Aufführungsbesprechung Wien, Kärntnertor-Theater: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber am 3. November 1821

Zurück

Zeige Markierungen im Text

Correspondenz-Nachrichten.

Tagebuch aus Wien.

Der Hof selbst konnte und wollte wohl auch nicht solche Reducirungen machen, als die neue Pachtung vornehmen wird. […]

Am 3. Novbr., als am Vorabende des Namenfestes unsers geliebten Monarchen, wurde im Burgtheater Tasso mit einer theilweise neuen Besetzung, im Kärnthnerthortheater Weber’s herrlicher Freischütz zum erstenmale gegeben. – Das nenn’ ich eine Wahl! – Dank Dir, herrlicher Meister, daß Du mitten im Wirbel des Unsinns und der Gemeinheit uns einen Leuchtthurm aufstelltest, nach welchem auch selbst die Halbblinden die Augen wenden, Dank Dir, daß Du die deutsche Musik in einem Zeitpunkte, wo sie schon bei uns anfing zum Spotte der Kinder zu werden, wieder zu Ehren brachtest! Heil und Preis Dir, ritterlicher Kämpfer, daß Du die Hydra bezwangest und ihr, der hundertköpfigen, mindestens einen Kopf abschlugest! – Dich hingegen, Du lieblicher Dichter Kind! Dich muß ich bedauern, daß man gezwungen war, Dein Werk zu verstümmeln, ja unkennbar zu machen, wollte man anders die Musik retten. Du glaubst vielleicht, die Sage von dem Kugelgießen auf dem Kreuzwege wäre zu alt und zu allgemein bekannt, als daß ihr ein Hinderniß im Wege stehen könnte. – Mit nichten, lieber Freund! – Schießen – aus Gewehren schießen, darf man nicht, weil – weil es einen Knall giebt. – Da werden Bolzen in dem Baume gefunden, statt Kugeln gegossen, der Jäger schießt mit einer Armbrust, statt mit einer Büchse, und Dein Teufel ist vollends beim Teufel. Wir haben nichts von seiner Einwirkung ge¦sehen und Weber’s Paukenschläge, welche ihm auf allen seinen Tritten folgen, oder vielmehr diese bezeichnen sollen, waren unnütz, ursach- und wirkungslos. Allein auch ungeachtet dieser Aenderungen interessirte der Inhalt dennoch lebhaft. Weber’s Tongemälde will ich nicht zergliedern. Wollte ich Einzelnheiten hervorheben, so würden andere dadurch in den Schatten treten, und solches verdient keine Note in dieser Oper. Die Composition ist ein Ganzes, daher darf auch nur vom Ganzen die Rede seyn. Kraft und Lieblichkeit, Originalität und Genialität, Fülle und Einfachheit, Charakteristik und musikalische Malerei, Alles wirkt hier zusammen, um dieses Kunstwerk zu einem der bedeutendsten unserer Zeit zu erheben. – Schon bei der ersten Vorstellung, welche von der Seite der Aufführung noch einige Mängel darbot, wurde dieser Oper allgemeiner Beifall, aber vergrößern wird sich dieser sicher noch mit jeder Vorstellung, oder es müßte kein Fünkchen ächten Musiksinnes mehr in unsern Mauern zu finden seyn!

Apparat

Zusammenfassung

Aufführungsbesprechung Kärntnertortheater, Kaiserl. Königl. Hoftheater: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber am 3. November 1821

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Mo, Ran

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 6, Nr. 4 (4. Januar 1822), S. 16

        XML

        Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist,
        so bitten wir um eine kurze Nachricht an bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.