Aufführungsbesprechung Dresden, Königl. Schaubühne: „Preciosa“ von Carl Maria von Weber am 27. Juni 1822 (Teil 2 von 2)

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Chronik der Königl. Schaubühne zu Dresden.

Preciosa.(Beschluß.)

Die talentvolle Künstlerin wird es uns aber gewiß vergönnen, sie bei Gelegenheit der Improvisation, zu welcher sie im ersten Akte aufgefodert wird, und die alsdann unter Begleitung der sprechenden Accorde der Weber’schen Musik erfolgt, aus Sismondi’s Literatur des südlichen Europa auf eine Stelle aufmerksam zu machen, wo dieser die Art und Weise der Improvisatoren beschreibt, und die wir durch unsere eigene Erfahrung in Italien so bestätigt gefunden haben, daß wir derselben nichts hinzuzusetzen wüßten. Sie lautet aber:

"Nachdem der Improvisatore seinen Gegenstand erhalten, verzieht er einen Augenblick, um nachzudenken, um ihn von allen Seiten zu betrachten und den Plan zu dem kleinen Gedichte, das er hervorbringen will, zu entwerfen. Er faßt alsdann die ersten acht Verse ab, um, wenn er sie spricht, sich selbst den Anstoß zu geben, und sich dadurch in diejenige Seelenstimmung zu setzen, die ein neues Wesen aus ihm macht. Nach einigen Minuten ist er bereit, und beginnt zu singen; und diese im Augenblick geschaffene Dichtung hat oft fünf oder sechshundert Verse. Seine Augen schweifen umher, sein Gesicht glüht, er ringt mit dem prophetischen Geiste, der ihn zu beseelen scheint. Nichts kann in unserer Zeit die delphische Pythia auffallender darstellen, wenn der Gott über sie kam und durch ihren Mund sprach."

Wiarda, die Zigeunermutter. Mad. Hartwig stellte sie mit einer Wahrheit und Kunstvollendung dar, die von neuem das ausgezeichnete Talent dieser trefflichen Künstlerin in dem neuen Fache, welchem sie sich seit einiger Zeit gewidmet hat, bewies. Je leichter diese Parthie vergriffen werden, sich allzusehr hervordrängen, oder in das scherzend Karikirte hinübergezogen, oder mit flüchtiger Sorglosigkeit gegeben werden kann, um so mehr war die richtige Stellung, der Ernst, welcher nur durch sich selbst einen Anstrich des Komischen wieder erhält, und der Fleiß in Ausmalung der kleinsten Nüancirung zu loben, mit welchem Mad. Hartwig sie durchführte. Auch erkannte es die Versammlung laut an.

Pedro, der Schloßvoigt. Mit ausgezeichnet trefflicher Maske, wahrhaft komischer Haltung und zu ununterbrochenem und mit stetem Beifall begleiteten Gelächter von Herrn Pauli dargestellt. Auch können die Scherze mit der großen Retirade nie ihre Wirkung verfehlen, und der Dichter hat seinen Humor hier in recht reicher Maße strömen lassen. Noch hätten wir gewünscht, daß Pedro, weil er sagt, daß ihm das Bein durch ein zufallendes Thor weggefangen worden sey, statt des Stelzfußes, wo noch das ganze Bein sichtlich, eine andere Vorrichtung gewählt haben möchte wodurch der völlige Mangel des Beines, oder wenigstens des Fußes angezeigt geworden sey.

Wir sehen mit Vergnügen öfteren Wiederholungen dieses Stückes entgegen, und werden vielleicht dabei Gelegenheit finden, in einzelne Details tiefer einzugehen, als jetzt Geschehen konnte.

[…] ¦ […]

Th. Hell.

Apparat

Zusammenfassung

Fortsetzung Chronik der Königlichen Schaubühne zu Dresden, Preciosa u.a., gezeichnet: Th. Hell

28. Juni (Bad): Der Alte muß, Lustspiel in 2 Akten von Costenoble & Die Vertrauten, darin Mad. Schirmer wieder aufgetreten

29. Juni (Stadt): Tancredi

30. Juni: (Bad) Partheienwuth (Schauspiel, Ziegler)

2. Juli (Stadt): Freischütz, „Dlle Veltheim sang, wegen Unpäßlichkeit der Dlle. Funk, die Agathe

Entstehung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Mo, Ran

Überlieferung

  • Textzeuge: Abend-Zeitung, Jg. 6, Nr. 165 (11. Juli 1822), S. 660

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