Aufführungsbesprechung Hannover: „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber im Juni 1822 (Teil 3 von 3)

Zurück

Zeige Markierungen im Text

Aus Hannover.

(Beschluß.)

Herr Strobe hat als Max diese Aufgabe unter die ausgezeichnetsten seiner Productionen gesetzt, und die Achtung und den Beifall des Publikums sich neu gemehrt. Das schöne Sangstück, bei dem er allein ist im dämmernden Walde, welches das farbige Wechselgefühl eines jugendlichen Gemüths so vollendet ausspricht, singt er so meisterhaft wie zart. Dem. Giovanna Campagnoli hebt als Agathe durch ihre seelenvollen Töne die so grandiosen Gesangstücke, welche ihr Dichter und Componist vorlegten; wäre ihr Spiel nur noch etwas mehr seelenvoll, nähme sie nur überall lebhaftern Antheil an dem, was sie berührt; das Wechselspiel zwischen ihr und dem Annchen, die ja Alles, was sie thut, nur ihretwegen thut, um sie zu trösten, zu beruhigen, zu erheitern, ist zu arm, zu farbelos und von zu vielen Pausen unterbrochen, und unser Annchen, Dem. Stenz, ist darum gezwungen, mehr mit dem Parquett zu verkehren, als recht ist, denn alle ihre Sachen, selbst das: „Kommt ein schlanker Bursch gegangen!“ singt sie für Agathe; wir nehmen die einzige Strophe: „Immer näher, lieben Leute!“ u. s. w. aus, wo ihr Muthwille das Lied ihres Hochzeittages, welches sie der Freundin malet, weiter ausdehnt. Dem. Stenz ist für dieses Annchen wie geschaffen, aber die Parthie ist vielmehr wie eigends für sie geschrieben. Wahr und frei und froh giebt sie das muntere Mädchen, und Alles, was sie zu singen hat, brachte ihr lärmenden Applaus. Man wollte tadeln, daß sie bei den Worten: „Tanz’ ich durch’s Leben hin!“ wirklich einige Tanzpas macht. Ein junges Mädchen, an Ball und Hochzeit denkend, macht auch wohl in ihrem Stübchen einmal einige Tanzsprünge, das sieht der Familienvater täglich unter seinen Töchterchen, und bei der öfteren Wiederholung dieser Worte im Gesange ist es der Schauspielerin gut anzurechnen, wenn sie mit der Bewegung dabei wechselt. Wir fanden keine Unnatur daran, und dazu tanzt Dem. Stenz überdem sehr niedlich. Der Jungfernchor, bei uns sehr nett costumirt, wird von Annchen angeführt und vorgesungen; das eignet sich wohl und ging nicht anders; die Brautjungfern könnten dabei, um ihn feierlicher zu machen, die Agathe in feierlicher Ronde umschreiten. Hr. Sedelmayr als Erbförster, Hr. Kaibel als Fürst, Hr. Spitzeder der Sohn* als Eremit und besonders Hr. Gehlhaar als Bastian thaten im kleinern Wirkungkreise das Mögliche, und man sah überall der Darstellung an, wie die Mitwirkenden ihren Werth fühlten, und mit Stolz Theilnehmer am Triumphe des Maria von Weber zu seyn sich mühten.

Wilh. Blumenhagen.

Apparat

Zusammenfassung

Ausführliche Besprechung der Hannoveraner Aufführung von Webers „Freischütz“

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Kühnau, Dana

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 6, Nr. 212 (4. September 1822), S. 848

Textkonstitution

  • „eigends“sic!
  • „costumirt“sic!

Einzelstellenerläuterung

  • „… , Hr. Spitzeder der Sohn“Am Hoftheater Hannover war Vater Spitzeder mit seinen Söhnen Carl und Ludwig engagiert.

    XML

    Wenn Ihnen auf dieser Seite ein Fehler oder eine Ungenauigkeit aufgefallen ist,
    so bitten wir um eine kurze Nachricht an bugs [@] weber-gesamtausgabe.de.