Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Dresden, Sonntag, 10. März 1833

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Dem Herrn Herrn Friedrich Wilhelm Jähns,

Wohlgeboren,

in Berlin.

Was haben Sie wohl von mir gedacht mein junger Freund, dass ich Ihren vom 25. Jan: noch nicht beantwortete? Haben Sie der undankbaren Frau nicht ein wenig gezürnt, die eine so lange Zeit vergehen lassen konnte, ohne Ihnen die innigen Gefühle des Dankes und der Theilnahme auszusprechen? Wüsten Sie es aber wie, seit dem neuen Jahre, sich in meinem Hause Krankheiten und Unannehmlichkeiten an einander reihten, wie die immer wiederkehrenden Nadelstiche des Lebens mich endlich so ganz geistesmüde machten, Sie werden es natürlich finden, dass ich gerade Ihren Brief unbeantwortet liess, weil ich wünschen musste Ihrer trüben Stimmung mit ruhiger Fassung entgegen zu treten. Dass Sie, trotz dem Schein der gegen mich war, doch nicht ermüdeten mir Freude zu machen, verdient meinen doppelten Dank. Möge Ihr gutes Herz darin Belohnung finden wenn ich Ihnen sage, dass seit Monaten Ihr freundliches Andenken mir die erste frohe Stunde bereitete.

Ich brauche Ihnen nicht erst zu versichern, dass ich den herzlichsten Antheil an dem Trauerfall nehme der Sie betroffen* — wer so wie ich, das Liebste verlohr, kann den Schmerz des guten Sohnes beim Dahinscheiden des geliebten Vaters ermessen. — Sie trösten zu wollen würde vergeblich sein; aber es liegt in der Zeit ein Balsam, der dem Schmerz seinen Stachel nimmt, und uns eine süsse Wehmuth zurück lässt, die das Herz, bez. dem Gedanken an das Verlohrene, nicht mehr schmerzhaft zusammen drängt, sondern nur den Wunsch erzeugt durch das Streben nach dem Guten, der Vereinigung mit den Geliebten würdig zu werden. Ihres guten Vaters Geist, sein Vorbild wird Sie durchs Leben leiten, und sein Segen mit Ihren redlichen Streben sein.

Sie wünschen etwas über die Fähigkeiten der Kinder in der Musik zu wissen? Leider hat mein guter stiller Max mit der äusseren Aehnlichkeit nicht des Vaters Talent geerbt. Nichts wird ihm so schwer und zu nichts hat er so wenig Lust als zur Musik. Er wünscht ein Maler zu werden, und zeigt auch dazu die besten Anlagen. Sein stilles tiefes Gemüth passt ganz zu diesen Beruf, und mich würde es freuen wenn er bey diesen Entschluss beharrte. Der kleine Alexander ist ein immer heiteres Wesen, dem alles leicht wird, und den die Menschen alle lieben. Er hat ausgezeichnetes Talent zur Musik, und sitzt am liebsten am Klavier, oder er schreibt Noten — Gar zu gerne mögte er schon etwas componieren, Stunden lang kann er sitzen, und Acorde und Töne zusammen suchen, die dann auch würklich schon nach etwas klingen, aber sein Lehrer* hält es noch zu früh, ihn ernstlich anzustrengen, und so mag das kleine Vögelchen auf seine Weise die Flügelchen versuchen.

Ihre Hand und Ihr Siegel kennen beide Knaben schon recht gut, und freuen sich immer, wenn ein Brief kommt. Alex meinte, „ja wenn ich das nur erst spielen könnte was er da schikt, da würde er sich freuen wenn er einmal her kommt; aber ich will schon recht fleissig sein, wenn nur erst die Finger ein wenig länger werden[]. Gewiss es würde uns allen eine rechte Freude sein, Sie einmal hier zu sehen, denn durch die freundliche Theilnahme, die Sie uns beweisen, durch Ihr liebevolles Andenken an unsern guten Vater, sind Sie uns allen recht lieb und werth geworden.

Halten Sie diess ja nicht für blosse Worte, oder Redeformen, wir meinen es recht ernstlich gut mit Ihnen, und werden uns immer freuen wenn wir gute Nachrichten von Ihnen hören. Erfreuen Sie recht bald damitIhre
Carolina v. Weber.

Heute nachmittag werde ich das Trio* hören. Bis jetzt war ich zu unwohl, und Musik greift mich zu sehr an.

Apparat

Zusammenfassung

kondoliert zum Tode von Jähns' Vater; antwortet auf seine Frage nach den musischen Fähigkeiten ihrer Kinder; sie sieht in Max eine äußere Ähnlichkeit mit dem Vater, aber er hat keine Musikbegabung, hingegen wünscht er, ein Maler zu werden, und zeigt auch Anlagen dazu; Alexander hingegen ist musikalisch, er sitzt gern am Klavier oder schreibt Noten; erneuert ihre Einladung an J.

Incipit

Was haben Sie wohl von mir gedacht mein junger Freund

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Frank Ziegler; Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Dresden (D), Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (D-Dl)
    Signatur: Mscr. Dresd. App. 2097, 3

    Quellenbeschreibung

    • masch. Übertragung nach dem verschollenen Original (Nr. 4 des Konvoluts)
    • 3 S.

    Einzelstellenerläuterung

    • „… Trauerfall nehme der Sie betroffen“Am 7. Januar 1833 war Jähns’ Vater Johann Christoph Jähns gestorben.
    • „… etwas klingen, aber sein Lehrer“Vermutlich F. W. Brauer, der Musiklehrer der Weber-Söhne, gemeint.
    • „… nachmittag werde ich das Trio“Vermutlich das Trio in A op. 10 von Jähns aus dem Jahr 1830, Erstdruck Berlin: Schlesinger, 1833 (VN: S. 1785).

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