Carl Alvin (Stadttheater Bremen) an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin
Bremen, Montag, 30. Dezember 1878
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- 1878-11-12: an Jähns
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Verzeihen Sie, daß ich Ihren mir so werthen liebenswürdigen Brief noch nicht beantwortet habe, aber leider ist unser Director* schon seit 4 Wochen sehr leidend, so daß ich etwas mit Arbeit überbürdet es vergessen hatte.
Gern würde ich Ihnen den Band der Partitur senden, da sie (die Oper) jedoch auf dem Repertoir steht, so kann ich es jetzt schlechterdings nicht, jedoch steht sie Ihnen nach dem 1ten May zu Gebot.
Ihr mir übersandtes Partiturstück N° 1 stimmt genau mit der unsern, die Orchester Instrumentation ist in dem Quartet etwas abweichend, weßhalb ich Ihnen mit Blei die betreffenden Noten beigezeichnet habe*.
Auch fand ich noch einen andern Text im Finale III den ich Ihnen mit übersende, da derselbe auf die Fortlassung des Eremiten Bezug hat. Caspar singt |
Umsonst ich muß ihn glücklich sehn
anstatt. Ich sah den Klausner bei ihr stehn
und Ha muß ich dann von hier
Weh welche Schrecken drohen mir
Doch wohl, es sey, ich trotze dem Verderben
Dem Brautpaar Fluch – Fluch dir
anstatt Du Samiel schon hier
Sollte ich Ihnen in sonstiger Weise dienen können so bitte ich mich zu benachrichtigen, und stehe Ihnen gerne zu Diensten
Mich Ihnen bestens empfehlend
zeichne ich
hochachtungsvoll
C Alvin
Eine Verwechslung des Hugo mit Kuno ist in unserer Partitur undenkbar, sie müsste dann aus einer unleserlichen abgeschrieben sein, hier steht der Name Hugo klar und deutlich, doch ist, wie Sie aus dem Partiturstück ersehen werden jedenfalls Ottokar gemeint*.
Apparat
Zusammenfassung
gibt ihm Lesarten-Varianten zur Freischütz-Partitur, die er noch nicht schicken kann, da die Oper noch im Repertoire ist, Eremitenstelle ist nicht drin
Incipit
„Verzeihen Sie, daß ich Ihren mir so werthen liebenswürdigen Brief“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Frank Ziegler
Überlieferung
-
Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Signatur: Weberiana Cl. X, Nr. 729Quellenbeschreibung
- 1 DBl. (2 b. S. o. Adr.)
- am Briefkopf gestempelt: „an Jähns“
- von Jähns mit Bleistift Antwortvermerk vom 15. Januar 1879, außerdem Hinweis auf weiteren Brief vom 17. März 1879
Themenkommentare
Einzelstellenerläuterung
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„… aber leider ist unser Director“Emil Pohl.
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„… die betreffenden Noten beigezeichnet habe“Jähns hatte Alvin ein Partitur-Bruchstück mit einer abweichenden Variante des Freischütz-Finales zugeschickt, das er im Brief von J. Káldy vom 16. Dezember 1878 zugeschickt bekommen hatte (heute D-B, Weberiana Cl. IV B [Mappe XVII], Nr. 1349 K). Alvin bestätigte, dass jene Variante aus der Partitur des ungarischen Nationaltheaters in Pest, die eingelegt war, um die Figur des Eremiten zu tilgen, wobei Teile seiner Musik dem Ritter „Hugo“ (= Fürst Ottokar) zugewiesen wurden, so auch in der Bremer Partitur enthalten war (zum Text des Hugo vgl. Alvins Brief vom 5. November 1878). Mit „Quartet“ meinte Alvin die Streicherstimmen, allerdings ist die Instrumentierung nicht abweichend, Alvin hatte lediglich, wie seine Bleistiftnotizen in der angegebenen Quelle verdeutlichen, die musikalischen Kürzel in der Kopie fehlinterpretiert. Wann die von Alvin beschriebene Partitur nach Bremen gekommen war, bleibt unklar. Die von Weber nach Bremen gesandte Partitur kam 1825 mit dem zuvor in Bremen spielenden Theaterdirektor Pichler nach Detmold (heute D-DT, Mus n-245). Das erklärt auch, dass bei den ersten Bremer Aufführungen der Oper ein Eremit (kein „Hugo“) besetzt war: Herr Gladbach, Sohn.
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„… ersehen werden jedenfalls Ottokar gemeint“Dazu von Jähns in Bleistift ergänzt: „Bei der Hugo-Stelle weichen die Worte von dem Zweibrücker Textbuch ab. Danach konnte nur Kuno die Stelle im Zweibrücker Textbuche singen N.B auf Weber’s ursprüngl. Musik.“ Das angesprochene gedruckte Textbuch der Gesänge (also ohne Dialog), Zweibrücken: P. P. Hallanzy, o. J. (ca. 1830er/40er Jahre, nach handschr. Zusätzen vor 4. August 1844) befindet sich in D-B, Weberiana Cl. VI [Kasten 2], Nr. 10.