Carl Maria und Caroline von Weber an Friederike Koch in Berlin
Hosterwitz, Sonntag, 13. Juni 1819
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Meine gute Koch!
Wenig Worte sind beßer als gar keine, und obwohl mir alles Schreiben noch verboten ist, so muß ich mich doch wieder daran gewöhnen. 7 Wochen im Bette*, und während dieser Zeit das Hinscheiden der Tochter, das Leiden der Mutter, haben mich etwas mürbe gemacht. doch erholen wir uns beide sehr mit Gottes Hülfe. Meine Frau hat Er wunderbar gestärkt, S‡sie ist heiter, ungemein wohl aussehend und ihr Uebel beßert sich bedeutend, da erst seit kurzem ordentliche Mittel dagegen gebraucht werden konnten, vorher hatte man immer mit der Erhaltung der ganzen Maschine zu thun gehabt bei den Nachtwachen, Gram pp. Kopf und Brust sind bei mir noch die leidenden Theile, übrigens geht es mir gut, ich lebe in der größten Unthätigkeit, lese kaum etwas, habe mir alle Besuche und besonders alle Geschäfts und Theater Gespräche verbeten, und denke an nichts als Eßen und Trinken, worüber sich meine Frau nicht genug wundern kann.
So viel im Allgemeinen, nun zu Beantwortung Ihrer 2 Briefe.
Die neue Meße darf ich ja ohne des Königs Erlaubniß nicht weiter geben. die FestOperT werde ich wohl nicht liefern können. Die Versicherung Ihrer Gesundheit und Heiterkeit macht uns große Freude, Gott erhalte Sie dabei, das ist der beste Wunsch. Schmidl ist sehr gesund, protegirt aber wenig, da ich ganz paßiv mich verhalte.
Die Stuhlbordüre ist herrlich, 1000 Dank dafür. nur paßt sie nicht zum Stuhl, oder vielmehr der Stuhl nicht zu ihr. –
nicht alle die Stikken können sind Köchinnen.
Die Zukker und Bergmann schreiten bedeutend vorwärts, die Funk singt natürlich auch in der deutschen Oper. Toußaint ist da. Gerstäkker kömt. p p p. Mit Schleßinger hoffe ich nun endlich einig zu werden*. ich kann ihm aber doch nicht mit Gewalt die Sachen wohlfeiler geben, als mir viele Andre bieten? das lezte halbe Jahr lastet auch schwer auf mir, ich muß darauf sehen eine bedeutende Summe mit eins zu erhalten.
Zu meiner Krankheit hat mir Sorge, Angst und viele Arbeit verholfen, eigentlicher DienstVerdruß aber gar nicht. Jezt bin ich nun vollends ganz stumpf gegen alles geworden, und laße es gehen wie es geht. Ein Rollenstreit mit H: Benelli hat unsern trefflichen Director Graf Vizthum dahin gebracht seinen Abschied zu fodern*, dieser Verlust ist groß. – –
Ich bitte Sie alle meine lieben Freunde und Bekannten bestens zu grüßen, schreiben kann ich nicht. wenn sie wüßten wie oft ich [habe] absezzen müßen. Gott erhalte Sie gesund, alles Erdenkliche von meiner guten Lina. Immer Ihr alter Freund W: Volti Subito |
Hier könnten die besten Glükwünsche zum 18t Juny 1819 stehen, wenn sie Plaz hätten. die gute Koch denkt aber was Sie uns wünscht, und so findet Sie gewiß auch das Gegenseitige.
Viel Heil und Glük. Ihre Gesundheit soll
getrunken werden von den treuen
WebersLeuten
daß Ihnen die Ohren klingen.
[Nachschrift von Caroline von Weber:]
Ja! die Mukin muß auch noch komen, und der guten Koch gratulieren. Von Herzen, das wißen Sie Gerne hätte ich recht viel mit Ihnen geplaudert aber da komen immer ehr Tränen als worte und vor denen Gästen muß ich mich gar sehr hüten. Mein guter Mann hat Ihnen gewiß erzählt wie sich nach und nach unser Unglük häufte, und ich weis die gute Koch hat hat‡ mit der Armen Mutter Mitleid gehabt — Doch Gott hat mir ja meinen Carl wieder geschenkt und da darf ich nicht murren. Auch mit meiner Gesundheit gehts beßer.
Tausendmal küße ich Sie in Gedanken und bitte Sie lieb zu behalten Ihre Lina.
Apparat
Verfasst von
Zusammenfassung
teilt mit, dass er sich allmählich von einer siebenwöchigen Krankheit erhole, während der zudem seine Tochter verstorben und seine Frau Caroline erkrankt sei; teilt mit, dass er die neue Messe ohne Erlaubnis des Königs nicht weitergeben dürfe; die Festoper werde er wohl nicht liefern können; sei zur Zeit völlig untätig; dankt für Stickerei; betr. Dresdener Oper; hofft, mit Schlesinger einig zu werden, könne ihm aber Kompositionen nicht unter einem Preis anbieten, den er von anderer Seite geboten bekomme, zumal er im letzten Jahr größere Ausgaben gehabt habe; berichtet, dass eine Auseinandersetzung mit Benelli den Grafen Vitzthum dazu geführt habe, seinen Abschied zu fordern; kurze private Nachschrift Caroline von Webers
Incipit
„Wenig Worte sind beßer als gar keine“
Verantwortlichkeiten
- Übertragung
- Eveline Bartlitz; Joachim Veit
Überlieferung
-
Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
Signatur: Weberiana Cl. II A e, 26Quellenbeschreibung
- 1 DBl. (3 b. S. einschl. Adr.)
- mit Nachschrift Caroline von Webers
- in Adresse Poststempel: „DRESDEN | 14 Jun 19“
Dazugehörige Textwiedergaben
-
Virneisel/Hausswald, S. 90–91
Themenkommentare
Textkonstitution
-
„S“überschrieben
-
„hat“durchgestrichen
Einzelstellenerläuterung
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„… gewöhnen. 7 Wochen im Bette“Vgl. Webers Tagebuchnotizen ab dem 4. April 1819.
-
„… nun endlich einig zu werden“Zu den Auseinandersetzungen mit dem Verleger vgl. den Kommentar zum Brief an H. Lichtenstein vom 8. Februar 1819.
-
„… gebracht seinen Abschied zu fodern“Vgl. Webers Tagebucheintrag vom 28. Mai 1819.