Aufführungsbesprechung Wien: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber 3. und 4. November 1821

Zurück

Zeige Markierungen im Text

Ueberzeugt, wie angenehm Ihnen meine Nachricht seyn muß, eile ich, Ihnen solche über die Aufführung des Freischützen,*) welcher ja in Ihrem ¦ schönen Dresden von dem trefflichen Kind und dem geist- und gemüthvollen Karl Maria von Weber geboren und erzogen ward, zu geben. Seit langer Zeit hat kein musikalisches Werk so allgemein angesprochen, so glänzende Aufnahme gefunden, so vollkommen befriedigt, als diese herrliche Oper, welche hier zuerst den 3. Novembr. aufgeführt ward. Es war dieses der Vorabend vor dem Namensfeste unserer Kaiserin. Das Haus war überfüllt, der Saal festlich erleuchtet. Schon hatte die Ouvertüre begonnen, als sie durch den Jubel der versammelten Menge unterbrochen wurde, welche den eintretenden gesammten Hof begrüßte, da sich überhaupt derselbe, wegen der Entfernung dieses Theaters von der Burg, in demselben nur selten einfindet. Als die Ruhe wieder eingetreten war, begann die Ouvertüre auf’s neue, das Publikum vergaß die sonst gewöhnliche Etikette, nach welcher, wenn der Hof mit Klatschen bewillkommt wurde, den Abend hindurch nicht mehr geklatscht ward, und noch waren die letzten Noten dieser genialen Simphonie nicht geendet, als ein Furore ausbrach, wie man ihn lange hier nicht gehört hat. So ging es nun durch die ganze Oper hindurch. Nicht eine Nummer blieb unbeklatscht und während der Musikstücke hörte man oft das stille Entzücken in leise „Bravo! O wie schön!“ u. s. w. ausbrechen. So stieg der Beifall mit jeder Scene und concentrirte sich am Schlusse zu der allgemeinsten, enthusiastischsten Anerkennung.

Die Oper ist nun bereits am 4. Nvbr. und gestern wiederholt worden, und diese Liebe für dieselbe hat sich dadurch nur noch mehr verbreiten, nur noch mehr anwachsen können. – Bei der dritten Vorstellung war das Haus, wo möglich, noch überfüllter, als bei der ersten, und Dlle. Schröder und Hr. Forti wurden mit stürmischem Beifalle gerufen.

Beide thun aber auch ihren Rollen, der Agathe und dem Kaspar, die vollkommenste Genüge. Erstere, die Tochter unserer berühmten Schauspielerin, eine reizende Blondine von 16 Jahren, verbindet mit einer herrlichen, wohlklingenden Stimme das innigste Gefühl im Vortrage und einen seltenen, von der Mutter theils ererbten, theils erlernten Grad von Schauspielkunst, und letzterer ist bereits als Sänger rühmlich bekannt, während er jetzt auch als Schauspieler immer mehr vorschreitet. – Den Max giebt der Tenor Rosner, dessen Stimme unter die angenehmsten und ausgebildetsten gehört. – Die anderen Parthieen wurden auch mit Liebe und Anstrengung durch Dlle. Demmer und die Herren Vogl, Weinmüller und Gottdank gegeben*. – Höchst brav gingen vor allen die Chöre, wobei 36 Männer- 24 Mädchen- und 12 Knabenstimmen mitwirkten.

Die Verpachtung unsers Operntheaters an den Italiäner Barbaja, ist nun entschieden und beginnt schon mit dem 1. December, und es soll eine italiänische Oper engagirt werden, wie sie eines Kaiserhofes würdig ist. – Möge nur die deutsche auch dabei sich auf der Höhe erhalten, welche sie jetzt zu erreichen im Begriff stand und wozu Meisterwerke, wie Webers Freischütz, sie wohl in ihren Mitgliedern selbst, als in der Gunst des Publikums, am allersichersten erheben können.

[Originale Fußnoten]

Apparat

Zusammenfassung

Correspondenz-Nachrichten: „Wien, am 7. Nov. 1821“, ungezeichnet

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 5, Nr. 274 (15. November 1821), Bl. 2v

    Einzelstellenerläuterung

    • „… , Weinmüller und Gottdank gegeben“Sie sangen (in Reihenfolge der Nennung) Ännchen, Ottokar (hier Ritter Hugo von Weidenhorst), Cuno bzw. Kilian.

      XML

      Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist,
      so bitten wir um eine kurze Nachricht an bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.