Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Dresden
Gelnhausen, Montag, 11. Juli 1825 (Folge 1, Nr. 5)

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Ich glaube nicht, meine herzliebe Mukkin daß Du bisher an der guten Juden- und Holper-Stadt Gelnhausen so viel Antheil genommen hast, als weiland vor verschiedenen hundert Jahren Kaiser Friedrich der Rothbart*. Vielleicht schließt Du sie aber nun in Dein Andenken wenn Dir aus derselben Kapellmeister Carl der Langbart 1000 herzliche Bußen schikt, und Dir sagen kann daß er wahrhaft Kreuzwohlauf ist.

Ich müßte nehmlich meine Schwarz Gukkerin nicht kennen, um nicht zu befürchten daß du doch nach dem Empfang meines No. 4 aus Gotha, trotz der Versicherung meiner völligen Genesung, voll Unruhe und Sorge sein solltest, bis neue Beweise meiner Gesundheit eintreffen.

Du mußt mir aber schon aufs Wort glauben daß es mir wohl geht, da ich zur Bestätigung meiner Aussage troz der mancherley Gränzen die ich paßirt, doch kein Sanitäts Collegium vorfand. Schlaf und Appetit sind gut, auch mein Gemüth recht heiter, und empfänglich für die herrliche Natur durch die ich spazieren fahre.      Wahrlich der Himmel hätte gerade für mein Uebel keine herrlichere Witterung schikken können, alle die 9 Tage weder von Hizze noch Staub im geringsten gelitten zu haben, ist gewiß höchst dankenswerth.

Das Zusammentreffen mit den 2 Varnhagens und dem älteren Bruder von Robert, hat mir auch die 2 Tage recht angenehm gemacht, da wir uns immer Mittags und Abends trafen, und die Orte miteinander besahen oder plauderten.      Sonnabend d: 9t fuhr ich um 3 Uhr von Gotha ab, /: wo ich Niemanden aufsuchte :/ und war um 1/2 7 Uhr schon im Rautenkranz in Eisenach.      Du kannst denken welche Errinnerungen in mir erwachten* und was ich darum gegeben hätte Dich und die Buben hinzaubern zu können. in dieser herrlichen Jahreszeit, wo alles doch noch ganz anders aussieht als im Schneegewande*. — aber — es ging nicht, und ich mußte mich begnügen meinen Geist zu Euch zu schikken, und bei jedem hübschen Kinde freundlich stehen zu bleiben.      Das habe ich aber nicht etwa auch so bei jedem hübschen jungen Weibe so gemacht, da mußte ich ja Original und Stellvertreter nur in meinem Herzen finden.      Den Thee trank ich bei Varnhagens. Nein!, — ich trank ihn nicht. theils aus eigener Tugend, theils weil sie mir keinen geben wollte, wie sie den Grund meiner Reise hörte*. auch Sie hat die herrlichen Wirkungen des HeilQuells erfahren und verspricht mir allen erdenklichen Erfolg. — Gott gebe seinen Seegen!!! —

Gestern Sonntag d: 10t fuhr ich um 5 Uhr von Eisenach ab. speiste mit Varnh: in Buttlar. und um 7 Uhr waren wir schon wieder in Fulda. ich fahre so schnell mit meinen Hothoos wie Varnh: mit Extrapost. Abends besahen wir Kirchen* und Schloßgarten.      und heute Morgen trennten wir uns, da sie in einem Tag nach Frankfurt wollen, ich aber den armen Thieren doch nicht zu viel bieten darf.      Morgen früh zwischen 10 und 11 Uhr hoffe ich aber mit Gottes Hülfe auch in Frankfurt ein zu treffen. und vielleicht Uebermorgen wieder ab zu fahren, wenn ich nicht ganz besonders fest gehalten werde.      Was freue ich mich auf Morgen. ich fahre gleich | bei der Post vor, denn die lange Zeit des Umziehens pp halte ich nicht aus, ehe ich weiß wie es zu Hause geht.      9 lange Tage sind es schon, und erst. — Wenn es nur seinen Zweck erfüllt, dann ist ja alles gern verschmerzt. nicht wahr?

Etwas Merkwürdiges muß ich Dir noch von der O: Geschichte erzählen. Gerstenberg hat eine Gräfin Häsler geheyrathet die mit dem Minister E. verwandt ist*. Wie lebhaft dieser nun sich für mich interessirt, und für wie sicher er zur Sache hielt, kannst Du daraus ersehen, daß er der Frau v: Gerstenb: geschrieben hat, ich würde d: O: bekommen. Aus Diskretion gegen eine solche Mittheilung hatte es aber Gerstenb: nicht öffentlich erzählt. gratulirte mir aber mit ungeheuchelter Freude*, und in solches Billiges der Sache ausbrechend, daß ich gar nicht zu Worte kommen konnte, um ihm begreifflich zu machen daß es, und warum es nichts sey. — Sein Erstaunen war gränzenlos. — — doch — PuntumT.      und auch Puntum mit dem Brief, der mit der Post die eben kommt fort soll. Habe ich doch gewiß 2 Tage gewonnen die die Mukkin noch hätte warten müßen von Frankfurt aus.      Morgen! Morgen!

Ich umarme Euch alle innigst Ihr einzig und heißGeliebten Gott segne Euch, Mux + + +, Max + + +, Lex + + +. So gebe ich sie Euch alle Abend, und so seid Ihr nächst Gott mein erster Morgen Gedanke.      bleibt gesund, froh und treu liebend, Euren
Carl

[im Kuss-Symbol:] Millionen
Bußen.

Apparat

Zusammenfassung

Ankunft in Gelnhausen, in Eisenach Treffen mit Varnhagens und getrennte Weiterfahrt nach Fulda, Aufenthalt dort eine Nacht, um den Pferden nicht zuviel zuzumuten; berichtet über Gerstenbergks Heirat und die Gerüchte, die dieser über eine angebliche (nicht zustande gekommene) Ordensverleihung an Weber gehört habe

Incipit

Ich glaube nicht, meine herzliebe Mukkin

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber 189

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. o. Adr.)
    • auf der Rectoseite unter der Briefnummer Ergänzung von F. W. Jähns: „(1825)“

    Provenienz

    • Weber-Familiennachlass

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Joachim Veit, Eveline Bartlitz und Dagmar Beck (Hg.), „...die Hoffnung muß das Beste thun.“ Die Emser Briefe Carl Maria von Webers an seine Frau, München 2003, S. 40f. (mit Faks.)

Textkonstitution

  • sie„Sie“ überschrieben mit „sie
  • „… liebend, Euren“dreifach unterstrichen

Einzelstellenerläuterung

  • „… Kaiser Friedrich der Roth bart“Gelnhausen wurde 1170 von Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) gegründet.
  • „… welche Errinnerungen in mir erwachten“Im Rautenkranz war das Ehepaar Weber laut Tagebuch auf der Hochzeitsreise in der Nacht vom 7. zum 8. Dezember 1817 abgestiegen.
  • „… anders aussieht als im Schneegewande“Auf Ihrer Hochzeitsreise stiegen die Webers laut Tagebuch in der Nacht vom 7. zum 8. Dezember 1817 im Rautenkranz in Eisenach ab und besuchten am 8. Dezember die Wartburg.
  • „… den Grund meiner Reise hörte“Vgl. Hartmann Christian Thilenius, Ems und seine Heilquellen. Für Bade- und Brunnengäste beschrieben und mit einer Anleitung zu ihrem zweckmäßigen Gebrauche versehen, Wiesbaden 1816, S. 100: „Thee paßt wegen seiner Schweißtreibenden Eigenschaft niemals auf den Brunnen“.
  • „… Extrapost. Abends besahen wir Kirchen“Laut Tagebuch galt der Besuch besonders dem Dom, der Grabeskirche des Hl. Bonifatius.
  • „… dem Minister E. verwandt ist“Ihre Stiefmutter Johanna von Häseler, geb. von Einsiedel, war eine Schwester von Detlev von Einsiedel.
  • „… mir aber mit ungeheuchelter Freude“Treffen in Weimar laut Tagebuch am 8. Juli 1825.

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