Besprechung des Partiturerstdrucks von Webers Adagio und Rondo für Harmonichord und Orchester (WeV N.12), Leipzig: C. F. Peters, 1861

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Ein Gelegenheitsstück des berühmten Componisten, welches offenbar dem bekannten Akustiker Kaufmann zu Gefallen und im Interesse von dessen Harmonichord, entstanden ist. Auf der ersten Seite der Partitur findet sich die Notiz: München, den 31. Mai 1811. Das Instrument des Hrn. Kaufmann kennen wir nicht. Es muß sich von dem modernen Harmonium, wie es Alexandre in Paris, Trayser in Stuttgart u. A. verfertigen, wesentlich unterscheiden und durch kräftigen, einen größeren Raum ausfüllenden Ton befähigt sein, mit Erfolg als Concert-Instrument sich geltend zu machen. Es würde sonst ein Carl Maria v. Weber schwerlich Veranlassung genommen haben, ein Solo für dieses Instrument mit Orchesterbegleitung zu componiren. Der Reiz des Harmoniums als Salon- und Zimmerinstrument ist nicht zu bezweifeln, namentlich wenn dem Spieler ein Instrument mit mehreren Registern zur Disposition steht. Durch eine geschickte Mischung derselben lassen sich sehr reizende Klangwirkungen hervorrufen. Der Verfasser dieses Artikels, welcher Gelegenheit hatte, eine Alexandreorgel speciell kennen zu lernen, hat sich selbst angeregt gefühlt, für dieses Instrument eine Anzahl von Stücken zu schreiben, welche unter dem Titel „Album für das Harmonium“ bei B. Schott’s Söhnen in Mainz demnächst erscheinen werden. Im Concerte jedoch haben wir uns aus eigener Erfahrung über die Wirkung des Harmoniums – es war ein Instrument von 8 Registern – getäuscht gesehen. Offenbar also ist das Kaufmann’sche Instrument, für welches C. M. v. Weber die vorliegende Composition bestimmt hat, von größeren Diemensionen gewesen. Jedenfalls ist es interessant, dem großen Componisten auf einem bisher ganz unbekannten Gebiete zu begegnen, und die Verlagshandlung hat sich durch die Publication des Werkes das Verdienst erworben, für die Verehrer Weber’s eine eigenthümliche Reliquie an das Tageslicht gefördert zu haben. Die Composition enthält auf 40 Partiturseiten ein Adagio (F dur, 2/4) und ein leicht bewegtes Rondo (Allegretto, 6/8). Das Ganze macht den Eindruck einer von einem Meister leicht hingeworfenen Production. Sehr bedeutende Züge enthält das kleine Werk nicht, wol aber macht es einen freundlichen Eindruck und verleugnet die Weber’sche Melodienanmuth nicht und eine oft reizende Instrumentation, welche mit dem Harmonichord in geschickt angeordnete Wechselwirkung tritt. Das Adagio giebt dem Soloinstrument hauptsächlich Gelegenheit, seine harmonische Fülle und die schönen Wirkungen des An- und Abschwellens zu entwickeln, während das Rondo, ein heiteres Pastorale, auch in einem anmuthigen Figurenspiel brillirt, an dem sich, alternirend, einige Orchesterinstrumente betheiligen. Wir erwähnen besonders ein neckisches, bewegliches Oboesolo, welches zuerst in vollen Achtelaccorden von dem Harmonichord begleitet und dann später in einer andern Tonart von diesem imitirt wird, während Hörner und Fagotte die harmonische Ausfüllung übernehmen. Die Orchesterbegleitung besteht, außer dem Saitenquartett, aus 2 Flöten, Oboen, Fagotten, Hörnern, Trompeten und Pauken; aber die Verwendung dieser Instrumente geschieht mit großer Discretion, und das volle Tutti tritt nur dann ein, wenn dem Harmonichord eine Erholungspause zu Theil wird. Uebrigens ist die Principalstimme ohne alle Schwierigkeit auszuführen und mit Leichtigkeit vom Blatte zu spielen, sobald nur der Spieler mit dem Mechanismus der Winderzeugung [beim Harmonium] genügend vertraut ist. Die Partitur ist sehr schön und correct gestochen.

Markull.

Apparat

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Bandur, Markus

Überlieferung

  • Textzeuge: Neue Zeitschrift für Musik, Bd. 55, Nr. 26 (20. Dezember 1861), S. 228

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