Albert Gottlieb Methfessel an Friedrich Kind in Dresden
Rudolstadt, Donnerstag, 6. Februar 1817

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Lieber, theurer Freund!

So eben komme ich von einem schönen, herzinnigen Genuße zurück, den ich Ihnen danke. Ich erhielt heute das 5te Bändchen der tonreichen Harfe*, u. habe mich durch ihre herrlichen Klänge wahrhaft erfrischt u. gestärkt gefunden. – Und in der That, ich wüßte seit langer Zeit mich keines Buches zu entsinnen, das so reiche Ausbeute für Geist u. Gemüth enthielte. Welch eine weiche Dichtung Ihre Madonna – , das schöne Bild dazu, wie würdig! Welch ein schön gedachtes Nachtstück die Belagerung von Leipzig! Vor allen aber der herrliche Liederkranz! Er hat mich fast berauscht, und schon tönen leise Klänge durch meine Seele, die sich den lieblichen Worten vermählen wollen. Bald sollen Sie davon einige Proben erhalten. – Wie schön muß sichs jetzt in Ihrem lieben Dresden wohnen, wo die Musen einen so würdigen, von der Freundschaft geheiligten Tempel haben! – Wahrhaft überraschend sind mir die so schnell sich entfaltenden Dichtergaben Kuhns, den ich sonst wohl auch kannte, der aber bey meiner | Anwesenheit in Dresden noch wenig von seinem schönen Talente Preis gab. – Erinnern Sie ihn doch an mein kleines Persönchen, und an die musikal. Stunden, die wir zusammen genoßen haben. Er wohnte, wenn er anders eine und dieselbe Person ist, in der Neustädter Allee. Mich dünkt, Mockwitz hatte mich bey ihm eingeführt –. Doch wenn er mich auch vergeßen hätte, sagen Sie ihm dennoch einen recht freundlich-herzlichen Gruß von mir. – Auch dem wackern Hell, dem ich bald etwas von unsrer gemeinschaftl. Arbeit schicken werde, von der ich beinahe das nonum prematur* anwenden kann, versichern Sie meine Liebe u. Hochachtung, so wie Ihrem ganzen schönen Dichterkreise.– Ihre Abendzeitung* wird hier mit großer Liebe und Freundlichkeit aufgenommen, und unterscheidet sich wahrhaft erfreulich von dem mancherlei aufschießenden literarischen Unkraute. –

Ich lebte in der nächst vergangnen Zeit und lebe eigentlich noch in einer Art innern Zwie|spalt mit mir selbst, welcher leider! der schlimmste genannt werden mag. Ich hatte näml. den Wunsch u. die gegründete Hoffnung, an Webers Stelle nach Prag zu kommen – eine unzeitige Weichheit von meiner Seite, u. mancherlei Abreden von Freunden ec. ließen mich diese Idee um so mehr aufgeben, als ich durch […] verspätete Antwort von Prag zweifelhaft gemacht wurde. Nun aber die gehoffte[n] Zusagen mancher Bedingung ankamen, u. ich mich selbst um ein Verhältniß gebracht hatte, das ich sonst als das Ziel meiner Wünsche ansah, reute mich meine Weichheit und Unentschloßenheit, u. noch jetzt vergleiche ich immer unwillkührl. meine jetzige, zwar ruhige und nicht unvortheilhafte, aber doch gewißermaßen geistig beschränkte Lage mit der ausgeschlagenen, die gewiß der Mühen viele, aber doch auch manche Anreizung für Geist und Kunst in ihrem Gefolge gehabt hätte. – Dieses ist nur zu Ihnen, als dem geachteten Freunde, gesprochen – u. ich wünsche, daß Sie nur dann Gebrauch davon machen, wo es ersprießl. für mich seyn könnte. – Nur haben Sie Geduld mit | [mei]ner Offenherzigkeit und Geschwätzigkeit.–

Eine wahre Herzensfreude werden Sie mir machen, wenn Sie mir bald mit einigen Zeilen die Fortdauer Ihrer Freundschaft versichern, u. mir kürzl. erzählen wollen, was sich im Kreise der Kunst u. Freundschaft Intereßantes u. Mittheilbares bewegt.

Den Ihrigen u. Hartknochs meine freundlichsten Grüße. – Von Letzterem würde ich ein Exempl. Ihrer neuaufgel. Gedichte, als ein theures Geschenk ansehen, da mir das früher gesch. Exempl. freventlich geraubt worden ist.

Leben Sie wohl, mein Freund, u. glauben Sie mir, daß es für mich wahres Bedürfniß war, Ihnen diese gutgemeinten u. herzlich empfundenen Zeilen zu senden. Vale! Fave!
AMethfeßel.

Apparat

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Prof. Dr. Götz Methfessel

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (D-B)
    Signatur: Mus. ep. A. G. Methfessel 9

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. (4 b. S.)

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Methfessel, Götz: „Die Beziehungen zwischen Carl Maria von Weber und Albert Methfessel“, in: Rudolstädter Heimathefte 18 (1972), H.3/4, S. 77–84

Textkonstitution

  • schießendengelöschter Text nicht lesbar
  • „nächst“über der Zeile hinzugefügt
  • „[…]“gelöschter Text nicht lesbar
  • „daß Sie“über der Zeile hinzugefügt

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