Benjamin Heinrich Gottlob Meyer an Gotthold Leberecht Sachse in Chemnitz
Dresden, Freitag, 20. Februar 1824

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Wohlgeborner Herr,
Hochgeehrtester Herr Doctor

Ew. Wohlgeboren wollen gütigst verzeihen, daß ich es wage diese Zeilen an Hochdieselben* zu richten, indem ich ganz gehorsamst bitte, das darin ausgedrükte Gesuch einer günstigen Aufnahme und möglichster geneigter Berüksichtigung zu würdigen.

Von einigen der dortigen guten Freunden ist mir die Nachricht zugekommen, daß der Stadtmusikus Maeke daselbst kürzlich mit Tode abgegangen, und dadurch die Stelle des ersten Stadtmusici erledigt worden ist. |

Zugleich höre ich aus guter Quelle, daß der Thürmer Zoelner daselbst zu Fastnachten seinen Posten aufgeben, und sich zu seinem Sohn, dem Stadtmusikus in Oschatz zurükziehen wird, wodurch also die zwey ersten Stellen der dortigen Stadtmusik erledigt würden.

Wenn nun, wie meine Freunde mir zugleich berichten, der sehr gesunkene Zustand der Musik es wünschenwerth macht, daß ein Mann nach Chemnitz berufen werde, der die Kenntniße und den Eifer besizt, die erforderlich sind, um selbiger wieder aufzuhelfen, und sie auf einen Punkt zu bringen, wie es sich für eine so ansehnliche, durch so viele vortrefliche Einrichtungen im Inn- und Auslande hochangesehenen Stadt als Chemnitz ziemt, so fühle ich den Beruf in mir, mich hiermit zu der vielleicht zu creirenden Stelle eines Musik-Directori geziemend zu melden, und erlaubte mir daher mich zuförderst an Ew. Wohlgeboren als Haupt der Stadt, und wie mir wohlbekannt, als Beförderer und Schützer der schönen Künste mit diesem meinem Gesuch vertrauungsvoll gehorsamst zu wenden.

Seit einer Reihe von Jahren habe ich die Ehre, dem Musik-Corps der Königℓ. Sächsℓ. Artillerie als Director vorzustehen, und der Ruf dieses von mir organisirten und geliebten Musik-Corps mag mir zu einiger Empfehlung dienen. Außerdem kann ich mich rücksichtlich meiner Kenntniße und Fähigkeiten | mit Zuversicht auf die Zeugniße des Königℓ. Sächsℓ. Kapellmeisters Carl Maria von Weber, so wie eines jeden Musik-Kenners von Dresden berufen; auch bin ich dem dortigen Kaufmann Kunstmann in jeder Hinsicht genau bekannt.

Längst war es mein sehnlicher Wunsch vom Militair abzugehen, und mich irgendwo als StadtMusikus fixiren zu können, daher ich die sich mir in Chemnitz darbietende Gelegenheit, diesem meinem Zweke mich zu nähern, eifrig ergreife.

Es ist mir indessen wohl bekannt, daß daselbst noch die alte Einrichtung, sechs Stadtmusici zu halten, besteht; Ew. Wohlgeboren gründlichen Einsichten aber kann es nicht entgehen, daß ich um die einfache Stelle eines Stadtmusici aus mehrern Gründen nicht anhalten kann, da ich ansonst mich gegen meine iezige Einnahme als Musik-Director im Nachtheil befinden, und auch einen Schritt zurük thun würde.

Dagegen mache ich mich verbindlich, daß, wenn durch Ew: Wohlgeboren entscheidende Fürsprache, mir die eben erwähnten zwey Stellen, mit den Emolumenten und Rechten, die sie bis iezt mit sich führten, und mit einer fixirten Besoldung, wie sie in ansehnlichen Städten Sachsens gestellt wird – und ohne welche, ein solider Stadt Musikus, der gute Leute gezogen hat, und selbige auch, um sie nicht so fort zu verlieren, nach ihren Leistungen bezahlen muß, nicht bestehen kann – oder wie die nur genannten Stellen durch Ew. Wohlgeboren | und Eines Hochweisen Raths Collegii Fürsorge verbeßert werden könnten, zu Theil, und mir die Function und Character eines Musik Directori huldreichst übertragen werden sollte, ich mit unermüdlichen Fleiß mich bestreben würde, für den künftigen Flor der Musik zu sorgen, und sie auf einen, der Stadt und der heutigen musikalischen Bildungsstufe würdigen Standpunkt zu bringen; wobey ich noch die gehorsamste Bitte hinzu füge, daß die übrigen, in Zukunft durch Abgang oder sonst erledigt werdenden Stellen, der übrigen Stadtmusici, nicht wieder besezt, und deren Emolumente und Deputate auf mich übergehen möchten.

In die Hände Ew: Wohlgeboren lege ich mein Ansuchen vertrauungsvoll nieder, und sehe einer meinen Wünschen und Hoffnungen entsprechenden günstigen Entscheidung zu seiner Zeit zuversichtlich entgegen.

Ich empfehle mich Ew. Wohlgeboren Schutz und Wohlwollen, und habe die Ehre stets mit tiefster Hochachtung zu seynEw. Wohlgenborengehorsamst ergebenster Diener.
Benjamin Heinrich Gottlob Meyer
Musik Director des Königℓ. Sächsℓ Artillerie Corps.

Apparat

Zusammenfassung

Bewerbungsschreiben auf die Stelle eines Musikdirektors in Chemnitz, Beifügung einer Befürwortung von C. M. von Weber

Incipit

Ew. Wohlgeboren wollen gütigst verzeihen, daß ich es wage

Überlieferung

  • Textzeuge: Chemnitz (D), Stadtarchiv Chemnitz (D-CHr), Bestand Rat der Stadt bis 1928
    Signatur: II, III, 68b, vol. IV, Bl. 269–270

    Quellenbeschreibung

    • 2 Bl. (4 b. S.)
    • am oberen Rand Bl. 1r von unbekannter Hand: „Einges. d. 24. Februar 1824.“

    Einzelstellenerläuterung

    • „… wage diese Zeilen an Hochdieselben“Die Formulierung „Hochdieselben“ (anstelle „Hochdenselben“) lässt auch denkbar erscheinen, das der Brief nicht an G. L. Sachse allein, sondern an beide Bürgermeister von Chemnitz (also auch an Friedrich August Wirth) gerichtet ist.

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