Friedrich Wilhelm Jähns an Friedrich Culemann in Hannover
Berlin, Samstag, 9. Mai 1868

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Hochgeehrter Herr Senator.

Seit fünf Jahren mit den Vorarbeiten zu einem kritischen, chronologisch-thematischen Cataloge der sämmtlichen Compositionen Carl Maria’s von Weber beschäftigt, bin ich seit Juli vor. Jahres so weit mit dieser Arbeit vorgeschritten, daß davon 200 Nummern (von im Ganzen 350) druckfertig vor mir liegen. Dies hindert nicht, alles mir etwa noch Zufließende in die Arbeit nachträglich zu verweben, und so ist mir denn eine Mittheilung des Herrn Professors Nohl in München wichtig geworden. Dieselbe sagt mir, daß Sie, hochgeehrter Herr, im Besitz eines Noten-Autographs von C. M. v. Weber sind, von dem Kenntniß nehmen zu dürfen, mir eben so nothwendig ist, als ich an Euer Hochwohlgeboren die gehorsamste Bitte dringend richten möchte, mir die Ansicht desselben nur auf einen Tag gütigst gestatten zu wollen, wonach dasselbe sofort mit dem wärmsten und verbindlichsten Danke in Ihre Hände zurückgelangen würde. Sollte eine Übersendung des Autographs nicht möglich sein, so würde ich um Gewährung einer genau ausgeführten Copie ganz gehorsamst bitten, deren Kosten ich umgehend dankbarst zurück erstatten würde.

Vor etwa 25 bis 30 Jahren sah ich hier das Autograph des Clavier-Auszuges der Oberon-Ouverture von Weber’s Hand auf einem Bogen Post-Format (Quart)*. Die Ouverture bildet den Anfang eines Briefes aus London an den hiesigen Verleger des Oberon, A. M. Schlesinger; der Brief bestand nur aus etlichen Zeilen am Schluß der Ouverture auf pag. 3, unten; auf der 4ten, der Außen-Seite befand sich die Adresse, so viel ich mich erinnere. Sollte Ihr Autograph vielleicht dieser Brief sein? In diesem Falle wäre mir der Anblick des Autographs von besonderer Wichtigkeit. Fast möchte ich glauben, daß Ihr Autograph mit jenem Briefe ein und dasselbe wäre*, denn H: Prof. Nohl schreibt mir: „Das Autograph ist ein interessantes Notenblatt mit kurzem Schreiben aus London[.] Wäre nun Ihr Autograph das oben von mir bezeichnete, so würde ich, wenn Sie mir dasselbe nicht zur Ansicht gewähren könnten, davon eine Copie nicht nöthig haben und nur um Abschrift der paar Schlußzeilen des Briefes ganz gehorsamst bitten. Eine Copie des Ganzen wäre mir nur von großem Werth, wenn es etwas anderes als obiger Clavier-Auszug der Oberon-Ouverture wäre. Sollten Euer Hochwohlgeboren vielleicht noch im Besitz anderer, als des von Hrn. Prof. Nohl bezeichneten, Autographen Weber’s sein, so würden sich auf diese dieselben oben geäußerten Wünsche und ergebensten Ersuchen ebenfalls beziehen.

Über meine Person würde hier die Schlesinger- wie Trautwein’sche Musikalienhandlung Auskunft geben, so wie der Director der hiesigen Singacademie Professor Grell, der königl: Capellmeister Taubert und Sr. Excellenz der Graf Bismarck-Bohlen*, Commandant unserer Stadt, ein früherer Gesang-Schüler von mir.

Jedenfalls richte ich die Bitte an Euer Hochwohlgeboren, verzeihen zu wollen, daß ich mir erlaubt, Ihnen beschwerlich zu fallen und zugleich den Ausdruck ausgezeichneter Hochschätzung entgegen zu nehmen von
Euer Hochwohlgeboren im Voraus dankbar verbundenem
F. W. Jähns. König. Musik-Director

Apparat

Zusammenfassung

bittet um Einsichtnahme des in Culemann's Besitz befindlichen Autographs des Klavierauszuges der Oberon-Ouverture, vermutlich auf einem Brief aus London und fragt an, ob er weitere Autographe Webers besitze

Incipit

Seit fünf Jahren mit den Vorarbeiten

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Hannover (D), Stadt-Archiv (D-HVsta), Autografensammlung
    Signatur: Nr. 2302

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (3 b. S. o. Adr.)

    Einzelstellenerläuterung

    • „… auf einem Bogen Post-Format (Quart)“Tatsächlich handelt es sich um die Kopie der Ouvertüre durch A. B. Fürstenau mit autographer Überschrift, heute D-B, Weberiana Cl. I, 33 (Beilage); der Briefteil ist abgeschnitten.
    • „… Briefe ein und dasselbe wäre“Culemann besaß ein anderes Blatt: Teile des Oberon-Klavierauszuges (Ende der Nr. 22) mit Schreiben Webers an K. T. Winkler vom 25. April 1826.
    • „… Sr. Excellenz der Graf Bismarck-Bohlen“Friedrich Alexander von Bismarck-Bohlen (1818–1894), ab 1864 Kommandant von Hannover, ab 1868 Kommandant von Berlin.

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