hat jedes Kind und jeden Greis bewegt.

Die Castelli’sche Waise machte durch ihren ersten Aufzug tiefen Eindruck. […]

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Kroneisler.

Editorial

Summary

“Der Freischütz” von Weber in Kassel nebst Gedicht

Creation

Responsibilities

Übertragung
Kühnau, Dana

Tradition

  • Text Source: Wegweiser im Gebiete der Künste und Wissenschaften (Beilage zur Abend-Zeitung), Jg. 6, Nr. 32 (20. April 1822), pp. 125–126

    Commentary

    • “… bei ausgesetztem Abonnement, gegeben worden”Die ersten drei Vorstellungen der Oper in Kassel fanden am 1., 3. und 21. März 1822 statt.

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