Carl Maria von Weber an Franz Joseph Fröhlich in Würzburg
Prag, Dienstag, 20. und Sonnabend, 24. Februar 1816

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Verehrter lieber Freund!

Ihr lieber Brief vom 2t Sept: 1815 hat mich nicht mehr in München getroffen sondern ich erhielt ihn hier d: 20t Sept: Die Last einer für mich aufbewahrten GeschäftsMaße raubte mir Anfangs die Muße Ihnen bald wieder Ihre herzlichen mir so werthen Gesinnungen und Freundschaft zurükgeben zu können. dann kam die Composition meiner Cantate und manches andere dazwischen.      der freundliche Antheil den Sie an meinen Werken überhaupt so thätig, und mit fein und warm fühlender Einsicht nehmen, macht daß ich mich nicht scheue diesen Brief mit dem Text* meiner Cantate und meiner Ansicht bey deren Composition, zu beschweren.      Vielleicht führt mich das Schiksal bald einmal zu Ihnen und dann sollen Sie auch Hören. was schwerlich früher geschehen kann, da ich die Partitur nicht stechen laße, sondern nur an mehrere Fürsten sende.      die Musikalische Z: bringt mir Ihren Namen oft und stets achtungswerth vor Augen. haben Sie herzlichen Dank für das was Sie über meine kleinen Sonaten gesagt haben.      So verstanden und gefühlt zu werden ist ein freudiger schöner Lohn.      Recht begierig bin ich auf Ihre Anzeige meines Quartetts, und empfehle Ihnen zugleich die Kindleins die bey Schleßinger in Berlin von mir erscheinen*. der beynah alles von mir jezt verlegt.      Um die Mittheilung der Abhandlung über den Geist Voglers bitte ich recht sehr*. so wie um alle Notizen die Sie mir in Beziehung auf Ihn vielleicht verschaffen können. Zugleich wünsche ich daß Sie mir zuweilen KunstNachrichten von Ihrem Wirken und Treiben geben, um es durch die hiesigen Blätter auch in den Östereichischen Staaten bekannt zu machen.      Ich habe seit einiger Zeit ein eigenes gewagtes Unternehmen begonnen, durch das ich auf Geist und Geschmak des hiesigen Publikums zu wirken sucheT.      auch davon lege ich Ihnen das erste Blatt bey. damit Sie wenigstens sehen daß mein Eifer für das Gute mit gleicher Liebe und Thätigkeit wirkt.

Zu Ihrer dramatischen Arbeit wünsche ich von Herzen alles Glük und Segen, was auch nicht fehlen wird*.      Was Sie davon auf anderen Bühnen verbreitet wünschen, bitte ich mir zuzusenden, es soll mit der Liebe und Sorgfalt gegeben werden, die ich jedem guten Werke und natürlich doppelt dem aus Freundes Hand entsproßenem, — weihe. Von größern Arbeiten habe ich jezt nichts vor. es ist bey meinen ungeheuren DienstGeschäften beynah unmöglich sich noch zum Selbstschaffen zu erheben, und dieß wird mich auch wohl aus dieser übrigens | angenehmen Existenz /: nehmlich was der Haufe angenehm schilt :/ treiben. ich habe in manchem Monat 18 Opern Vorstellungen.      Einen wahren Seelenschmauß bereite ich mir jezt mit dem Einstudiren von Gluks Iphigenie in Tauris*.      So etwas erhebt und stärkt wieder, im Gegensazze zu so vielem leeren Geklingel das man dem lieben Publikum vorsezzen muß. — —

Ich brauche Ihnen wohl nicht erst zu sagen daß es mich sehr freuen wird wenn Sie sich zuweilen eine 4tel Stunde Zeit stehlen wollen mir nur ein paar Zeilen zu schreiben.      Gar zu gerne errinnere ich mich meines so kurzen Aufenthaltes in Bamberg*. wo ist denn der H: Hofrath Hartmann hingekommen? ist er noch da, so bitte ich mich herzlichst zu empfehlen.

Nun addio liebster Freund ich reiche Ihnen die treue KünstlerHand aus der Ferne, laßet uns halten am Guten und an uns
Mit innigster Achtung und Freundschaft Ihr
CMvWeber

d: 24t ich habe den Brief einen Posttag liegen laßen um Ihnen meine — dramatisch - musikalische Notizen. Als Versuch, durch kunstgeschichtliche Nachrichten und Andeutungen die Beurtheilung neu — auf dem Landständischen Theater erscheinender Opern zu erleichtern, von Carl M: v: Weber — . — abschreiben zu laßen und beyzulegen, leider war dieß aber unmöglich, und zu dem Titel hier werd ich Ihnen in meinem nächsten Brief auch die Sache liefern.      aus ihm ersehen Sie aber schon was ich eigentlich will.

     wiederholte herzliche Grüße von Ihrem Weber

Apparat

Zusammenfassung

dankt für die Rezension seiner Six Sonates in der AmZ; bittet um Material zu Vogler; betr. publizistische Tätigkeit; teilt mit, dass seine Dienstgeschäfte ihm die Zeit zu größeren Arbeiten rauben; will „Dramatisch-musikalische Notizen“ schicken

Incipit

Ihr lieber Brief vom 2t Sept. 1815 hat mich nicht mehr

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Würzburg (D), Julius-Maximilians-Universität, Universitätsbibliothek (D-WÜu)
    Signatur: Autographe I, 29

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Segner, Franz: Zwei unbekannte Weber-Briefe, in: Die Musik, Jg. 5 (1905/6), S. 300–301

    Einzelstellenerläuterung

    • „… diesen Brief mit dem Text“Textdruck: „Kampf und Sieg. | Kantate | zur | Feyer der Vernichtung des Feindes | im Juny 1815 | bei Belle-Alliance und Waterloo. | Gedichtet | von | Wohlbrück. | In Musik gesetzt | von | Carl Maria von Weber. | Prag. 1815.“ (4 Blatt, 8°).
    • „… in Berlin von mir erscheinen“Im Verlauf des Jahres 1816 bis zum Frühjahr 1817 erschienen bei Schlesinger noch Webers Klarinettenquintett op. 34, Andante und Rondo ungarese für Fagott und Orchester op. 35, die Hymne op. 36 (im Klavierauszug von Friedrich Wollank), die Klaviersonate Nr. 2 op. 39, die Hefte 2 (Chöre) und 3 von Leyer und Schwert op. 42 und 43, der Klavierauszug der Kantate Kampf und Sieg op. 44, der Liederzyklus Die Temperamente beim Verluste der Geliebten op. 46 sowie die Balladen und Lieder op. 47.
    • „… Voglers bitte ich recht sehr“Vermutlich Fröhlichs Aufsatz: Abt Vogler, als musikalischer Künstler, in: Aurora. Eine Zeitschrift für Kunst und Poesie in Franken, hg. von Ignatz Denzinger, H. 5, Würzburg 1815, S. 96–124, gemeint.
    • „… was auch nicht fehlen wird“Zu Fröhlichs großer heroischer Oper in zwei Akten Scipio, oder die Eroberung von Neukarthago (Libretto: Heinrich Joseph Ultsch) vgl. Allgemeine musikalische Zeitung, Jg. 18, Nr. 45 (6. November 1816), Sp. 777–784 (Besprechung durch S. C. Maier).
    • „… von Gluks Iphigenie in Tauris“Die Oper kam unter Webers Leitung in Prag nicht mehr auf die Bühne; laut Notizen-Buch waren die Singstimmen bereits ausgeschrieben, aber die Besetzung noch unklar.
    • „… so kurzen Aufenthaltes in Bamberg“Weber meint, wie auch die nachfolgende Erwähnung F. L. von Hartmanns verdeutlicht, seinen Besuch in Würzburg vom 25. Februar bis 2. März 1811 (vgl. Tagebuch), wo er intensiven Kontakt zu Fröhlich hatte, nicht den nachfolgenden in Bamberg.

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