Ernst von Houwald an Friedrich Ludwig Schmidt in Hamburg
Sellendorf, Montag, 16. April 1821

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Ew. Wohlgeboren haben mir durch Ihren lieben Brief eine gar große Freude gemacht. Haben Sie mir durch Ihre Zeilen wohlthun wollen, so ist Ihnen dies recht eigentlich gelungen, denn diese stillen schriftlichen Besuche sind mir viel mehr werth, als jede öffentliche Stimme, weil ich erstere nur als wahre Zeugen der Zuneigung aufnehme, die zu erringen mein höchster Wunsch ist, weil sie mein Lebensglück ausmacht. Nächstdem meinen herzlichen Dank für Ihren Rath. Ich arbeite jetzt auch fast nur an dramatischen Sachen, und fülle blos die Perioden des Ausruhens und Athemschöpfens mit kleineren, und am liebsten mit prosaischen Arbeiten aus. Man wird bei dieser Hausmannskost wieder einmal nüchtern, und das thut dem Geiste wohl und selbst der Gesundheit oft noth. Glauben Sie nicht, daß mir daran gelegen ist, kleine Dramen zu dichten, um schneller am Ende zu sein. Nein, ich muß das Bild nehmen, wie es sich mir darstellt, und darf nur einen passenden Rahmen darum ziehen. Verleiht mir der Himmel Gesundheit und Kraft, so vollende ich in diesem Jahre vielleicht noch mein großes Trauerspiel, mit dessen erstem Acte ich beinahe zu Stande bin.

Könnte ich doch einmal vor Ihrer Bühne stehen und Ihnen Allen die Hand drücken, die Sie es gut mit mir meinen! Ich würde gewiß in vieler Hinsicht reicher zurückkehren; aber so bin ich mit tausend unsichtbaren Fäden an meine Einsamkeit gefesselt und kann nur von hier aus Sie grüßen.

Was die Originalien über den Leuchtthurm* sagen, hab’ ich noch nicht gelesen, doch ehre ich jeden Tadel und suche Nutzen und Belehrung aus ihm zu ziehen. Zur Ostermesse wird der „Leuchtthurm“ auch im Druck erscheinen, und sicher wird Ihnen die Abänderung, durch welche die Leiche nicht mehr auf die Bühne hinein getragen zu werden braucht, sondern schon liegend gefunden wird, für die Darstellung lieb sein.

Besuchen Sie mich bald wieder, und erzählen Sie mir, wie Fluch und Segen*, von dem Sie mir schreiben daß es auf Ihrer Bühne in Vorbereitung sei, aufgenommen worden ist. Das Stück ist sehr einfach, vielleicht in gar zu großer eigener Rührung gedichtet, und ich bin daher bange.

Mit herzlicher Achtung und ErgebenheitHouwald.Herrn Herzfeld meine Empfehlung.

Apparat

Zusammenfassung

dankt für einen Brief Schmidts, der ihm sehr wertvoll sei; berichtet über derzeitige Arbeiten; betr. seinen „Leuchtturm“, der zur Ostermesse im Druck erscheinen werde; erwähnt Abänderung zwecks leichterer Darstellbarkeit auf der Bühne

Incipit

Ew. Wohlgeboren haben mir durch Ihren lieben Brief

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung in 2 Textzeugen

  • 1. Textzeuge: Verbleib unbekannt
  • 2. Textzeuge: Hermann Uhde (Hg.), Denkwürdigkeiten des Schauspielers, Schauspieldichters und Schauspieldirektors Friedrich Ludwig Schmidt, nach hinterlassenen Entwürfen, Bd. 2, Hamburg 1875, S. 172–173

    Einzelstellenerläuterung

    • „Leuchtthurm“Der Leuchtturm, Trauerspiel von Houwald, laut Uhde, Denkwürdigkeiten 1875, S. 171, EA 14. März 1821 in Hamburg, wurde vom Publikum ablehnend aufgenommen.
    • „Fluch und Segen“Das Stück Fluch und Segen von Houwald, EA in Hamburg laut Uhde, Denkwürdigkeiten, 1875, S. 173, am 4. April 1821, wurde dagegen ein Erfolg.

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